Album der Woche - Jen Cloher: I Am The River, The River Is Me

I Am The River, The River Is Me von Jen Cloher
Marathon
I Am The River, The River Is Me von Jen Cloher | © Marathon

Sprache und Kultur seien starke, identitätsstiftende Faktoren, doch sie benötigten Zeit. Während der Pandemie hat Jen Cloher sich die Zeit genommen, ihre eigenen besser kennenzulernen. In zehn Songs zeigt sie, dass eine Biografie eben nicht bloß einen Strang hat, sondern viele Schattierungen, die eine Persönlichkeit bilden und sie festigen.

Aotearoa ist der gängigste Name der Maori für ihr Land, für Neuseeland und bedeutet so viel wie Land der langen weißen Wolke. Geboren in Melbourne, aufgewachsen in Adelaide in Australien spielen für Jen Cloher ihre maorischen Wurzeln als Jugendliche zunächst keine große Rolle. Nach vier Alben, und mit fast fünfzig Jahren hat sich das allerdings geändert und sie fragt sich, was ihre Herkunft eigentlich bedeutet und welchen Bezug sie zu dem Land ihrer Vorfahren eigentlich haben kann. Ihr neues Album sei eine heilende Erfahrung gewesen, auch weil sie rausgefunden habe, dass sie selbst – als Maori in Australien – zu einer größeren Community gehöre als sie gedacht habe. Eine*r von fünf Maori lebe wie Cloher in dem Nachbarland, auf dem Land der Aborigines.


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Ihre eigenen Vorfahren mütterlicherseits stammen aus dem Norden Aotearoas. Doch obwohl ihre Mutter, eine Historikerin, zu maorischen Stämmen und deren Migrationsbewegungen Bücher publiziert, seien beide nicht vollends heimisch in der maorischen Kultur. Jen Cloher erklärt das unter anderem mit den Folgen der britischen Kolonialisierung, nach 1840: „Aotearoa war eines der letzten Länder in dieser Himmelsrichtung, das kolonialisiert wurde. 1907 wurde Gesetze erlassen, was recht gängig war, die das Praktizieren der maorischen Kultur, Religion, oder nur das Sprechen der Sprache für illegal erklärten. Viele Maori wurden geschlagen, wenn sie dennoch in der Schule ihre Sprache verwendeten.“ Um folglich nicht aufzufallen, um Missmut und vor allem Strafen zu vermeiden, habe ihre Großmutter schon ihrer Mutter nicht mehr Te Reo Maori, die maorische Sprache, beigebracht.

Ihre eigene Herkunft kennenzulernen und gerade die Stärke ihrer Mutter und Großmutter zu sehen – Frauen, die für sich selbst eintraten, sich nicht schüchtern fühlten, sei heute eine große Bereicherung für sie selbst, erzählt Jen Cloher. Und natürlich für ihre Musik. Für ihr neues Album hat sie mit 24 unterschiedlichen Musiker*innen zusammengearbeitet, die sie lange kennt, oder neu kennengelernt hat, und die mitunter den Klang traditioneller maorischer Instrumente beisteuern. Sie selbst komponierte zunächst Melodien und Rhythmen, bevor sie sich an die Texte gewagt habe. Gemeinsam mit der Musikerin Te Kaahu hat Jen Cloher ihre Lyrics dann teilweise in Te Reo Maori verfasst. Der Albumtitel selbst wiederum ist eine Übersetzung ins Englische: “’Ko Au Te Awa, Ko Te Awa Ko Au’, ‘I Am The River, The River Is Me’ – Ich denke, das fast ziemlich gut die Weltanschauung der Maori zusammen; und zwar: Wir sind die Erde, wir sind die Flüsse, wir sind der Himmel. Wir waren nie getrennt.”

Laurina Schräder, radioeins

Tracklisting

1. Mana Takatapui    
2. Harakeke    
3. My Witch    
4. Being Human    
5. I Am The River, The River Is Me    
6. Protest Song    
7. The Wild    
8. Aroha Mai, Aroha Atu    
9. He Toka-Tu-Moana    
10. I Am Coming Home    

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