- Fremd
Inszenierte Lesung

Keiner möchte im Nachkriegsdeutschland des Wirtschaftswunders mehr etwas mit ihnen zu tun haben: den Nazi-Verbrechen der Vergangenheit, dem Zivilisationsbruch und dem Holocaust. Der Mord wurde verdrängt, der Schmerz blieb. Und auch heute will niemand daran erinnert werden, was die eigene Rolle in der Geschichte war und ist – erst recht nicht von "Fremden", von Juden und Opfern, die einen ständig an die eigene Verantwortung vor Augen führen. Der Hass, er lebt. In diesem Land aber wachsen Kinder auf: als fremd Markierte, Migrant:innen, Menschen, die lieber niemand sein sollen, weil ihr Ich vielleicht das Wir der sogenannten deutschen Mehrheitsgesellschaft bedrohen würde.
In "Fremd" erzählt Michel Friedman autobiografisch von einem dieser Kinder: migrantisch, jüdisch, hineingeboren in eine Familie von Gespenstern, Shoah-Überlebenden, Verstümmelten. Zwischen Familientrauma, Anpassungsdruck und offenem Rassismus versucht das Kind seinen Platz in der Welt zu finden. Die alltäglich zu ertragenden Demütigungen und die Angst der Eltern stellen das Kind unablässig in Frage: Wie soll ich daran glauben können, geliebt zu werden? Wer bin ich, wenn ich niemand sein darf?
MICHEL FRIEDMAN wurde 1956 in Paris geboren. Seine Eltern, die nur knapp den Holocaust überlebten, zogen mit ihm in den 60er-Jahren nach Frankfurt am Main, wo er seitdem lebt. Er arbeitet als Moderator und Publizist, u.a. seit 2017 am Berliner Ensemble mit seiner monatlichen Diskursreihe "Friedman im Gespräch".
SIBEL KEKILLI ist eine der international bekanntesten deutschen Schauspielerinnen. Sie ist in zahlreichen Kino- und Fernsehproduktionen zu sehen. Mit "Fremd" gibt Sibel Kekilli ihr Theaterdebüt.
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