Album der Woche - "V" von Unknown Mortal Orchestra

V von Unknown Mortal Orchestra
Jagjaguwar / Cargo
V von Unknown Mortal Orchestra | © Jagjaguwar / Cargo

Vom eher kälteren Klima in Portland, wo der gebürtige Neuseeländer Ruban Nielson eigentlich lebt, eine Pause suchend – lässt er sich für das neue Unknown Mortal Orchestra-Album "V" vom bunten Leben in Palm Springs, im Südosten Kaliforniens, inspirieren.

2019 tritt Unknown Mortal Orchestra beim Coachella Festival auf. Der Kopf der Band, Ruban Nielson, bleibt mit seiner Familie daraufhin eine ganze Weile in Palm Springs, das sich wie das Festival im Coachella Valley befindet. Er mag diesen Ort, der für ihn etwas Mystisches hat. Am Tag ist alles sonnig schön, nachts hat der Ort allerdings genau durch diese Perfektion etwas Gruseliges. Palm Springs erinnert ihn an den Regisseur David Lynch und wie dieser Amerika sieht: Dass immer mehr unter einer Oberfläche lauert, als von außen scheint.


Album der Woche am Montag

IMAGO/hurricanehank

Album der Woche am Dienstag

IMAGO/hurricanehank

Album der Woche am Mittwoch

IMAGO/hurricanehank

Album der Woche am Donnerstag

IMAGO/hurricanehank

Seit den 60er Jahren ist Palm Springs vor allem als Rückzugsort der amerikanischen High Society bekannt: unendliche grüne Weite in Form von Golfplätzen, Villen mit Pools – Palmen mitten in der Wüste. Die reichen Menschen dort wuseln umher; nichts scheint "schlecht" in ihrem luxuriösen Leben. Ruban Nielson vergleicht Palm Springs mit dem "Garten der Lüste" – einem der bekanntesten Bilder des niederländischen Malers Hieronymus Bosch. Es ist eines der Lieblingsbilder Nielsons. Ein Triptychon auf Eichenholz gemalt, entstanden Ende des 15. Jahrhunderts. Während auf der linken Seite der Garten Eden zu sehen ist, Adam und Eva – und rechts die Interpretation Boschs der Hölle, ist auf der etwa quadratischen Tafel in der Mitte der irdische Garten der Lüste dargestellt; ein fantastisches Wimmelbild in grün-, rosa-rot- und blau-Tönen, das eine menschliche Utopie des Zusammenlebens zeigt.

Die Charaktere und ihre verrückten Geschichten, die Nielson in Palm Springs begegnen, projiziert er in das Bild von Bosch – und in seine Musik. Anhand einzelner Geschichten thematisiert Nielson auf dem neuen Album "V" Grundfragen des Lebens, die sich dem Umgang der Menschen miteinander widmen, wenn er beispielsweise die Biografie seine Mutter beleuchtet, die auf Hawaii geboren, 40 Jahre lang in Neuseeland lebt, weil Hawaii weniger für Einheimische als für Touristen zu bieten hat; oder das Wochenende als Institution feiert, als Errungenschaft der Arbeiterklasse, der wir uns immer wieder einmal bewusst werden sollten.

Auch wenn thematisch dadurch eine eher melancholische Grundstimmung zu herrschen scheint, wird diese immer wieder durch Textzeilen, die Ruban Nielson selbst mitunter etwas albern findet, oder fast parodisch schöne Klänge aufgelockert; wenn das Unknown Mortal Orchestra seine Low-Fi-Psychedelia-Palette beispielsweise um hawaiianische Reggae-Beats erweitert.

Laurina Schräder, radioeins

Tracklisting

1.
The Garden
2.
Guilty Pleasures
3.
Mashuggah
4.
The Widow
5.
In The Rear View
6.
That Life
7.
Lyla
8.
Shin Ramyun
9.
Weekend Run
10.
The Beach
11.
Nadja
12.
Keaukaha
13.
I Killed Captain Cook
14.
Drag

Schreiben und gewinnen