HappySad - Gold Dust von Jonathan Jeremiah

Gold Dust von Jonathan Jeremiah

Gut ein Jahr ist seit dem Debütalbum A Solitary Man vergangen, die Geschichte vom alles opfernden Songwriter, der u.a. als Balljunge das Geld für ehrliche, analoge Orchestersounds zusammenkratzte, jede echte Geige ein echter Arbeitstag, wurde gerne und gerührt erzählt.

Das Wohlwollen überwog die Skepsis angesichts einer übereifrigen Sechziger-Siebziger Jahre Soulfolkorientierung, die ein paar wirklich gute Songs hervorbrachte, wie geschaffen für retrointeressierte Zeiten.

Noch bevor der Run abebbt, kommt das zweite Album und gerät zum Triumph für die Skeptiker. Gold Dust ist ein Album der großen, hohlen Gesten. Gleich der erste Song, das Titelstück, ist der Rede nicht wert. Unerträglich banale Worte, überschwellende Orchesterwogen, ziellose Temposteigerung.  Und obwohl der zweite Song eigentlich Tiefbewegendes verhandelt – den Tod des Vaters, die Krankheit der Mutter – gibt er immer auf die 12: mit Pauken und Trompeten voll der Empörung, aber ohne den Hauch eines echten Gefühls. Das leisere, Gitarren begleitete Shout wirkt da wie erlösend.

Es ist keine Schande, wenn Musiker ihren Idolen wie in diesem Fall Cat Stevens, Scott Walker und dem frühen Elton John huldigen. Jeremiah hat eine gewaltige Stimme und eine sympathische Ambition, und dass er das Genre des halbakustischen Orchestralsouls modernisieren könnte, ist nicht unmöglich.

Dass er aber auch dieses Mal ohne Produzent arbeitet, grenzt an Größenwahn. Niemand der ihm rät, die Songs zu überdenken, mangelhafte Vokaltracks zu überarbeiten, den Songs einen eigenen Charakter zu geben, sich von allgegenwärtigen Klischees zu befreien.

Wo ist der Souldoktor Bernard Butler, der ihm doch immerhin zu Heart Of Stone verhalf? Wo sind The JBs, wo ?uestlove? Immer wieder müssen Genies wie die Beach Boys und Burt Bacharach herhalten, um routinierte Sunshinesounds mit ausgelutschten Textbausätzen zu legitimieren, auch das popgebürstete Lazin‘ in The Sunshine ist nicht zu Ende gedacht.

Jonathan Jeremiah adaptiert einen großen Sound auf naive, trickfreie Weise. Er opfert die Haltung des Songwriters dem Wohlfühlwunsch seines noch frischen Publikums. Und merkt nicht wie er sich geradezu lemmingenhaft die Klippen runterstürzt.

Christine Heise im tip-Magazin