Rücktritt der kommissarischen Direktorin - Voice of America wieder in der Diskussion

Voice of America, Washington
Der Eingang des zur Räumung anstehenden Funkhauses der VOA in Washington | © Sarah Stierch, CC-BY-SA

Die vom rechten politischen Spektrum unterhaltene Debatte um den Auslandsrundfunk der USA nimmt wieder Fahrt auf. Dafür sorgte die kommissarische Direktorin der Voice of America mit ihrem abrupten Rücktritt.

Vorerst übernimmt der Programmdirektor, der ebenfalls nur kommissarisch eingesetzt ist, die Leitung des Senders.

Voice of America, Yolanda Lopez
Jetzt obsolet: PR-Bild von Yolanda Lopez | © VOA

Bei der abgehenden Yolanda Lopez handelt es sich um die frühere Nachrichtenchefin. Sie war von ihrem Amt entbunden worden, nachdem Trumps Außenminister den Sender unmittelbar vor dem Ende seiner Amtszeit besuchte und eine Redakteurin es wagte, ihn anzusprechen.

Ganze zehn Tage später wendete sich das Blatt: Die noch in den letzten Wochen der Trump-Regierung eingesetzte Leitung der VOA wurde abgeführt und die gerade degradierte Lopez zur kommissarischen Direktorin ernannt. Dabei blieb es bis jetzt.

Die Gründe für den nunmehrigen plötzlichen Rückzug sind unklar. Ein Pressebeitrag aus der rechten Ecke raunt, Lopez sei „mitten in Untersuchungen des Kongresses über Korruptionsvorwürfe“ zurückgetreten.

Konkreter werden die Behauptungen, was die nächste Station von Yolanda Lopez angeht. Demnach zieht sie sich völlig aus dem Journalismus zurück und übernimmt einen Posten bei der Interamerikanischen Entwicklungsbank.

Setareh Derakhshesh
Setareh Derakhshesh | © VOA

Von den Untersuchungen eines Ausschusses des Repräsentantenhauses, die angeblich zum Rücktritt von Lopez führten, ist bisher nur ein konkretes Thema bekannt: Das Iran-Programm der VOA und dessen Redaktionsleiterin Setareh Derakhshesh.

Sie war der zweckentfremdeten Verwendung von Mitteln sowie einer Aufhübschung ihres Lebenslaufes bezichtigt und mit dieser Begründung im Januar 2021 entlassen worden. Die kurz danach eingesetzte kommissarische Hausleitung holte sie nach wenigen Wochen zurück.

Zitiert werden darüber hinaus interne Kritiker mit dem Vorwurf, die Redaktionsleiterin zeige Sympathie für die theokratische Regierung in Teheran. Dabei könnte man diese Stimmen auch fragen, welchen Beitrag sie selbst zum Erfolg des Programms leisten. Es steht im Ruf, uninteressant und bedeutungslos zu sein.

Mike Pompeo: Never give an inch
© Harper Collins

Der fast schon bizarre Besuch am 11. Januar 2021 wiederum ist aus heutiger Sicht eigentlich keine Erwähnung mehr wert. In einem Buch machte Pompeo ihn jedoch wieder zum Thema.

Deshalb sei jene Passage aus der Ansprache zitiert, die einen Eindruck von seiner Sachkenntnis vermittelt:

Mike Pompeo bei der Voice of America
Pompeo bei seiner Ansprache am 11.01.2021 | © VOA
» Meine Karriere begann als Offizier am Eisernen Vorhang, in den 80er Jahren die Front der Freiheit. Ich konnte nicht nach Ostdeutschland passieren. Ich diente in einer kleinen Stadt namens Bindlach. Westdeutsche konnten auch nicht passieren. Aber Ihre Sendungen, die der Voice of America, konnten es. «

Abgesehen von den mehr als 30 Kilometern, die Pompeos damalige Garnison von der „Front“ trennten, war die VOA nach dem Ende der unmittelbaren Nachkriegszeit für die DDR nicht mehr von Interesse: Da die US Information Agency auch den RIAS betrieb, verzichtete man in Washington über Jahrzehnte auf die deutsche Sprache.

Mike Pompeo: Never give an inch
Die hier zitierte Seite 270 des Buches | © Steven Herman

Neben Empörung über die Kritik an dem VOA-Besuch artikulierte Pompeo in seinem Buch auch:

» Eine der kaputtesten Institutionen in der ganzen Regierung ist die US Agency for Global Media. [...]
Leider sind [die Sender] ein Opfer der Linken geworden. Statt für Amerika zu werben, verunglimpfen deren Berichte zu oft unser Land. Sie wiederholen schlicht die Galle, welche die anderen Medien spucken. [...]
Wir haben versucht, mit Michael Pack, einem vielseitigen Dokumentarfilmer, das Schiff auf den richtigen Kurs zu bringen. Seine Bestätigung durch den Senat nahm jedoch zwei Jahre in Anspruch, und so blieben ihm nur sieben Monate, bis die Biden-Regierung ihn an ihrem ersten Tag feuerte. «
Michael Pack
In einer Anhörung des von den Demokraten gezielt verschleppten Ernennungsverfahrens | © senate.gov
John Eastman am 06.01.2021
John Eastman bei der Aufstachelung zum Sturm auf das Kapitol | © C-SPAN

Die Beschreibung des kurzzeitigen Vorstands der US-Auslandssender als Dokumentarfilmer ist zwar nicht falsch. In dieser Rolle trat Pack zuletzt als Stichwortgeber für den reaktionären Richter Clarence Thomas in Erscheinung.

Relevanter ist jedoch die Tätigkeit für das Claremont Institute, das vor Donald Trump eine unbedeutende Denkfabrik war. Es gilt als akademischer Arm des 6. Januar 2021, nachdem das Vorstandsmitglied John Eastman auf der Kundgebung sprach, die in die Erstürmung des Kapitols mündete (in dieser Aufzeichnung zu sehen ab 2:19:00).

Eastman ist ein früherer Referent von Clarence Thomas. Er könnte also wiederum bei der Einfädelung von Packs Filmprojekt beteiligt gewesen sein.

German Marshall Fund, Jamie Fly
Archivbild von 2019: Eine von Flys früheren Tätigkeiten | © gmfus.org

Als bemerkenswerte Personalie entpuppt sich unterdessen der Abgang des Präsidenten von Radio Free Europe / Radio Liberty, Jamie Fly.

Er war 2019 eingesetzt worden, obwohl er keinerlei journalistischen Hintergrund hatte. Alle früheren Tätigkeiten von Fly, darunter im Stab von George W. Bush, waren sicherheitspolitischer Natur. Das gilt auch für seine Arbeit beim German Marshall Fund, wo der Projekttitel „All Eyes on Germany“ nach schlichter Überwachung klang.

Mit dem ersten Arbeitstag von Michael Pack endete zunächst die Amtszeit von Jamie Fly. Die fristlose Entlassung traf alle Hausleitungen mit Ausnahme der Voice of America, wo Direktorin und Vizedirektorin dem durch eigenen Rücktritt zuvorgekommen waren.

Well I’m sure that will inspire future journalists to sign up for that gigKommentar auf Twitter: „Nun, ich bin mir sicher, das wird künftige Journalisten dazu inspirieren, für diesen Gig anzuheuern.“

Als es schließlich ganze zwei Stunden nach Donald Trump auch mit Michael Pack vorbei war, wurde Jamie Fly erneut angefragt und konnte für eine Rückkehr gewonnen werden.

Kritisch äußerte sich Fly, nachdem mehr als 100 Mitarbeiter der US-Auslandssender mit ihren Familien von den USA in Afghanistan zurückgelassen wurden. Einer dieser Mitarbeiter sieht die Verantwortung dafür allerdings nicht nur bei Regierungsstellen, sondern auch bei RFE/RL selbst.

Jetzt wurde bekannt, wo sich Fly die „Gelegenheit im privaten Sektor“ eröffnete, wegen der er im Juni die Tätigkeit als Präsident von RFE/RL beendete. Es gibt wieder einen Zusammenhang mit Deutschland, denn Fly arbeitet heute: Für Palantir.

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 24.09.2023