Sender Grigoriopol - Radio Rossii auf 999 kHz künftig mit nächtlicher Sendepause

Sender Grigoriopol
Der auf 999 kHz laufende Sender RW-954, davor das Bedienpult der auf 1413 kHz strahlenden, zum Zeitpunkt der Aufnahme noch von der Stimme Russlands genutzten Viermastantenne | © Leo Cultuclu

Für einige Aufregung sorgte eine an sich unspektakuläre Meldung: Bei der Ausstrahlung des Moskauer Radio Rossii über die Sendestation Grigoriopol, unmittelbar an der moldawischen Grenze zur Ukraine, wird mit Beginn des Jahres 2024 eine nächtliche Sendepause eingeführt.

Die Diskussionen reichten für eine sehr ausführliche Klarstellung, die nicht nur die neue Betriebszeit von, umgerechnet auf Mitteleuropäische Zeit, 3.00 bis 23.00 Uhr und umgekehrt die künftige Sendepause zwischen 23.00 und 3.00 Uhr MEZ nennt.

[Nachtrag: Im letzten Moment wurde – und das deutet auf Unklarheit darüber, welche Zielregionen überhaupt erreicht werden sollen – die Zeit nochmals geändert. Wenn es bei diesem Stand bleibt, liegt die Sendepause eine Stunde später als ursprünglich geplant, also nach MEZ von 0.00 bis 4.00 Uhr.]

Angeführt sind auch gleich noch die Firmierung des Betreibers (OAO Pridnestrowski Radiotelezentr), die Betriebsnummer des Senders (RW-954), die Sendeleistung von 1000 kW und der Antennentyp. Dabei ist unter einer AM-150 eine 150 (in diesem Fall genau 151) Meter hohe Antenne für den Lang- und Mittelwellenrundfunk ohne besondere Merkmale zu verstehen.

Es handelt sich um ein Provisorium, aufgebaut als Ersatz für die eigentliche, 257 Meter hohe Antenne der Mittelwelle 999 kHz, die im Jahre 2000 durch Eisregen eingestürzt war.

Die Übertragung von Radio Rossii auf 999 kHz begann am 5. April 2022. Dafür zu weichen hatte Trans World Radio, ein evangelikales Medienhaus aus den USA, das als letzter Kunde die Frequenz noch für anderthalb Stunden am Abend genutzt hatte.

Als Ersatz erhielt TWR auf der „kleinen“ (150 kW) Frequenz 621 kHz die Sendezeit von 19.30 bis 20.30 Uhr. Die Balkan-Frequenz 1548 kHz, auf der TWR zwischen 20.30 und 22.30 Uhr sendet, blieb von alldem unberührt.

Ab November 2022 gab es schon einmal größere Einschränkungen bei der Ausstrahlung auf 999 kHz. Völligen Unterbrechungen der Stromversorgung durch die Bombardierung von Hochspannungsleitungen in der Ukraine folgten seinerzeit auch hier Auflagen zur Einsparung von Elektroenergie.

Dabei ist bis heute nicht klar, wessen Rubel da eigentlich rollen. Ein interessanter Hinweis dazu ergab sich gerade bei den Sendeversuchen im Gebiet Kaliningrad, über die durchaus gespottet wird (auf eine Frage, was dabei eigentlich herausgekommen ist: „Radiozentrum schließen, Sender auf die Müllhalde bringen!“).

Es ging um die Ausstrahlung von Westi FM, die 2014/2015, nach der Schließung der Stimme Russlands, für genau zwölf Monate auf 1215 kHz lief. So verhielt es sich auch bei der südrussischen Frequenz 1089 kHz, auf der es sich bereits ausgetestet zu haben scheint.

Wie zu hören ist, gab es keine Bestellung durch die staatliche Rundfunkgesellschaft WGTRK (die Redaktion selbst erfuhr, zu ihrem nicht geringen Erstaunen, überhaupt erst durch Höreranrufe von der Aufschaltung auf Mittelwelle). Folglich zahlte die WGTRK auch nichts dafür. Der Sendernetzbetreiber RTRS trug, mit welchen Mitteln auch immer, die Betriebskosten selbst.

Sender Grigoriopol
Antennenwahlschalter, rechts und links die 1971 installierten Senderblöcke | © Leo Cultuclu

Unklar bleibt, wie sich das beim Sender Grigoriopol verhält. Auch dort begann am 3. März 2014 eine Mittelwellenübertragung von Westi FM – und läuft, im Gegensatz zu den Sendestationen Bolschakowo und Tbilisskaja, bis heute.

Eingesetzt wird die Frequenz 1413 kHz, rund um die Uhr mit 500 kW, und zwar über eine auf die Abstrahlrichtung Osten (80°) geschaltete Viermastantenne.

In eingeschränkter Öffentlichkeit fielen 2022 sehr kritische Worte über TWR, das, so die geäußerte Meinung, mit der fortgesetzten Nutzung der Sendestation Grigoriopol einen Aggressor unterstütze.

Man könnte das noch erweitern: Der Evangeliums-Rundfunk in Wetzlar ist Teil des weltweiten Netzwerks von TWR. Versuche, solche Diskussionen zu starten, dürften jedoch zwecklos sein. Erfahrungsgemäß hat der ERF immer nur dann etwas mit TWR zu tun, wenn es beim gerade erörterten Thema für ihn günstig ist.

Der Start von Westi FM im Jahre 2008 war selbst ein bemerkenswerter Vorgang. Dafür verwendete die WGTRK kurzerhand jene UKW-Kette, auf der sie erst 2004 ein neues Kulturprogramm gestartet hatte. Ein damaliger Kommentar aus Moskau: Schon seit Jelzin gilt die Devise, die Rubel lieber in politische Propaganda zu stecken.

In diesem Sinne hatte Boris Jelzin auch die Auflösung des traditionellen ersten Hörfunkprogramms verfügt. Es war aus Grigoriopol bereits mit dem heute für Westi FM eingesetzten Sender abgestrahlt worden, allerdings noch auf der Langwelle 234 kHz.

Wie das endete, blieb in Mitteleuropa unbemerkt, da diese Übertragung im Gleichwellenbetrieb mit Sendern bei Sankt Petersburg, Archangelsk und Samara lief. Sie dürfte aber die Sowjetunion nur wenige Monate überlebt haben.

Seit 1997 sind Ausstrahlungen auf Langwelle in Grigoriopol auch technisch nicht mehr möglich: Ein Fehler bei Wartungsarbeiten brachte die 350 Meter hohe Antenne zum Einsturz.

 

Beitrag von Kai Ludwig;
zuletzt aktualisiert am 07.01.2024