Oderberger Straße - Streetview

Die Schöne Strasse - Streetview
Die Schöne Strasse - Streetview

Die älteste Feuerwache Deutschlands, ein denkmalgeschütztes Stadtbad im Neorenaissancestil, eine Fleischerei mit Kultfaktor und ein Amphitheater im Hinterhof. Geschichten über geschichtsträchtige Gebäude in der Oderberger und über besondere Orte, die es heute leider nicht mehr gibt...

1. Die Feuerwache
Das Gebäude mit den Hausnummern 24/25 war das erste, das in der Oderberger Straße errichtet wurde. Es war damals also freistehend, heute kaum mehr vorstellbar. Am 26. November 1883 wurde das Gebäude von der  Feuerwehr bezogen, die somit die älteste, sich durchgehend im Dienst befindliche Berufsfeuerwehr Deutschlands ist. Damals nannte man sie die „weiße Wache“, denn die Löschfahrzeuge wurden von Schimmel-Gespannen gezogen. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz, deshalb müssen die Tore für die Einsatzfahrzeuge nach wie vor von Hand geöffnet werden. Und obwohl die Feuerwehr bei Tag und Nacht (ca. 1.500 Einsätze pro Jahr!) mit Blaulicht und teilweise auch Martinshorn ausrückt, sind die Männer im Kiez durchaus beliebt. Nicht zuletzt für die erfrischenden Wasserschlachten, die sie sich an heißen Sommertagen mit den Bewohnern und Besuchern der Straße immer mal wieder liefern.

Links:

http://www.berliner-feuerwehr.de/standorte/feuerwachen/fw-prenzlauer-berg/

http://de.wikipedia.org/wiki/Feuerwache_Prenzlauer_Berg

http://www.berliner-zeitung.de/archiv/die-feuerwache-oderberger-strasse-ist-deutschlands-aeltester-standort--sonnabend-ist-besuchertag-sonntags-gibt-es-frischen-kuchen,10810590,10570672.html


http://www.tagesspiegel.de/berlin/feuerwehraktion-in-prenzlauer-berg-spruehregen-erhitzt-die-gemueter/10230764.html

 

Sommer 2014 (snapshot-photography)

2. Stadtbad Oderberger
Ende des 19. Jahrhunderts lebten so viele Menschen in Prenzlauer Berg in teilweise ärmlichsten Verhältnissen, dass sich die Stadt aus hygienischen und gesundheitlichen Gründen gezwungen sah, Volksbadeanstalten zu bauen. Auch die Oderberger erhielt 1902 solch ein Stadtbad mit Duschen, Badewannen und einem Schwimmbecken im imposanten Neorenaissance-Stil. Das eindrucksvolle Gebäude überstand den Krieg ohne größere Schäden und wurde weiterhin als Schwimmbad, aber auch als Ersatz für die fehlenden Bäder in den umliegenden Häusern genutzt. 1986 musste das Schwimmbad allerdings schließen, weil es Risse im Becken gab. Die Wannen- und Duschbäder sowie die Sauna wurden bis in die 90er genutzt. Dann stand das Stadtbad lange Zeit leer, nur ab und zu wurde es für Happenings, Theatervorstellungen und Performances geöffnet. Viele Versuche, das Stadtbad zu retten und wiederzueröffnen, scheiterten.

Erst als 2013 die benachbarte Sprachenschule GLS ein überzeugendes Konzept vorlegte, konnte mit der Sanierung begonnen werden. Das neue Stadtbad mit Wellness-Bereich, Hotelzimmern, eigenem Restaurant und Sprachkabinetten wird Ende 2015/ Anfang 2016 seine Türen wieder öffnen.

Links

http://www.stiftung-denkmalschutz-berlin.de/projekte/stadtbadoderbergerstrasse/

http://gls-campus-berlin.de/stadtbad-oderberger

3. Kiezkantine, Oderberger 50
1991, also kurz nach der Wende, hatten Hausbewohner und Mitglieder des Bürgervereins „Entweder Oder“ im Haus O 50 die Idee, hier ein Nachbarschaftszentrum und eine Elterninitiativ-Kita zu gründen. Doch der Alteigentümer verkaufte das Haus zunächst an einen Immobilienspekulanten und erst nach langem, harten Kampf konnte die Mietergenossenschaft „Selbstbau“ die Oderberger 50 zurückkaufen. 1993 gründete sich dann der Verein „So oder So“ und nahm die Idee eines Treffpunktes für die Straßenbewohner wieder auf. Und wo lässt es sich besser ins Gespräch kommen, als beim Essen und Trinken? Also entstand die Sozialkantine, in der mit Hilfe des damaligen Arbeitsamtes/Nord langzeitarbeitslose Gastronomen arbeiten, die Anwohner preiswert essen und sich außerdem noch kostenlos in sozialen Fragen beraten lassen konnten. Als 2003 das Arbeitsamt die Förderung dieses ambitionierten Projektes einstellte, stieg die gemeinnützige GmbH „PINEL“ ein. Seitdem arbeiten hier psychisch kranke Menschen, die langsam wieder in ihr normales Leben zurückfinden sollen unter der Anleitung erfahrener Köche und Gastronomen.

Die Kiezkantine, wie sie nun heißt, führt also ihre Tradition aus sozialem Engagement, guter und preiswerter Küche, Treffpunkt für Anwohner und Gäste weiter fort. Wer Menschen kennenlernen will, die schon lange hier wohnen und sich von den steigenden Mieten noch nicht haben vertreiben lassen, der dürfte hier am ehesten fündig werden.

4. Hirschhof, Oderberger 15
Auf die Idee, ihren Hinterhof zu begrünen, kamen die Bewohner der Oderberger 15 durch die Ausstellung „Parkstadt-Stadtpark“ über begrünte Hinterhöfe in Westberlin, die unter dem Ostberliner Fernsehturm Anfang der 80er gezeigt wurde. Und tatsächlich wurde der Hof 1983 für unglaubliche 1 Millionen DDR-Mark vom staatlichen Gartenbauamt ganz offiziell saniert. Als es dabei aber auch einem alten Weinstock an den Kragen gehen sollte, mischten sich die vorwiegend jungen Mieter ein und übernahmen die weitere Gestaltung.

So bauten die Künstler Anatol Erdmann, Stefan Reichmann und Hans Scheib den röhrenden Rohr-Hirschen, der dem neuen Treff den Namen gab. Für die Erwachsenen gab es ein Amphitheater, in dem Filme gezeigt wurden, Bands auftraten und Dichter vorlasen. Und Kinder konnten sich über einen kleinen Spielplatz mit Rutsche freuen, der mit nichts Geringerem eingerahmt wurde als mit originalen Teilen des alten Berliner Stadtschlosses. Es heißt, dass die Überbleibsel aus Ahrensfelde herangekarrt, wo diese angeblich diskret im märkischen Sand verbuddelt worden waren. Doch das Refugium von Querdenkern, Bürgerbewegten und Oppositionellen aus DDR-Zeiten ist heute nicht mehr öffentlich zugänglich: Die Besitzer der umliegenden Häuser betrachten den nun in Parzellen zerlegten Hof als ihr Eigentum.

Wie so oft in dieser Gegend hat der Staat die Chance verpasst, Allgemeinwohl vor Privatinteresse zu stellen. Und so können auch die Erbauer dieses kleinen Paradieses nur noch vom benachbarten „Neuen Hirschhof“ aus einen Blick über den Zaun auf ihre altes Refugium werfen. Schade!

5. Der Oderkahn, Oderberger 11
In den 50er und 60er Jahren gab es in der Oderberger schon einmal viele Kneipen und Stampen. Die älteste und traditionsreichste war „Der Oderkahn“, seit 1921 von der Familie der letzten Wirtin Monika Lange betrieben und in den 80er Jahren das letzte und einzige Lokal in der Straße. Zum billigen Bier gab es deftiges Eisbein und Berliner Bouletten und im Sommer saßen die Gäste hinter einem weißen Zaun auf grünem Kunstrasen vor der verräucherten Kneipe. Das einzige Zugeständnis an die neuen Zeiten, von denen Monika Lange und ihr Mann nicht viel hielten. Denn die brachten vor allem eins: Konkurrenz. Spätestens als 1998 im Erdgeschoss der Oderberger 49, indem sie schräg gegenüber vom Oderkahn wohnten, ein indisches Restaurant aufmachte, war ihre Geduld zu Ende. Sie überzogen den Betreiber mit Klagen wegen Geruchs- und Geräuschbelästigung, alarmierten immer wieder die Hygiene. Der Restaurantbesitzer wehrte sich auf seine Art: Er kaufte das Haus in der Oderberger 11 und kündigte Monika Lange den Vertrag für den Oderkahn. Und das war das Aus für eine der letzten Traditionskneipen in der Oderberger Straße, wo auch Berliner Promis wie die Puhdys und Manfred Krug gern mal ihren Bierdurst gestillt hatten. Einen Trost gibt es aber: Wer das Oderkahn-Flair vermisst, der findet es jetzt im „Grell-Eck“ an der Prenzlauer Allee, wo Monika Lange 2004 noch einmal einen Neuanfang wagte.

6. Fleischer Dufft, Oderberger 49
Zu DDR-Zeiten war Fleischer Dufft so etwas wie ein kleiner König in der Oderberger. Schon ab 6 Uhr morgens standen die Leute bei ihm Schlange, obwohl er erst um 8 Uhr aufmachte. Unglaubliche 34 Tonnen Fleisch verkaufte er im Monat. Sein Sohn fuhr mit einem Mazda zur Berufsschule, sie nannten sogar eine Garage auf dem Hinterhof ihr eigen, gemeinsam mit Oderkahn-Wirt Ingo, dem anderen kleinen König im Revier. Fleischer Dufft hätte das Haus 49 damals für schlappe 750,- DDR-Mark kaufen können, für die Sanierung des baufälligen Gebäudes wäre allerdings mindestens 1 Millionen notwendig gewesen. Zu teuer, befand der Fleischermeister – eine fatale Fehlentscheidung, wie sich nach dem Mauerfall heruasstellte. Erst da nahm Dufft nämlich Geld in die Hand und baute seinen Laden für 50.000 DM um. Ein glitzerndes UFO der neuen Zeit in der noch lange grauen und abgerissenen alten Straße. Doch die neuen Zeiten brachten Fleischer Dufft kein Glück. Die Leute gingen jetzt rüber in den Wedding und kauften bei Aldi Wasserfleisch für wenig Geld. Gerade mal 3 Tonnen Fleisch und Wurst gingen da bei Dufft noch über die blank polierte Theke. Und dazu kamen noch militante Veganer, die sein Auto abfackelten und die teuren Ladenfenster mit „Mörder“ beschmierten und zerkratzten. Ende der 90er war Schluss für Fleischer Dufft. Sein Sohn versuchte erfolgreich einen Neuanfang - im Zeiler Weg in Pankow.

Link

http://www.berliner-zeitung.de/archiv/eine-anschlagserie-verunsichert-berliner-fleischer---die-spur-weist-zu-militanten-jugendlichen-veganern-gewalt-im-namen-der-tiere,10810590,9372764.html