UKW und Mittelwelle - US-Auslandssender in Afghanistan abgeschaltet

Afghanistan
© Samlung University of Texas

Auch nach der Rückkehr der Taliban konnten die Voice of America und Radio Free Europe / Radio Liberty in Afghanistan zunächst weiter auf UKW und Mittelwelle senden. Was in den vergangenen 15 Monaten wie ein Wunder erschien, endete nun am 1. Dezember 2022.

Wie die VOA ausdrücklich erwähnt, waren diese Ausstrahlungen auf Jahre hinaus vertraglich gebunden. Partner war dabei, so ist der Stellungnahme der Dachbehörde USAGM zu entnehmen, der afghanische Rundfunk TDA.

Ein großer Teil der betreffenden Sendeanlagen arbeitete autark mit Fernsteuerung über Satellit. Wie eine Markterkundung für Wartung und Betriebsführung der Dieselaggregate zeigt, rechnete man in Washington tatsächlich mit einer Respektierung der geschlossenen Verträge.

Das überrascht dann doch, zumal nach den Entwicklungen der letzten Monate. So war im März den afghanischen Fernsehsendern bereits die Weiterverbreitung von Informationsprogrammen aus dem Ausland verboten worden.

Die autarke Betriebsweise galt auch für eine 200 kW starke Mittelwelle bei Chost. Sie sollte in erster Linie die angrenzenden, von Paschtunen bewohnten Regionen in Pakistan bedienen. 2006 hatte die VOA dafür ein spezielles Programm geschaffen.

Den Start dieses Deewa-Radio konnte RFE/RL nicht auf sich beruhen lassen, ohne mit Radio Mashaal selbst ein solches Medienprodukt zu kreieren. Das nahmen die pakistanischen Behörden übel: 2018 verfügten sie die Schließung des Büros von RFE/RL in Islamabad.

Die VOA blieb davon allerdings verschont. Ihr Büro in der pakistanischen Hauptstadt entwickelte sich 2021 zur Rückfallebene, als die Arbeit in Afghanistan selbst nicht weiter fortgesetzt werden konnte und zahlreiche dortige Mitwirkende im Stich gelassen wurden.

Bei der Umsetzung des Projekts Chost kam es zu erheblichen Verzögerungen, von den Verantwortlichen des Auslandsrundfunks der USA selbst „verschuldet“: Sie lehnten es ab, die üblichen persönlichen Zuwendungen an afghanische Offizielle zu leisten. Der Sender konnte deshalb erst 2010 in Betrieb gehen.

Wesentlich schneller war man bei der AM-Station von Kabul, deren Sendetechnik (nicht jedoch die Antennen sowjetischer Bauart) durch US-Luftangriffe 2001 zerstört wurde. Der mit 10,5 Millionen Dollar vom US-amerikanischen Steuerzahler finanzierte Ersatz arbeitet seit 2003.

Dabei wurden gleich zwei Senderblöcke mit jeweils 400 kW installiert. Damit begann einerseits ein erneuter Betrieb von TDA auf seiner Hauptmittelwelle 1107 kHz. Als Geschenk erhielt TDA dafür auch einen Teil der Studiotechnik des seinerzeit aufgelösten Radio Österreich International.

Neu hinzu kam die Frequenz 1296 kHz für eigene Zwecke der USA. Hier lief, wie dann auch aus dem Raum Chost auf 621 kHz, ein Mischprogramm von VOA und RFE/RL. Es enthält Programmteile sowohl in afghanischem Persisch (Dari) als auch in Paschtunisch. Die Produktionen der VOA erscheinen als Radio Ashna, jene von RFE/RL als Radio Azadi.

Dafür verbleibt nun zum einen die Kurzwelle, auch mit Sendeanlagen in Hessen, die hauptsächlich für Afghanistan und den Iran bis heute in Betrieb sind. Hinzu kommt die Mittelwelle 972 kHz aus Tadschikistan, für die sich die USA exklusive Nutzungsrechte sicherten und inzwischen eine neue, 800 kW starke Senderanlage bereitstellten.

Hier hatte RFE/RL bereits sein Radio Azadi (anfangs vor allem als „Radio Free Afghanistan“ bekannt) verbreitet, bis die Sendemöglichkeit aus Kabul zur Verfügung stand. Danach lief auf der Frequenz ab 2004 ein stark erweitertes VOA-Programm für Pakistan.

2021 wurde dieses Mittelwellenprogramm zunächst drastisch von täglich zwölf Stunden auf drei Stunden an Arbeitstagen gekürzt und dann möglicherweise ganz einer erneuten Nutzung der Frequenz für Afghanistan geopfert.

Ein Verlust ist das durchaus. Zwar fand die VOA inzwischen Sendepartner in Pakistan, die bei der Weiterverbreitung der Beiträge aus Washington jedoch Selbstzensur praktizieren.

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 03.12.2022