Teltower Damm - Die Straße der Besten

Straße der Besten: Teltower Damm in Zehlendorf
Straße der Besten: Teltower Damm in Zehlendorf | © radioeins/Warnow

Der Teltower Damm gehört zu den kaufkräftigsten und damit leider auch teuersten Straßen Berlins. Wer wohnt und arbeitet heute hier? Die Straße wird von  alteingesessenen Zehlendorfern geprägt, die nur allzu gern samstags auf dem Wochenmarkt am „kleinen Teltower Damm“ zusammenkommen. Und umtriebige Kulturschaffende mit kreativen Ideen, die versuchen den Kiez zu beleben, gibt es auch. Einige Bewohner und Gesichter der Straße können Sie hier genauer kennenlernen…

Annette Spitzlay

Die Musikwissenschaftlerin aus Köln kam 1979 direkt nach dem Abitur nach Berlin, um hier zu studieren und das wilde Leben in Moabit, Kreuzberg und Wedding zu genießen. 1986 zog sie dann ins gutbürgerliche Zehlendorf. Als sie erfuhr, dass eine Lagerhalle in der Nähe des Teltower Damms in ein Wohnhaus umgebaut werden sollte, ging die freiberufliche Klavierlehrerin und alleinerziehende Mutter von zwei Söhnen ein großes Wagnis ein...

Annette Spitzlay
Annette Spitzlay

Der Besitzer der Immobilie berücksichtigte Spitzlays Wünsche für den Umbau und sie nahm dafür eine relativ hohe Miete in Kauf. Bereut hat sie diese Entscheidung nicht, denn nun kann sie ihren größten Traum wahrmachen – Wohnzimmerkonzerte in der Salontradition der Familie Mendelsohn für Freunde und Bekannte. Vor allem jungen Musikern möchte Spitzlay so die Möglichkeit geben, sich auszuprobieren. Und die Konzertbesucher erleben Musik hautnah, können danach noch plaudern und mit den Musikern in direkten Kontakt kommen. Ein Erlebnis, das in großen Konzert- und Opernhäusern nicht möglich ist. Bis zu 60 Gäste finden Platz in ihrem großzügigen Wohnzimmer-Salon. Ärger mit Nachbarn gibt es nicht, denn das Haus steht frei auf einem ehemaligen Bahngelände – ein Privileg, das nur wenige Berliner haben. Trotzdem möchte Annette Spitzlay gern andere dazu anregen, ihre Wohnungen und Häuser ebenfalls für solche privaten Kulturabende zu öffnen.

Frank Rattay

Der Stadtplaner und Bauhaus-Experte für Zehlendorf hat die laufende Sonderausstellung „100 Jahre Bauhaus in Zehlendorf“ im Heimatmuseum des Bezirks gestaltet. Der diplomierte Ingenieur, Jahrgang 1963, ist seit 1998 Mitglied des Heimatvereins und interessiert sich vor allem für die architektonische Historie des Berliner Bezirks. In der Ausstellung informiert er darüber, dass es in Zehlendorf keinen ‚einheitlichen Bauhausstil’ gibt, sondern Architekten und Bauherren mit sehr unterschiedlichen Bauten unter dem weitaus größeren Begriff des ‚Neuen Bauens’ das Bild Zehlendorfs geprägt haben. Dem interessierten Besucher liefert Rattay in der Ausstellung Details über den sogenannten ‚Zehlendorfer Dächerkrieg’. Und er stellt einzelne Häuser vor, die zwar von Bauhaus-Architekten wie Walther Gropius und Mies van der Rohe im Auftrag privater Bauherren in Zehlendorf errichtet wurden, aber nicht alle als Bauhaus-Häuser erkennbar sind. Rattay zeigt in der Ausstellung auch, inwiefern sich Bauhäusler und andere Vertreter des ‚Neuen Bauens’, wie der Schöpfer der Waldsiedlung Zehlendorf, Bruno Taut, gegenseitig inspirierten, aber auch voneinander abgrenzten.

Johann Peter Süßmilch

(3.9.1707 - 22.3.1767)

Der Universalwissenschaftler und Propst von Cölln an der Spree wurde im Erbbraukrug am Teltower Damm geboren. Er gilt mit seinem Hauptwerk »Die göttliche Ordnung« von 1741 als Wegbereiter der deutschen Bevölkerungswissenschaft und Statistik. Eine Gedenktafel an der heutigen Woolworth-Filiale Teltower Damm/Ecke Bundesstr. 1 (Berliner Str.) erinnert an den wohl bedeutendsten Sohn Zehlendorfs.

Johann Peter Süßmilch
Johann Peter Süßmilch | © Quelle: Heimatmuseum Zehlendorf

Sidonie Scharfe

(1834-1909)

Die Tochter von Andreas Scharfe, der 1836 das Lehnschulzengut Zehlendorf erwarb, wuchs dort gemeinsam mit ihrer Schwester Marie auf. Nach dem Tod der Mutter 1870 waren die Schwestern zu gleichen Teilen Eigentümerinnen des Lehnschulzengutes. 1891 ließ Scharfe eine Villa auf der Fläche, wo die Brennerei und das Wirtschaftshaus des Gutes gestanden hatten, erbauen. Ein Jahr später war das Haus an der Hauptstraße, dem heutigen Teltower Damm, fertiggestellt. Es dient mit seinem Mansardendach im französischen Stil, dem barocken Giebelaufbau und der italienischen Loggia im Eingangsbereich heute als Hochzeitsvilla für das Standesamt Zehlendorf und ist eine der schönsten Locations für Eheschließungen in Berlin.

Friedhof, Sidonie Scharfe
Friedhof, Sidonie Scharfe

Sidonie Scharfe selber heiratete nie. Dafür trat sie als große Wohltäterin hervor. So gründete sie, nachdem in den 1880er Jahren die Landwirtschaft auf dem Lehnschulzenhof aufgegeben worden war, für die in den Ruhestand geschickten Knechte und Mägde das Wilhelm-Friedrich-Stift.

Der wachsenden evangelischen Gemeinde schenkte sie ein wertvolles Grundstück im Ortskern Zehlendorf für ein Pfarrhaus und die 1905 erbaute Pauluskirche.
1907, zwei Jahre vor ihrem Tod, schrieb sie am 28. Februar ihr Testament. Mit einer – für die damalige Zeit erstaunlichen – Verfügung: Von ihrem Erbe sollte ein Stift für arme Witwen und unverheiratete Frauen gebaut werden, damit diese dort in einer eigenen Wohnung ein selbständiges Leben im Alter führen können. Die Stiftung trägt bis heute den Namen ihrer Gründerin Sidonie Scharfe.

Zudem war sie Gründungsmitglied des Vereins „Haus Schönow“, einer Nervenheilanstalt für bedürftige Kranke. Heute ist das Haus am Teltower Damm 195 das evangelische Pflegewohnheim Schönow.

Scharfe wurde auf dem Kirchhof der Alten Dorfkirche neben dem Heimatmuseum Zehlendorf im Familiengrab beigesetzt.