Island - Langwellenmast Eiðar abgerissen

Langwellensender Eiðar
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Bei der Frage, wie schnell der Abbruch eines Sendemastes auf die Einstellung des Betriebs folgen kann, hat Island am 1. März 2023 einen wohl nicht mehr zu toppenden Rekord aufgestellt: Beim Langwellensender Eiðar, im Osten der Insel, lagen dazwischen offenbar nur Minuten.

Wie die Aufnahmen zeigen, ließ man den 218 Meter hohen Mast gleich mit eingeschalteter Flughindernisbefeuerung (mit dem weißen Licht des Tagbetriebs) umfallen.

Reichlich kurzfristig gestaltete die Rundfunkanstalt Ríkisútvarpið auch die Kommunikation des Wegfalls der Langwelle 207 kHz: Man rückte erst mit der Sprache heraus, als der Sender am Nachmittag des 27. Februar bereits zu einer Hinweisschleife umgeschaltet war.

Es sieht so aus, als ob Aufrichtigkeit bei RÚV als entbehrliche Tugend gilt: Ein einschlägiger Text verwendet zur Argumentation das von der BBC in Umlauf gesetzte Märchen über den Sender Droitwich.

Somit steht dahin, ob die kurzfristige Eliminierung des Senders Eiðar wirklich, wie es RÚV behauptet, mit der Flugsicherheit auf der neun Kilometer entfernte Start- und Landebahn Egilsstaðir zu tun hat. Man könnte auch geneigt sein, dringenden Reparaturbedarf zu vermuten.

Sender Gufuskálar
Sender Gufuskálar | MachaChiana, CC

Schon vor einiger Zeit war tatsächlich von diesem Grund zu hören, aus dem RÚV seit Jahren die Langwelle loswerden will: Die hohen Masten verursachen entsprechend hohe Wartungskosten.

Somit soll auch der Sender Gufuskálar bei Helissandur, ganz im Westen von Island, voraussichtlich 2024 den Betrieb auf 189 kHz beenden. Der dortige Mast ist ein Gigant von 412 Meter. Er diente ursprünglich dem auf 100 kHz betriebenen Navigationssystem Loran-C, das hier 1994 stillgelegt wurde.

Das eröffnete RÚV überhaupt erst die Gelegenheit, sich 1997 diese zweite Langwelle zu erschließen. Die leistungsfähige Sendeanlage gestattete es, fortan auf die ergänzenden Mittelwellensender bei Höfn an der Südostküste und bei Skjaldarvik im Norden der Insel zu verzichten.

Sender Reykjavík-Vatnsendi
Funkanlagen in Reykjavík-Vatnsendi; links und rechts die jetzt verschwundenen Langwellenstrahler | © Stalfur/Mapillary, CC

Vorgänger der Anlage Gufuskálar war Vatnsendi, der erste Großsender des isländischen Rundfunks am südöstlichen Stadtrand von Reykjavík. Die dortigen Langwellenmasten wurden 2021 abgerissen.

Sie strahlten im Gleichwellenbetrieb mit Eiðar auf 207 kHz. Dieser Beitrag über die Eliminierung die Antenne zeigt auch den 100 kW starken, von einer Schweizer Firma gelieferten Sender, der mehr als 30 Jahre im Einsatz geblieben sein dürfte.

2016 kam es in Vatnsendi noch zu Versuchssendungen mit geringer Leistung (1 kW) auf der früheren Höfn-Frequenz 666 kHz. Damit sollte erprobt werden, ob die Mittelwelle eine Alternative zu den nicht nur teuren, sondern mit immer mehr Autoradios auch nicht mehr zu empfangenden Langwellen sein könnte. Der Ansatz wurde jedoch nicht weiter verfolgt.

Stattdessen entschied sich RÚV dafür, das UKW-Netz auszubauen und alle ständig bewohnten Siedlungen, Hauptstraßen und touristischen Ziele abzudecken. Wer sich zu abgelegenen Orten begibt, an denen weiterhin kein UKW-Empfang möglich ist, wird in Abstimmung mit den Behörden fortan auf das Mitführen eines Satellitentelefons verwiesen.

2001: Ríkisútvarpið auf 13865 kHz
Souvenir aus den Tagen, als Ríkisútvarpið terrestrisch auch noch in Südamerika zu hören war | © Sammlung Rudolf Grimm

Bereits seit anderthalb Jahrzehnten Geschichte ist der Kurzwellendienst von RÚV. Als ständige Einrichtung gab es ihn ab den frühen 70er Jahren. Genutzt wurden die 10 kW starken Sender der Station Rjúpnahæð, gut anderthalb Kilometer entfernt vom Langwellenstandort.

Eine erste Einstellung führte 2001 noch zu einer unerwartet großen Zahl an Beschwerden. Deshalb wurden die Kurzwellensendungen nach mehreren Monaten trotz Budgetzwängen noch einmal aufgenommen, 2007 dann aber endgültig abgeschaltet.

Auch hier verwies RÚV auf Satellit, in diesem Fall eine unverschlüsselte Übertragung der beiden schon damals bestehenden UKW-Programme, die RÚV eigens neu einrichtete.

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 11.03.2023