Harald Martenstein über - Denunziantentum passt nicht in eine Demokratie
Es gibt heute Meldestellen für Hass im Internet, für Antifeminismus und für Beamte, die sich verfassungsfeindlich äußern. Unserem Autor bereitet das Bauchschmerzen.
Ein deutsches Drama. Erster Akt. Ab Dezember 1934 gilt in Deutschland das "Heimtücke-Gesetz". Auszug: "Wer öffentlich gehässige, hetzerische oder von niedriger Gesinnung zeugende Äußerungen über leitende Persönlichkeiten des Staates oder der NSDAP, über ihre Anordnungen oder die von ihnen geschaffenen Einrichtungen macht, wird mit Gefängnis bestraft." Allein 1937 zeigen Volksgenossen 17.168 Personen wegen Hetze oder Heimtücke an, etwa weil sie den Hitlergruß verweigert hatten oder ausländische Radiosender hörten. Nicht alle Denunzianten waren Nazis. Oft ging es nur darum, Nachbarn oder Kollegen zu schaden, die man nicht mochte. So steht es in einer Dissertation des Historikers Bernward Dörner. Er definiert Denunziation unpolitisch: "Eine Denunziation ist dadurch gekennzeichnet, dass sie aus niedrigen Beweggründen erstattet wird." Der Wunsch, politische Gegner auszuschalten, fällt unter diese Definition. Aber auch der, einen Job zu ergattern.