Radioday "Zukunft erinnern" © picture alliance/dpa
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Radioday "Zukunft erinnern" am 8. Mai

Die Mehrheit der Deutschen will laut einer Umfrage einen Schlussstrich unter die NS-Vergangenheit ziehen - wir nicht. Am 8. Mai, dem 80. Jahrestag des Kriegsendes, senden wir den radioeins Radioday "Zukunft erinnern". Einen ganzen Tag lang, von 9 bis 21 Uhr. Ab 12 Uhr senden wir drei Stunden live aus der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück und freuen uns über Gäste. Mit dabei: die Leiterin der Gedenkstätte, Andrea Genest, und der Historiker Matthias Heyl von der Bildungsabteilung: "Wir sehen, dass die Angriffe auf die Demokratie immer heftiger werden, und das kommt auch in den KZ-Gedenkstätten an." Wir berichten vom Projekt "Sound in the Silence", in dem junge Erwachsene Überlebenden wie Batsheva Dagan begegnet sind, die am Ende der Workshopwoche sagte: "Es tut mir gut, dass es Menschen gibt, die Wege suchen, das Thema nahezubringen."

Wie gestalten wir eine Zukunft, die aus der Geschichte gelernt hat? Wie sieht eine Erinnerungskultur aus, die Deutschland als Einwanderungsland gerecht wird? Wie können wir allen Formen der Diskriminierung und Ausgrenzung entgegentreten, dem Antisemitismus, der Fremden- und Queerfeindlichkeit! Wie können wir sie verhindern?

Wir sprechen über Jugendprojekte an Gedenkorten und historische Videospiele zur NS-Vergangenheit. In Potsdam haben wir Schüler:innen des Hannah Arendt Gymnasiums zu Gast, die ein Filmprojekt an der Gedenkstätte Ravensbrück realisiert haben. Wir sind bei der Verlegung eines Stolpersteins für die Familie unseres Kollegen Philip Meinhold mit dabei und hören einen "akustischen Stolperstein" der Klangkünstlerin Marion Fabian.

Am Radioday "Zukunft erinnern" sprechen wir auch mit der Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann, der jüdischen Influencerin Tanya Raab, der Traumatherapeutin Maya Lasker-Wallfisch und mit Ibrahim Arslan, Überlebender des rassistischen Brandanschlags in Mölln. Ab 18 Uhr schalten wir live nach Cottbus in das Jugendtheater Piccolo und sprechen über die szenische Lesung zur Bücherverbrennung und das Anne Frank-Projekt des Jugendtheaterclubs.

Der radioeins Radioday zum 80.Jahrestag des Kriegsendes. Am 8. Mai von 9 bis 21 Uhr. Mit Sophia Wetzke, Max Ulrich, Julia Vismann, Christian Find und einem Musik-Spezial von Claudia Gerth.

Beiträge zum Thema

Zeitzeuge Kurt Hillmann 2022 im Volucap-Studio © Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF
Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF

- "In Echt?" VR-Projekt mit NS-Zeitzeugen

Er scheint direkt vor einem zu sein, dreidimensional und lebensgroß: Der Holocaust-Überlebende Kurt Hillmann. 90 Jahre alt berichtet er davon, wie ein Verwandter versuchte, die Familie aus Polen herauszubringen – vergeblich. Seine Geschichte ist dank Virtual-Reality-Brille festgehalten. Im Februar ist Kurt Hillmann mit 92 Jahren verstorben. Er war einer der letzten Zeitzeugen, die über die Juden-Verfolgung während des Nationalsozialismus berichten konnten. Durch die mobile Ausstellung "In Echt? Begegnungen mit NS-Zeitzeug:innen", die heute in Potsdam eröffnet, bleibt seine Geschichte erhalten. Wir sprechen darüber mit Dr. Katalin Krasznahorkai, der Programmleiterin des Brandenburg Museums, die das Projekt mit initiiert hat.

Mahn- und Gedenkstätte in dem ehemaligen KZ Ravensbrück © radioeins/Chris Melzer
radioeins/Chris Melzer

- Theaterprojekt über Lebensgeschichte der KZ-Überlebenden Emmie Arbel

Inspiriert von der Graphic Novel "Die Farben der Erinnerung" von Barbara Yelin hat der TheaterJugendClub — das Ensemble Angestrahlt – in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Ravensbrück ein Theaterstück über die Lebensgeschichte von Emmie Arbel, die als Kind das Konzentrationslager Ravensbrück überlebt hat, entwickelt. Mehr dazu von der Regisseurin Sharon On.

The Darkest Files
Paintbucket Games

- The Darkest Files

Am 8. Mai 2025 jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 80. Mal. Aus diesem Anlass wollen wir heute mal über ein Spiel sprechen, das sich inhaltlich mit der düstersten Zeit unseres Landes beschäftigt: „The Darkest Files“ wurde von einem Berliner Studio entwickelt, ist bereits seit ein paar Wochen draußen und kommt weltweit gerade sehr gut an. Magnus von Keil stellt uns „The Darkest Files“ vor.

Claudia Gerth © radioeins/Ralf Schuster
radioeins/Ralf Schuster

Musikspecial mit Claudia Gerth von 19 bis 21 Uhr

Musik hat eine einzigartige Kraft, zum Nachdenken anzuregen und gesellschaftliche Missstände sichtbar zu machen. „Sag‘ mir, wo die Blumen sind“ in der Version von Marlene Dietrich zeigt uns ebenso die Absurdität von Krieg auf wie der Song „Road To Joy“ der amerikanischen Band Bright Eyes. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür ist außerdem die Pianoversion von Rio Reisers Lied „Der Krieg“, das in seiner ruhigen und nachdenklichen Art ganz anders als lautstarke Proteste die fragile Natur des Friedens vermittelt. Es erinnert uns daran, dass Frieden kein Selbstläufer ist, sondern zerbrechlich und schützenswert.

Diese Botschaft ist aktueller denn je, denn sie warnt davor, leichtfertig mit Maßnahmen umzugehen, die den Frieden und die Demokratie gefährden. Darauf aufmerksam machen Tocotronic mit ihrem Song „Denn Sie wissen, was sie tun“, ein Protestsong gegen Anti-Humanismus. Nicht alle haben das dunkle Kapitel der Geschichte verdrängt. Ein Beispiel dafür ist Trettmann, der 2019 mit seinem Lied „Stolpersteine“ an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert.

All diese Songs zeigen, wie Musik und Kunst im Allgemeinen eine wichtige Rolle im gesellschaftlichen Gedächtnis spielen. In einer Welt, in der die Erinnerung an die Gräueltaten des Nationalsozialismus immer wieder in den Hintergrund rücken, sind sie Stimmen des Gedenkens und des Widerstands. Sie zeigen, dass Musik nicht nur Unterhaltung ist, sondern ein mächtiges Werkzeug im Kampf für Menschlichkeit. Nicht nur das, Musik ist auch resilient: Nachdem das erfolgreiche jiddische Lied „Bei mir bist Du schön“ von den Andrew Sisters durch die Nazis verboten wurde und diese es in einer propagandistischen eigenen Version entwertet haben, erinnerten sich die Menschen nach Kriegsende an die Andrew Sisters-Version. Nach dem Ende des 3. Reiches wurde er sofort und massenhaft wieder gespielt und bis in die Gegenwart hinein wird es in immer wieder von Musikerinnen und Musikern aufgegriffen.