Album der Woche - "Multitudes" von Feist

Multitudes von Feist
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Multitudes von Feist | © Universal

Wenn es ein zentrales Thema auf ihrem neuen Album "Multitudes" gibt, ist es wohl "Zeit". Nachdem sie selbst Mutter geworden ist, und ihr Vater gestorben, hat sich Feist mit dem Mysterium des Lebens und dessen Vergänglichkeit auseinandergesetzt. Herausgekommen sind zwölf Songs, die musikalisch und textlich zeigen, das allen Dingen unterschiedlichste Facetten innewohnen.

Es beginnt mit einem Blitz – das neue Album "Multitudes" von Leslie Feist. "In Lightning", der erste Song, ist eine Ansage; ein Zeichen, sich auf die Zuhörer*innen-Plätzen zu begeben, bevor das Stück beginnt, das Feist für uns zusammengestellt hat und welches etwa eine dreiviertel Stunde dauern wird. Mit 47 Jahren reflektiert Feist nun das Leben auf besondere Art und Weise: Als eines, das geprägt davon ist, ein Leben von vielen zu sein, und zudem Teil von anderen Leben.


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Vor etwa drei Jahren hat Feist ihre Tochter adoptiert. Es sei der Moment gewesen, in dem sie erst wirklich begriffen, in dem sie gefühlt habe, dass unser Leben einen Anfang und somit auch ein Ende haben muss. Als kurz darauf ihr Vater, der Künstler Harold Feist, stirbt, wird ihr dies noch einmal deutlicher. Während sie sich um ihr Baby kümmert, weltweit die Pandemie ausbricht, wird sich Feist ihrer eigenen Sterblichkeit auf mehrfache Weise bewusst. In ihrem Kopf schwirren Sätze, die sich um ihre Tochter kreisen, um ihren Vater, und gleichermaßen um die Welt. Diese Sätze bilden die Grundlage für ihre neuen Songs.

"Ich habe zum Beispiel eine Textzeile wie 'ich habe niemals zuvor ein für immer begonnen' – das ist ein Gedanke, der mir kam, den ich aufschrieb und bei dem ich dachte, er sei es wert weiter gedacht zu werden. Dann fand ich die Melodien, fand den Song dazu," erzählt Feist im radioeins-Interview. Wie für "Forever Before" begibt sich die Kanadierin auch in den anderen Songs auf eine gedankliche Reise. Vor allem stellt sie Fragen zu den Situationen, auf die sie selbst keine Antworten hat. Theorien in Form von Songs. Bevor sie diese Theorien für ihr Album aufnimmt, testet Feist sie aus. Auf einer Tour durch Europa, USA, Kanada spielt sie ihre neuen Gedanken vor einem kleinen Publikum, überprüft die Lyrics und Strukturen und passt sie nach jedem Konzert an. So geistern von jedem Song multiple Versionen durch ihren Kopf – nur eine ist jeweils auf "Multitudes" zu hören.

Ohne kitschig zu werden, stellt Feist die großen Sinnfragen des Lebens auf ihrem sechsten Studioalbum. Ihre gewohnt zerbrechliche und zarte Stimme bekommt an vielen Stellen eine Dynamik und Präsenz, eine Durchdringlichkeit, die diesen großen Themen etwas Direktes und Konkretes geben. "Multitudes" ist keine bloße Performance; "Multitudes" ist ein Album, das zwar von Feist gemacht wurde, in dem wir aber alle inbegriffen sind – wir selbst Teil des Stückes werden.

Laurina Schräder, radioeins

Tracklisting

1.
In Lightning
2.
Forever Before
3.
Love Who We Are Meant For
4.
Hiding Out In The Open
5.
The Redwing
6.
I Took All Of My Rings Off
7.
Of Womankind
8.
Become The Earth
9.
Borrow Trouble
10.
Martyr Moves
11.
Calling All The Gods
12.
Song For Sad Freiends

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