Adventist World Radio - Der Restbetrieb des Kurzwellenrundfunks in Österreich

Sender Moosbrunn
Im Nebel: Die Drehstandantenne der Sendestation Moosbrunn | © Brigitte Rieser, CC-BY-SA

Zwei Jahrzehnte nach der Einstellung von Radio Österreich International ist – was seinerzeit niemand für möglich gehalten hätte – dessen Kurzwellenstation in Moosbrunn bei Wien noch immer aktiv. Mittlerweile ist aber doch von einem Restbetrieb zu sprechen.

Von den Antennen sind inzwischen nur noch die Quadrantantenne (der angestammte Rundstrahler der Frequenz 6155 kHz), eine drehbare logarithmisch-periodische Antenne zur Überbrückung mittlerer Entfernungen und die große Drehstandantenne nutzbar.

Mit dem Jahr 2022 endete darüber hinaus der Einsatz der in den 80er Jahren installierten Sendetechnik, da deren Betriebskosten durch eine erheblichen Erhöhung der Strompreise nicht mehr konkurrenzfähig sind. Damit entfiel die ständige Tätigkeit als Subauftragnehmer von Media Broadcast und Encompass.

Aktiv sind, wahlweise an einer der drei genannten Antennen, jetzt noch zwei Sender dieser Bauart mit einer Nennleistung von jeweils 100 kW.

Installiert wurden sie im Jahre 2000. Durchgesetzt werden konnte die Investition seinerzeit mit der Standardbegründung „Digitalisierung“, obwohl sich der Untergang von Radio Österreich International bereits abzeichnete.

Die Verpflichtung, einen Auslandsdienst von Österreich abzubilden, erlischt erst mit der Schließung der Station. Deshalb wird die Frequenz 6155 kHz bis heute mit Österreich 1 eingeschaltet. Die Sendezeit beschränkt sich seit 2023 jedoch auf ein absolutes Minimum: Von Montag bis Sonnabend jeweils von 7.00 bis 7.33 Uhr.

Sonntags werden stattdessen Produktionen des deutschen Amateurfunkverbandes DARC abgestrahlt; dies von 11.00 bis 12.00 Uhr auf 6070 kHz.

Noch bis 2025 gibt es eine weitere Folge von Sendungen für Europa: Radio Joystick, in der Regel am ersten Sonntag des Monats von 12.00 bis 13.00 Uhr auf 7330 kHz.

Sender Sines
Die 2011 stillgelegte, inzwischen abgerissene Sendestation Sines im Zustand einer umfangreichen, erst nach 2000 realisierten Modernisierung

Wirtschaftliche Grundlage des Betriebs in Moosbrunn sind heute die Aufträge eines Kunden, für den die ORF-Techniktochter ORS auch die Programmverbreitung über Astra 19,2° Ost abwickelt: Die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten.

Deren erster Kurzwellen-Technikpartner war ab 1971 die Deutsche Welle mit den Sendern in Portugal, die – wiederum aus rechtlichen Gründen über Tochterfirmen – auch externen Nutzern offenstanden.

Ab 1975 wurden zusätzlich die Sender in Malta einbezogen, was sich wegen technischer Unzulänglichkeiten aber nicht bewährte. Als 1982 die Regierung von Malta auch noch ein dreimonatiges Sendeverbot aussprach, zog Adventist World Radio sich hier zurück.

1979 begann darüber hinaus eine Zusammenarbeit mit Radio Andorra. Diese Ausstrahlungen endeten zwangsläufig 1981, als der Zwergstaat in den Pyrenäen einen weiteren Betrieb der Sender nicht mehr zuließ.

Deshalb wich Adventist World Radio nach Italien aus und nahm 1985 in Forlì, südwestlich von Ravenna, einen eigenen Kleinsender in Betrieb. Zu sehen ist er in dieser Chronik, die auch manches andere zeigt, darunter den Abspielraum der Station Sines.

Das sollte eigentlich der Vorläufer einer leistungsfähigen Kurzwellenstation in Arganda, zwischen Ferrara und Ravenna, sein. Dort kam es auch noch zum „ersten Spatenstich“. Aus der 1998 stillgelegten Station Schwarzenburg in der Schweiz wurden einige Sender und verschiedenes Antennenzubehör übernommen.

Wenig später ließ Adventist World Radio das Projekt jedoch fallen und legte 2001 auch den Kleinsender in Forlì still. Einen der Sender aus Schwarzenburg konnte man der Station WMLK in den USA verkaufen, wo er 2017 einem Brand zum Opfer fiel.

Eine Reminiszenz an diese Zeiten hält sich bis heute: Jeweils am Sonntag kommt aus Nauen von 11.00 bis 12.00 Uhr auf 9610 kHz eine Sendung in italienischer Sprache. Sie ist die letzte, die Adventist World Radio noch auf Kurzwelle in Europa verbreitet, seit 2021 die Produktionen in Bulgarisch entfallen sind.

Die Ausstrahlungen aus Portugal wiederum fanden ihr Ende, als die russische Seite ein billigeres Angebot machte. Somit liefen die Programme von 1992 bis 1996 stattdessen über die Sender im Raum Moskau, in Samara und in Jekaterinburg.

Nächste Station war die Slowakei. Dort wurden Kapazitäten in größerem Umfang frei, als Radio Prag die nach Auflösung des Föderalstaates zunächst noch praktizierte Weiternutzung der auf slowakischem Gebiet stehenden Sender beendete.

Schließlich suchte 2001, mit dem ersten Schritt der Abwicklung von Radio Österreich International, auch die Station Moosbrunn neue Aufgaben. Damit begann die bisher längste Partnerschaft von Adventist World Radio mit einem Sendernetzbetreiber in Europa, später noch ergänzt um Buchungen bei der Media Broadcast.

Hope Channel Radio: Große Veränderungen ab 1. Juli 2018
Archivbild: Information zur Abschaltung des Satellitenradios | © hopechannel.de/radio

Die Sendungen in deutscher Sprache wurden 2007 aus dem Kurzwellenprogramm von Adventist World Radio genommen.

2018 folgte die Abschaltung auch des Satellitenkanals und damit der Rückzug aus dem linearen Hörfunk in den deutschsprachigen Ländern. An dessen Stelle traten, als Ergänzung des 2009 gestarteten Fernsehprogramms, die Hope-Podcasts.

Mit den Hörfunkproduktionen in deutscher Sprache hatte das Medienhaus der Freikirche in Darmstadt (heute Alsbach-Hähnlein) 1948 begonnen. Zu den Beiträgen, die auch Eingang in den Kirchenfunk der ARD fanden, bemerkte 1973 diese Stelle der evangelischen Kirche, sie seien „eher rein biblisch-evangelistisch als adventistisch-sonderkirchlich“.

Sender Moosbrunn
Drehstandantenne noch einmal ohne Nebel | © Brigitte Rieser, CC-BY-SA

Die Ausstrahlungen auf Kurzwelle werden ebenfalls in Alsbach-Hähnlein koordiniert.

Im Sommerhalbjahr 2024 sind (es gibt immer wieder Umdisponierungen) die folgenden Programmplätze in Moosbrunn gebucht; jeweils über die Drehstandantenne nach Pakistan, Punjab, Iran, Türkei, Nordafrika sowie Westafrika:

04.00-05.00 Uhr: 9510 kHz; Urdu, Panjabi
05.30-06.30 Uhr: 11870 kHz; Farsi, Türkisch
07.00-07.30 Uhr: 15560 kHz; Haussa
08.00-09.00 Uhr: 15560 kHz; Arabisch
09.00-09.30 Uhr: 15610 kHz; Französisch
10.00-10.30 Uhr: 15145 kHz; Französisch
16.00-16.30 Uhr: 17725 kHz; Urdu
17.00-17.30 Uhr: 15265 kHz; Türkisch
17.30-18.00 Uhr: 17725 kHz; Panjabi
18.00-18.30 Uhr: 17565 kHz; Urdu
18.30-19.00 Uhr: 15605 kHz; Farsi
20.00-21.00 Uhr: 11955 kHz; Arabisch
21.00-21.30 Uhr: 15440 kHz; Haussa
21.30-22.00 Uhr: 17570 kHz; Französisch
22.00-22.30 Uhr: 11955 kHz; Dioula
22.30-23.00 Uhr: 15440 kHz; Französisch

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 19.05.2024