Neuigkeiten auch von der BBC-Langwelle - 1548 kHz in London abgeschaltet

Sender Saffron Green
Mittelwellensender Saffron Green bei London | © David Howard, CC-BY-SA

Am 29. September 2023 endete die Belegung der Mittelwelle 1548 kHz in London. Damit macht sich eine spezielle Rundfunkstation aus Algerien in Mitteleuropa jetzt stärker bemerkbar. Neuigkeiten sind auch auf der BBC-Langwelle 198 kHz zu hören.

Mit Ablauf (Ortszeit) des 28. September endete die Übertragung des Gold-Programms auf 1548 kHz. Als letzter Musiktitel zu hören war „Bridge over Troubled Water“, anscheinend eigens ausgewählt als Reminiszenz.

Diese war allerdings recht weit hergeholt. Wer 1973 diesen Titel als ersten spielte, war Capital Radio, von dem die Mittelwelle 1988 abgetrennt wurde. Gestartet wurde auch nicht auf 1548 kHz (bzw. bis 1978: 1546 kHz), sondern über ein Provisorium auf 557 kHz.

Im Laufe der letzten Wochen waren, wie in Großbritannien branchenüblich, Hinweise auf das Ende der Mittelwellenverbreitung in die Werbeblöcke eingestreut. In den letzten Stunden liefen sie als Dauerschleife, bis der Sender um 10.59 Uhr Ortszeit final ausgeschaltet wurde.

Dem folgte sogleich das Ende noch zweier weiterer Mittelwellen des heutigen Gold-Betreibers Global: 945 kHz und 1323 kHz. Hier kam das Smooth-Format, das 2014 einen großen Teil der Mittelwellen von Gold übernommen hatte.

Bis Juni waren bereits 13 dieser Kleinfrequenzen stillgelegt worden. Auf Mittelwelle läuft Smooth damit jetzt noch im Süden von England auf 603, 1170, 1242 und 1557 kHz sowie in Wales auf 1260 kHz. Die jeweiligen Sendeleistungen liegen zwischen 0,3 und 0,7 kW.

Bei Gold verbleibt auf Mittelwelle vorerst eine Ausstrahlung in Manchester. Sie ist nur regional zu hören, da die Frequenz 1458 kHz auch mit deutlich höherer Leistung in London belegt wird.

Sender Saffron Green
Sendeantenne Saffron Green | © Martin Addison, CC-BY-SA

Die Mittelwelle 1548 kHz kam aus Saffron Green, 20 Kilometer nord-/nordwestlich der Innenstadt von London.

Diese 1975 in Betrieb genommene Sendeanlage erhielt eine Richtantenne mit vier Masten. Ziel war, deutlich über den üblichen Werten von Lokalsendern liegende Leistungen einsetzen und die Frequenzen trotzdem bereits in 200 Kilometer Entfernung erneut belegen zu können.

Daher rührt auch die stolze, in offiziellen Listen geführte Zahl 97,5 kW. Das war die effektive Strahlungsleistung (ERP), ein theoretisch errechneter Wert, der zwar für UKW- und Fernsehsender auch hierzulande wohlbekannt, für die Mittelwelle außerhalb von Großbritannien jedoch völlig ungebräuchlich ist.

Im Falle Saffron Green sind die ERP-Angaben schon längere Zeit wertlos, da die Richtantenne nach Havarien nur noch notdürftig repariert wurde. Davon unberührt blieben die blanken Sendeleistungen. Ursprünglich liefen auf 1548 kHz drei Blöcke mit zusammen 30 kW.

[Nachtrag: Wie inzwischen bekannt wurde, sind – was offenbar für zumindest einen großen Teil der britischen Mittelwellenstationen höherer Leistung gilt – die ursprünglichen Marconi-Röhrensender durch einen US-amerikanischen Transistorsender dieses Typs aus den frühen 90er Jahren ersetzt worden.]

Auch jetzt noch aktiv ist die Sendeanlage auf 1152 kHz. Hier läuft LBC News, das als Wortprogramm noch ein wenig auf Mittelwelle bleiben könnte. Die Sendeleistung beschränkt sich auf 7 kW, begründet mit einer besseren Wirkung der Richtantenne auf dieser Frequenz sowie der gegenüber 1548 kHz ebenfalls besseren Ausbreitung der Bodenwelle.

Abgesehen von den zwei Stunden ab 20.30 Uhr, in denen der Sender Grigoriopol das Balkan-Programm von Trans World Radio ausstrahlt, sind auf 1548 kHz noch zwei der Mitbelegungen außerhalb von London verblieben: Greatest Hits Radio in Sheffield und in Edinburgh.

Die Sendeleistung beschränkt sich hier auf ein bis zwei Kilowatt. Entsprechend niedriger bleiben die Feldstärken, wodurch ein Signal auf 1550 kHz jetzt stärker auffällt.

Diese Frequenz suggeriert eine Herkunft jenseits des Atlantik. Der Sender steht aber nur jenseits des Mittelmeeres.

Westsahara
© Orthuberra, CC-BY-SA

Teilweise selbst im Radio (ansonsten online) bis nach Mitteleuropa zu hören ist damit ein weiterer Fall, in dem Menschen nichts weiter sind als ein Spielball der ganz großen Politik.

Es geht um das einstige Spanisch Sahara, in das Marokko nach dem Ende der Kolonialzeit umstandslos nachrückte. Ergebnis: Die Gründung der für ein unabhängiges Land Westsahara kämpfenden Befreiungsfront Polisario und umfangreiche Flüchtlingslager im angrenzenden Algerien.

Hörfunkproduktionen der Polisario verbreitete ursprünglich ab 1975 der algerische Rundfunk auf Kurzwelle. Seit 1991 gibt es den Mittelwellensender an der Straße von Tindouf in das Lager Rabouni.

Er soll über eine Senderanlage mit 100 kW Leistung und eine 120 Meter hohe Antenne verfügen. Keine Angaben gibt es zu den Motiven, aus denen die ungewöhnliche, nicht dem Kanalraster in der östlichen Hemisphäre entsprechende und deshalb mit zahlreichen Rundfunkgeräten nicht richtig zu empfangende Frequenz 1550 kHz gewählt wurde.

Unterdessen begann die BBC am 25. September damit, ihre (seit 2020 auf billige Studioproduktionen reduzierten) Radiogottesdienste, auch in der Nachhörfassung, mit einem Hinweis zu beschließen:

„Alle Sendungen auf den Frequenzen des Langwellenprogramms von Radio 4, eingeschlossen Daily Service, enden zum 31. März 2024. Daily Service wird vom 1. April 2024 an weiter auf BBC Radio 4 Extra und BBC Sounds verfügbar sein.“

In der Mehrzahl formuliert ist das, weil das Langwellenprogramm auch in Nordirland mit 10 kW auf 720 kHz und über weitere Füllsender auf dieser Frequenz (unter anderem in London) sowie auf 603, 756, 774, 1449 und 1485 kHz ausgestrahlt wird. Diese ergänzenden Mittelwellen entfallen ebenfalls.

[Nachtrag: In die Produktionen für die Woche ab 2. Oktober wurde stattdessen eine Ansage mit einem von der BBC bereits vor Monaten verwendeten Wortlaut eingefügt. Beide Varianten sind hier zu hören (die erste aus dem Abrufangebot der BBC, die zweite als HF-Mitschnitt).

Indessen begann ein erster Energieversorger damit, den Wegfall des Teleswitch-Rundsteuersignals zum 1. April in seiner Kundenkommunikation als feststehende, den – logistisch kaum noch zu bewältigenden – Austausch der betreffenden Stromzähler bis zu diesem Termin erfordernde Tatsache darzustellen.]

 

Beitrag von Kai Ludwig; zuletzt aktualisiert am 08.10.2023