Album der Woche - "Iris Silver Mist" von Jenny Hval

Die Welt der Düfte hat Jenny Hval zurück in die Welt der Musik befördert! Nachdem sie sich in Zeiten der Pandemie eher "müde" und wenig kreativ gefühlt hat, widmete sie sich ihren anderen Sinnen – und fing letztlich doch wieder an Songs zu schreiben. Ihr neues Album "Iris Silver Mist" taucht in ein neues Wahrnehmungsspektrum ein und ist passenderweise nach einem Parfum benannt.
Nach der Pandemie und ihrem zuletzt erschienenen Album "Classic Objects" hatte Jenny Hval eine Zeit lang erstmal genug von der Musik; vom immerzu Hören. Zwar lässt sich der Hörsinn nicht einfach abschalten – in Bezug auf die Musik aber, hat sie alle Reize etwa ein Jahr lang ignoriert. Stattdessen hat Hval sich auf einen anderen ihrer Sinne konzentriert: das Riechen.
Mit dem Abstand zur Musik hat Jenny Hval allerdings feststellen müssen, dass die Musik ihr Medium ist. In der musikalischen Komposition könne sie sich selbst am besten ausdrücken. Seit mehr als 25 Jahren steht Hval auf diversen Bühnen. Während ihres Studiums –Kreatives Schreiben und Performance in Melbourne, Australien – spielte die Norwegerin in Bands, und machte ihre eigene Musik. 2006 ist ihr erstes Solo-Album "To Sing You Apple Trees" – damals noch unter ihrem Künstlernamen Rockettothesky – erschienen. Während die Düfte ihrer Umgebung Jenny Hval in gewisser Weise also wieder zurück zur Musik gebracht haben, spiegelt sich inhaltlich der Rückblick auf ihr Leben im Umfeld einer Bühne in den neuen Liedern von "Iris Silver Mist".
Das Album erscheint zudem komplementär zu ihrem Essay "Scenemennesket" ("Der Bühnenmensch"). Darin geht es um das Künstlerische und Persönliche im Zusammenhang mit einem Leben auf, hinter und neben der Bühne. Es geht um das Verlassen der Bühne, den Auf- und Abbau vor und nach einer Show – um die Bühne im leeren Zustand und die Frage, was eine Bühne dann überhaupt noch darstellt. Ganz konkret reflektiert Hval in Essay und Musik den Stellenwert der Kultur innerhalb der Gesellschaft, der während der Pandemie geradezu degradiert wurde: als nicht "essentiell", nicht "systemrelevant". Auch Jenny Hval sah sich damals plötzlich mit der Frage nach der Definition konfrontiert, was eigentlich "essentiell" bedeutet. Im Song "I want to start at the beginning" zum Beispiel vergleicht sie sich daher mit einem Burger – der während der Lockdowns auch in ihrer Heimatstadt Oslo noch verfügbar und in großem Maße nachgefragt war.
In den 13 neuen Songs testet Jenny Hval die Grenzen zwischen Synthie-Pop und Experiment aus. Schallwellen werden zu Kompositionen und wabern durch die Luft und prägen – wie auch Düfte – Umgebung und Räume.
Tracklist
1 | Lay Down |
2 | To Be A Rose |
3 | I Want To Start At The Beginning |
4 | All Night Long |
5 | Heiner Müller |
6 | You Died |
7 | Spirit Mist |
8 | I Don't Know What Free Is |
9 | The Artist Is Absent |
10 | Huffing My Arm |
11 | The Gift |
12 | A Ballad |
13 | I Want The End To Sound Like This |