Sender in Madagaskar - Maezer Semay und Erisat nicht mehr auf Kurzwelle

2021 hatte die frühere Kurzwellenstation von Radio Nederland Wereldomroep in Madagaskar mit der Übertragung ergänzender Hörfunkproduktionen zweier (exil-)eritreischer Fernsehsender begonnen. Gegen das Jahresende 2022 sind sie offenbar beide wieder entfallen.

Die Buchungen kamen zum einen von Maezer Semay, einem Missionssender, der angibt, „für alle eritreischen Kirchen im In- und Ausland“ zu sprechen.

Das nach einem Jahr wieder beendete Hörfunkprojekt soll speziell für Tigray bestimmt gewesen sein. Zugleich zeigt Maezer Semay keinerlei Distanz zum Afewerki-Regime, das im Tigraykrieg eine Hauptrolle spielt.

Erisat ab dem 01.01.2022 auf 11690 kHz
Werbung für die Hörfunksendungen | © Erisat

Oppositionellen Charakter hat hingegen das aus Los Angeles betriebene Erisat, das für sich als Vision formuliert, eines Tages die Rundfunkanstalt von Eritrea zu sein. Die jetzt wieder entfallenen Hörfunksendungen waren hier jeweils eine Stunde lang, während Maezer Semay sich mit 30 Minuten begnügte.

Einzige Hörfunkstimme, die auf Kurzwelle für eine Demokratisierung von Eritrea spricht, ist damit wieder das aus Bulgarien abgestrahlte Radio Erena. Dabei wurde die im Sommer 2022 eingeführte Frequenz 11810 kHz auch für den laufenden Winter beibehalten.

Informationen von Ivo Ivanov;
Stand vom 29. Januar 2023


Sender Talata VolonondrySender Talata Volonondry | © RNW

Die Sendestation in Talata Volonondry bei Antananarivo war 1971 für Radio Nederland Wereldomroep in Betrieb gegangen. Heute arbeitet sie vor allem mit recht modernen Sendern, die vom bekannten Standort Hörby übernommen wurden.

Der dortige Kurzwellenbetrieb war 2010 mit der Schließung von Radio Schweden, dem Auslandsdienst von Sveriges Radio, entfallen. Die beliebten deutschen Sendungen aus Stockholm fanden schon 2008 ihr Ende, indem der Redaktionsleiter wegen der fehlenden Zukunftsperspektive kündigte.

Studio von Radio Nederland Wereldomroep
10. Mai 2012: Letztes Zeitfunkmagazin von Radio Nederland Wereldomroep | © Nieuwsline-Redaktion
Radio Nederland Wereldomroep
Funkhaus von RNW im Jahre 2008 | © Nazawri, CC

Mit Radio Nederland Wereldomroep war es dann 2012 auch vorbei. Das Funkhaus in Hilversum nutzt nach einem umfangreichen, einer Entkernung zumindest nahekommenden Umbau seit 2014 die Rundfunkgesellschaft AVROTROS.

Zwar wurde RNW nicht offiziell geschlossen, sondern „nur“ stark verkleinert. Das journalistische Haus mutierte dabei jedoch zu einer NGO, deren Medienprodukte von progressivem Wohlfühlcharakter sind und ausdrücklich die Finger von politischem Journalismus lassen.

Zunächst nutzte „das neue RNW“ dafür noch das kleine Gebäude der einstigen Journalistenschule des Rundfunksenders. Seit 2021 ist nun auch die letzte Brücke zur Vergangenheit abgebrochen: Das Objekt in Hilversum wurde verkauft, die NGO ist ausgezogen und residiert heute in Haarlem.

Sender Bonaire
Sendestation Bonaire, 1979 | © RNW
Abbruch des Senders Bonaire
2013: Abbruch des Senders Bonaire | © RNW

Die Einstellung der Sendungen von RNW bedeutete unweigerlich das „Aus“ für dessen zweite eigene Sendeanlage auf der Antilleninsel Bonaire. Bei deren Eliminierung im Jahre 2013 wurde die noch brauchbare Technik, insbesondere die erst 2007 neu installierten Sender, zur Einlagerung nach Madagaskar abtransportiert.

Sender Meyerton
Kurzwellensender Meyerton bei Johannesburg | © Sentech

Hier konnte für die überschaubare Zukunft weiter mit Möglichkeiten zum Absatz von Sendezeit gerechnet werden. Die Perspektiven verbesserten sich sogar noch, als der Sendernetzbetreiber von Südafrika „beim Büromikado verlor“ und 2019 eine Kürzung der BBC-Sendungen zur Veranlassung nahm, die Kurzwellenstation bei Johannesburg zu schließen.

Der somit weiterarbeitende Teil der RNW-Sendetechnik hat sich als Firma MGLOB aufgestellt und organisiert weiter die Kurzwellenverbreitung der Produktionen zweier Projekte aus Amsterdam, die seit der Herauslösung des „neuen RNW“ aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ebenfalls Mittel des Außenministeriums erhalten.

Radio Dabanga
Radio Dabanga | © Press Now

Das ist zum einen Radio Dabanga, gegründet 2008 zunächst für Darfur. Später weitete Radio Dabanga sein Zielgebiet auf den gesamten Sudan aus.

Mit seiner Berichterstattung machte sich Radio Dabanga viele Feinde, die es nicht bei Rhetorik beließen. 2015 sorgte die damalige sudanesische Regierung für ein Ende der Übertragungen durch den saudischen Satellitenbetreiber Arabsat.

Radio Tamazuj

Mit der Sezession des Südsudan sind die Sendungen für dieses neu geschaffene Land seit 2012 aus Radio Dabanga herausgelöst. Sie präsentieren sich heute als eigenständiges Radio Tamazuj, das sich ebenfalls schnell unbeliebt machte: Seine Internetseiten wurden 2017 im Südsudan gesperrt.

Ebenfalls ab 2017 sah sich Radio Dabanga mit einer Kürzung seiner Finanzierung konfrontiert und interpretierte das als Folge der Tendenz, den Sudan zunehmend als geschätzten Partner im Kampf gegen Terrorismus und Migrationsbewegungen zu sehen.

Das bewahrte den langjährigen Staatspräsidenten Omar al-Baschir zwar nicht davor, 2019 weggeputscht zu werden. Radio Dabanga verwies jedoch von vornherein auf Äußerungen der Opposition, die von einer reinen Palastrevolte sprachen, mit der sich nichts ändere.

Immerhin droht Radio Dabanga „dank“ des Putsches seit 2020 nicht mehr die Schließung. Befürchtet werden Übergriffe auf die Redaktion auch in Amsterdam, weshalb ihre Adresse ein Geheimnis bleibt.

Für die Ausstrahlung von Radio Dabanga und Radio Tamazuj nutzt MGLOB im Rahmen gegenseitig vorteilhafter Koppelgeschäfte auch die Anlagen verschiedener Partner. Im Winter 2022/2023 sieht das konkret so aus:

Radio Tamazuj, 4.29 bis 5.27 Uhr:
7315 kHz (Frankreich),
11650 kHz (Madagaskar)

Radio Dabanga, 5.29 bis 5.57 Uhr:
7315 kHz (Radio Vatikan),
11650 kHz (Madagaskar)

Radio Tamazuj, 15.59 bis 16.57 Uhr:
15150 kHz (Madagaskar),
15550 kHz (Radio Vatikan)

Radio Dabanga, 16.59 bis 17.27 Uhr:
11640 kHz (Bulgarien),
15550 kHz (Frankreich)

In den vergangenen Monaten hatte MGLOB neben Erisat und Maezer Semay noch zwei weitere Kunden verloren: High Adventure (Bible Voice Broadcasting), das sich jetzt auf die Sender in Nauen, Bulgarien und Usbekistan konzentriert, sowie NHK World, das inzwischen einen Kurzwellenstandort nach dem anderen abkündigt.

Verblieben sind damit noch Ausstrahlungen von Adventist World Radio, der BBC, von Radio France Internationale und von Radio Vatikan. Die Sendeplätze sind in den Artikeln über diese Veranstalter mit aufgelistet.

 

Beitrag von Kai Ludwig