Geld verdienen - Drittprogramme über die Vatikan-Sender

Centro Radio di Santa Maria di Galeria
Lange Zeit blieb das Tor für externe Programmveranstalter geschlossen: Die Einfahrt der Sendestation Santa Maria di Galeria bei Rom | © Patafisik, CC

Über viele Jahre wollte sich Radio Vatikan nicht darauf einlassen, seine Kurzwellen-Sendeanlage bei Rom für zahlende Dritte zu öffnen und so die Kassenlage aufzubessern. Inzwischen ist diesbezüglich jedoch das Eis gebrochen.

Zwar sind schon seit geraumer Zeit die Hörfunk-Auslandsdienste verschiedener Länder über diese Sender zu hören, darunter einst auch die vor (fast) einem Jahrzehnt eingestellten Programme aus Moskau und Montreal.

Dabei ging es jedoch stets nur um Partner eines Austausches von Sendezeit, wie er sich von den 80er bis 2000er Jahren größerer Beliebtheit erfreute. Von der Erbringung technischer Dienstleistungen wollten die Verantwortlichen in Rom lange nichts wissen.

2017 wurde das Thema auch außerhalb der winzigen Fachöffentlichkeit registriert. Hintergrund war eine gut gemeinte, aber nicht gut gemachte und aus heutiger Sicht als gescheitert zu bezeichnende Reform der Vatikanmedien.

Mit dieser Umstrukturierung endete das über Jahrzehnte praktizierte Modell, Radio Vatikan vom Jesuitenorden betreiben zu lassen. Der Intendant des Senders, Federico Lombardi, wurde schleichend abgesetzt, indem er eine Zuständigkeit nach der anderen verlor.

An seine Stelle trat mit Dario Viganò ein Geistlicher aus der Lombardei, der das ganz große Rad drehte. Radio Vatikan wurde mit der Zeitung Osservatore Romano und dem vatikanischen Fernsehdienst zusammengelegt. Dabei machte sich Viganò selbst auch gleich noch zum Chefredakteur.

Eines der Ziele von Viganò war die Schließung der Kurzwellenstation. Dazu kam es letztlich nicht. Einziger Schritt in diese Richtung blieb 2017 der Entfall der letzten Ausstrahlungen für West- und Mitteleuropa (seit 2012 waren das ohnehin nur noch für Flüchtlinge bestimmte Übertragungen des arabischen Programms sowie Gottesdienste aus der Funkhauskapelle).

„Radio Vatikan – ein Abgesang“
Einer der letzten Einträge auf der alten Webplattform | © radiovaticana.va

Zur Tat schritt Viganò hingegen mit der Einführung der einheitlichen Marke „Vatican News“, so in allen Sprachen und auch im Radio, was sich einigermaßen unbeholfen anhörte. Da es ein Geburtstagsgeschenk für den Papst werden sollte, ordnete Viganò die Umsetzung zum 17. Dezember 2017 an.

Selbst die eigenen Redaktionen scheinen das erst drei Tage vorher aus der Zeitung erfahren zu haben. Wie vom Chef verlangt, wurde die neue, noch nicht fertige Plattform Vaticannews.va vorzeitig aufgeschaltet. Dem Publikum offenbarte sich so eine Baustelle, die von toten Links und ähnlichen Fehlern strotzte.

Vatikan: Medienchef tritt zurück
Das „Aus“ in dem noch immer als Baustelle gekennzeichneten Medienprodukt | © vaticannews.va

Völlig unvermutet war es ganze drei Monate später mit der Allmacht des Monsignore Viganò vorbei. Zu Fall brachte er sich mit der selektiven Veröffentlichung eines Schreibens des früheren Papstes Benedikt XVI., der seinerzeit noch als diskursfähig galt (und noch früher, als Kurienkardinal, selbst öfters bei Radio Vatikan aufgetreten ist).

Neuer Präfekt des von Viganò aufgebauten Dikasteriums für Kommunikation wurde Paolo Ruffini, der zuvor den Fernsehsender der katholischen Kirche in Italien, TV 2000, geleitet hatte. Damit stand erstmals überhaupt eine Behörde der Kurie unter der Leitung eines Nichtklerikers.

Dem folgte die Ernennung weiterer italienischer Journalisten als Chefredakteure aller Vatikanmedien bzw. des Osservatore. Ruhe kehrte damit allerdings nicht ein: 2019 erschütterte ein schwer zu deutender Skandal die Zeitung.

Dabei ging es um das als monatliche Beilage veröffentlichte Frauenmagazin Donne Chiesa Mondo, das mit einem Beitrag über totgeschwiegene Übergriffe auf Ordensfrauen Aufsehen erregt hat. Wenige Wochen später erklärte die Gründerin dieses Magazins, Lucetta Scaraffia, wegen Eingriffen „von oben“ ihren Rückzug.

Danach stand Aussage gegen Aussage: In der Lesart von Scaraffia war die gesamte Redaktion des Frauenmagazins zurückgetreten. Zu dieser Darstellung kam Widerspruch aus dem Vatikan.

Jedenfalls wurde die Redaktion neu aufgestellt. Zugleich hatte der Osservatore einen Umzug in das Funkhaus von Radio Vatikan anzugehen, da er, so stellten es zumindest italienische Presseberichte dar, aus den 90 Jahre lang genutzten Räumen in der Vatikanstadt regelrecht herausgeworfen wurde.

Parallel war immer noch Muße für Aufhebens um eine neue redaktionelle Sendung in Lateinisch. Neu war allerdings nur deren Verbreitung im linearen Hörfunk; online gibt es so etwas von der deutschen Redaktion schon seit den 2000er Jahren.

Dem folgte das Ende der Übung: Nach knapp zwei Jahren erhielt Radio Vatikan seinen Namen zurück.

Bernd Hagenkord
© Bernd Hagenkord

Ein überraschendes Ende fand ebenfalls 2019 nach zehn Jahren die Tätigkeit des Leiters der deutschen Redaktion, Bernd Hagenkord. Bis zu seinem Tod übernahm der Jesuitenpater noch eine Rolle bei den Reformbemühungen der römisch-katholischen Kirche in Deutschland.

2019 war auch das Jahr, in dem sich Radio Vatikan dazu durchrang, seine Sendekapazitäten über die Tauschpartner (das sind jetzt noch der Auslandsrundfunk der USA sowie die Betreiber der früheren Sendestation von Radio Nederland Wereldomroep in Madagaskar) hinaus für zahlende Dritte zu öffnen.

Zwei Jahre nach der ersten Anfrage aus Tokio kam es somit doch noch zu Ausstrahlungen von NHK World. Eine Entscheidung bei NHK, mit dem Ausstieg aus dem Kurzwellenhörfunk zu beginnen, brachte allerdings 2022 schon wieder deren Ende.

Die gleichzeitig aufgenommenen Übertragungen der BBC sind hingegen seit dem Herbst sogar noch erweitert, da die BBC sich von der Kurzwellenstation Moosbrunn bei Wien zurückgezogen hat.

Darüber hinaus gab es jetzt einen weiteren Zugang: Das Missionswerk Follow the Bible, dessen Sendungen der Technikdienstleister Encompass sonst über die Kurzwellenanlagen in England und auf der Atlantikinsel Ascension abwickelt. Für ein wöchentliches Programm in Arabisch beauftragte er nun Radio Vatikan: Sonntags von 19.30 bis 19.58 Uhr auf 9600 kHz.

Die aktuellen Sendezeiten und Frequenzen für Eigenprogramme von Radio Vatikan (über die Station Santa Maria di Galeria jetzt noch an Arbeitstagen 15,5 und am Wochenende knapp 20 Frequenzstunden pro Tag) und Ausstrahlungen der BBC (jetzt rund 12 Stunden) sind bereits in den gesonderten Artikeln verzeichnet.

Dabei bleibt hier noch, diese Angaben auch für die weiteren externen Programme zu nennen:

Voice of America
04.30-05.00 Uhr: 9510 kHz; Somali
Mo-Fr 06.30-07.30 Uhr: 9885 kHz; Franz.
08.00-08.30 Uhr: 12070 kHz; Haussa
Mi, Sa 09.30-10.00 Uhr: 15715 kHz; Franz.
Sa 12.00-12.30 Uhr: 17850 kHz; Franz.
14.00-15.00 Uhr: 15710 kHz; Somali
Sa-So 15.00-15.30 Uhr: 13630 und 15460 kHz*)
19.30-20.30 Uhr: 12075 kHz; Französ.
Mo-Fr 20.00-20.30 Uhr: 12040 kHz; Tigray
Sa-So 21.30-22.00 Uhr: 11975 kHz; Haussa
*) Kinyarwanda/Kirundi

Radio Free Europe / Radio Liberty
14.30-15.30 Uhr: 15640 kHz; Paschtun./Dari

Radio Dabanga
05.29-05.57 Uhr: 7315 kHz

Radio Tamazuj
15.59-16.57 Uhr: 15550 kHz

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 16.12.2022