Oh my God: It's a Radioday - die radioeins Götterdämmerung! - Gott und die Philosophie: Ein Blick auf die Ursprünge des Denkens über das Göttliche
Was dachten die antiken Philosophen über Gott – und was unterscheidet ihre Vorstellungen vom heutigen Glauben? Der Berliner Philosophiehistoriker Dr. Wilhelm Schmidt-Biggemann erklärt auf radioeins, warum Platon das Göttliche eher in ewigen Ideen als in persönlichen Göttern sah – und weshalb Opfer und Gebete in der Philosophie keine Rolle spielen. Ein spannender Blick auf die Ursprünge des Denkens über das Göttliche.
Woher stammt unser heutiges Bild von Gott – und wie haben Philosophen es geprägt? Der Berliner Philosophiehistoriker Dr. Wilhelm Schmidt-Biggemann erklärt auf radioeins, wie sich der persönliche Gott der jüdischen Propheten mit der abstrakten Ideenwelt der griechischen Philosophie verband. Dabei wird deutlich: Der Gott, den wir heute kennen, ist ein komplexes Konstrukt aus Offenbarung, Vernunft und jahrtausendelanger Denkarbeit.
Woher kommt das Böse?
Die Frage nach dem Ursprung des Bösen ist eine der ältesten und tiefsten der Philosophie. Zunächst unterscheidet Dr. Schmidt-Biggemann zwischen dem "Schlechten" – also unerwünschten Ergebnissen menschlichen Handelns – und dem "Bösen", das oft personalisiert wird. Wenn Menschen nach Schuld fragen, etwa bei Naturkatastrophen, entsteht das Bedürfnis, eine handelnde Ursache zu finden – sei es ein Mensch, ein Schicksal oder eine göttliche Instanz. Daraus ergibt sich das klassische theologische Problem: Wie kann ein allmächtiger, gütiger Gott das Böse zulassen?
Wozu brauchen wir heute noch Religion?
In einer aufgeklärten Welt scheint Religion für viele überflüssig. Während Kirchen betonen, dass Religion moralische Werte wie Nächstenliebe vermittelt, argumentieren Humanisten, dass ethisches Verhalten auch ohne Glauben möglich ist. Dr. Schmidt-Biggemann betont, dass Religion nicht die einzige Quelle von Moral ist – wohl aber eine, die ethische Prinzipien stabilisieren kann. Der Gottesbegriff verleiht moralischen Normen eine überindividuelle Gültigkeit, die über persönliche Willkür hinausgeht.
Wird die Welt ohne Religion schlechter?
Diese Frage lässt sich laut Dr. Schmidt-Biggemann nicht eindeutig beantworten. Religion garantiert keine bessere Welt – aber ihre Abwesenheit macht sie auch nicht automatisch schlechter. Entscheidend ist, wie Menschen mit ethischen Herausforderungen umgehen – mit oder ohne Glauben.