Musik hat eine einzigartige Kraft, zum Nachdenken anzuregen und gesellschaftliche Missstände sichtbar zu machen. „Sag‘ mir, wo die Blumen sind“ in der Version von Marlene Dietrich zeigt uns ebenso die Absurdität von Krieg auf wie der Song „Road To Joy“ der amerikanischen Band Bright Eyes. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür ist außerdem die Pianoversion von Rio Reisers Lied „Der Krieg“, das in seiner ruhigen und nachdenklichen Art ganz anders als lautstarke Proteste die fragile Natur des Friedens vermittelt. Es erinnert uns daran, dass Frieden kein Selbstläufer ist, sondern zerbrechlich und schützenswert.
Diese Botschaft ist aktueller denn je, denn sie warnt davor, leichtfertig mit Maßnahmen umzugehen, die den Frieden und die Demokratie gefährden. Darauf aufmerksam machen Tocotronic mit ihrem Song „Denn Sie wissen, was sie tun“, ein Protestsong gegen Anti-Humanismus. Nicht alle haben das dunkle Kapitel der Geschichte verdrängt. Ein Beispiel dafür ist Trettmann, der 2019 mit seinem Lied „Stolpersteine“ an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert.
All diese Songs zeigen, wie Musik und Kunst im Allgemeinen eine wichtige Rolle im gesellschaftlichen Gedächtnis spielen. In einer Welt, in der die Erinnerung an die Gräueltaten des Nationalsozialismus immer wieder in den Hintergrund rücken, sind sie Stimmen des Gedenkens und des Widerstands. Sie zeigen, dass Musik nicht nur Unterhaltung ist, sondern ein mächtiges Werkzeug im Kampf für Menschlichkeit. Nicht nur das, Musik ist auch resilient: Nachdem das erfolgreiche jiddische Lied „Bei mir bist Du schön“ von den Andrew Sisters durch die Nazis verboten wurde und diese es in einer propagandistischen eigenen Version entwertet haben, erinnerten sich die Menschen nach Kriegsende an die Andrew Sisters-Version. Nach dem Ende des 3. Reiches wurde er sofort und massenhaft wieder gespielt und bis in die Gegenwart hinein wird es in immer wieder von Musikerinnen und Musikern aufgegriffen.