Album der Woche - Chimes At Midnight von Madrugada

Chimes At Midnight von Madrugada
Chimes At Midnight von Madrugada | © Warner

Der tragische Tod ihres Gitarristen Robert Burås führte dazu, dass sich Madrugada 2007 auflösten. Erst das Jubiläum ihres Debütalbums "Industrial Silence", ließ den Wunsch entstehen, wieder gemeinsam auf der Bühne zu stehen. Daraus wiederum wuchs die Idee zum neuen Album, dem ersten Madrugadaalbum seit 14 Jahren und es klingt so, als wären sie nie weggewesen.

Wieder zusammenzukommen, war eigentlich nicht der Plan. Sie seien selbst überrascht gewesen, meint der Sänger von Madrugada, Sivert Høyem. Vor allem aber war die Reaktion des Publikums für sie eine große Überraschung. Es kamen überall, wo sie spielten, doppelt so viele Leute wie vorher. Eine bessere Motivation konnte es nicht geben. Das Resultat: Eine Menge Selbstvertrauen. Etwas, das früher nicht so da war und das vollkommen verschwand, als sie ihren Gitarristen verloren hatten. Doch sie haben überlebt und der Madrugada-typische Sound wirkt wie konserviert. Bluesiger Rock mit Einflüssen des Dark Country und Folk und mit der unverwechselbaren, tiefen Stimme von Sänger Sivert Høyem. Immer mit einem melancholischen Unterton und bisweilen nostalgisch.

Sicherlich umweht die neue Platte Nostalgie, aber das bedeutet nicht, dass sie gar nichts Neues machen. Es sei eben nur nicht die oberste Priorität gewesen, sagt Sivert Høyem. Und letztlich steckt es in der DNA von Musik, dich an etwas aus der Vergangenheit zu erinnern. An einen Menschen oder an eine Situation. Der Song "Dreams at Midnight" erzählt z.B. von Partynächten in den 90ern, die die Bandmitglieder in einer Bar in Oslo verbrachten, in der der Madrugada-Bassist kellnerte. Es waren Nächte mit romantischen und idealistischen Ideen und mit viel Musik. Doch wie bei allen Anhängern des Kneipenphilosophierens kommt das nüchterne Erwachen "und die Lieder, die dich vor einer Stunde noch umgehauen haben, sind jetzt wieder sinnlos", heißt es in dem Song.



Aufgenommen wurde das Album "Chimes at Midnight" in den Sunset Studios in L.A, also in jenem legendären Studio, in dem schon Klassikeralben von Led Zeppelin, Fleetwood Mac, The Doors und Prince entstanden sind. "Ein Kindheitstraum wurde wahr", sagt Schlagzeuger Jon Lauvland Pettersen. "Was für ein Geschenk, Ich bin hier mit meinen lieben Freunden und wir haben die Zeit unseres Lebens." Produzent Kevin Ratterman (Ray LaMontagne, My Morning Jacket, The Flaming Lips) nahm mit ihnen die Songs live und auf analogen Bändern auf. Die geschichtsträchtigen Wände des Studios und dessen Originalausrüstung hatten definitiv einen Einfluss auf die Atmosphäre des Albums.

Den Ausspruch "Chimes at Midnight", also "die Glocken um Mitternacht" hatte Shakespeare ursprünglich seiner Figur Sir John Falstaff in den Mund gelegt. Jetzt fanden sie Einzug in den Text des Madrugadasongs "Running From The Love Of Your Life": "You and I, wе heard the chimes at midnight Yеs, and my allegiance lies with you - And sweet wine, tears and rock'n'roll - And I know, that you would never lie to me - And that's the truth", heißt es in dem Song pathetisch und brachte die Band auf den Titel ihres sechsten Studioalbums.

Claudia Gerth, radioeins

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