Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz - Deutschland und China unterzeichenen Aktionsplan

Flaggen von Deutschland und China © IMAGO/Panthermedia/Viacheslav Chernobrovin
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Peking und Berlin wollen ihre wirtschaftlichen Beziehungen ausbauen. Beide Länder hingen von der Industrie ab und unterstützten freien Handel, hieß es. Die Industrie- und Lieferketten seien eng miteinander verflochten. Ziel ist ein effizienterer Umgang mit Ressourcen und Materialien. So hat Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) mit ihrem chinesischen Amtskollegen in Peking einen Aktionsplan zur "Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz" unterzeichnet. Steffi Lemke erklärte auf radioeins, dass kein Land die ökologischen Probleme alleine lösen könne und Deutschland und China bei der Kreislaufwirtschaft, beim sparsamen Verwenden natürlicher Ressourcen, in die gleiche Richtung blicken.

China gilt als engster Verbündeter Russlands. China droht Taiwan. Aber: China ist auch immer noch Deutschlands wichtigster Handelspartner. Vom oft geforderten De-Risking, der Reduktion von Abhängigkeiten, ist aktuell nicht viel zu merken. Ganz im Gegenteil: Bundeskanzler Olaf Scholz hat zum Abschluss seiner dreitägigen China-Reise heute den Machthaber Xi Jinping getroffen und für eine enge Zusammenarbeit beider Länder geworben. Vor allem beim Klimaschutz.

Das Interview mit Bundesumweltministerin Steffi Lemke in voller Länge:

Sie haben heute mit Ihrem chinesischen Amtskollegen einen Aktionsplan zur Kreiswirtschaft und Ressourceneffizienz unterzeichnet. Welches Ziel hat denn dieser Plan konkret?

Lemke: Na, bei allen Schwierigkeiten und kontroversen Debatten, die es zwischen Deutschland, Europa und China auf der anderen Seite gibt, sind wir im Umweltbereich, im Klimaschutzbereich auf Kooperation zwingend angewiesen. Kein Land kann die ökologischen Probleme alleine lösen, deshalb freue ich mich sehr, dass es hier heute gelungen ist, ein handfestes Ergebnis bei dieser Reise zu organisieren. Das heißt, bei der Kreislaufwirtschaft, beim sparsamen Verwenden natürlicher Ressourcen, da blicken China und Deutschland in die gleiche Richtung und haben engere Kooperationen verabredet.

Kein Land kann die ökologischen Probleme alleine lösen. [...] Bei der Kreislaufwirtschaft, beim sparsamen Verwenden natürlicher Ressourcen, da blicken China und Deutschland in die gleiche Richtung."

Bundesumweltministerin Steffi Lemke

Es geht um das Vermeiden von Plastik, es geht um nachhaltige und langlebige Produkte. Das ist in China ja zugunsten des Wirtschaftswachstums lange hinten runtergefallen. Also was erhoffen sich denn nun von China?

Lemke: Na, wir arbeiten in verschiedenen Bereichen schon länger zusammen, diskutieren gemeinsam über Recycling, aber ich sage mal, Müll trennen und auch die Frage von Einwegplastik, das kennt jetzt jeder, dass wir dort ein Problem haben, das es zu bewältigen gilt. Aber Kreislaufwirtschaft ist viel, viel mehr, das reicht viel tiefer. Hier treffen sich Ökonomie und Ökologie, weil wir Rohstoffe sparen wollen, die sind knapp auf unserem Planeten und sie werden immer teurer. Und deshalb ist es gut, wenn wir sie länger nutzen, länger im Kreislauf behalten. Und ganz konkret am Beispiel der Batterietechnologie arbeiten hier in China auch deutsche Firmen sehr, sehr eng zusammen, damit wir hier Fortschritt organisieren können.

Aber warum hat das Land denn überhaupt Interesse, jetzt zum Beispiel, weil sie es gerade angesprochen haben, diese Batterien von E-Autos recyclingfähig zu machen? Man könnte die doch immer wieder neu verkaufen.

Lemke: Na, das ist genau der Punkt, wo Deutschland und China die gleiche Richtung verfolgen. Diese Rohstoffe sind knapp und es ist teuer, sie immer wieder neu in den Markt zu bringen. Und am anderen Ende der Skala verursachen sie halt eben Müll, der in irgendeiner Form entsorgt werden muss. Auch in China ist erkannt, dass es sinnvoll ist, die Kreislaufwirtschaft aufzubauen. Und hier ist ja eines der Zentren von Batterieentwicklung, von Batterieproduktion. Und deshalb ist es gerade in diesem Feld, was rasant schnell wächst, unglaublich wichtig, von Anfang an in die Kreislaufwirtschaft einzusteigen.

Aber China ist gleichzeitig ein Land, was davon profitiert, dass diese Ressourcen knapp sind, weil sie halt eben sehr viel davon verfügen.

Lemke: Ja, der Bedarf ist so unglaublich groß, dass erkannt ist, dass es, wenn wir das weltweit decken wollen, sei das Speicher für die Energieerzeugung, für die Stromproduktion oder eben bei Autos, wir beides brauchen. Mit nur neuer Rohstoffförderung lässt sich der Bedarf nicht hinreichend decken. Und es ist auch das ökologische Verständnis dafür da, dass wir nicht irgendwo riesengroße Stapel von Altbatterien aufstapeln können, sondern, dass es sinnvoll ist, diese Rohstoffe in den Kreislauf zurückzuführen.

Jetzt muss man ehrlicherweise aber sagen, dass dieser Aktionsplan eine oder nur eine Absichtserklärung ist. Warum gibt es keine verpflichtenden Ziele? Da wüsste man doch, okay, der macht das, der Partner macht das und das Ziel ist das. Und danach wird dann auch irgendwann geschaut, ob das umgesetzt worden ist oder nicht.

Lemke: Naja, sowohl auf europäischer Ebene wird gerade diese Regulierung für die Batterietechnik entwickelt. Das heißt, Öko by Design, von Anfang an mitdenken, wie es am Ende des Tages wieder auseinandergenommen und wiederverwertet wird. Und das Gleiche passiert in China auch. Aber wir sind natürlich getrennte Staaten, getrennte politische Systeme. Deshalb ist es gut, einen Austausch darüber zu haben und auch vielleicht einen Wettlauf über die beste Regulierung, die beste Gesetzgebung. Aber man macht das natürlich nicht in einem Gesetz. Das liegt in der Natur der Sache, dass das nicht geht. Aber, dass wir diese Diskussion jetzt intensivieren, das nächste Treffen wird schon im Mai stattfinden. Nicht auf Ministerebene, aber auf Arbeitsebene. Das zeigt, dass da wirklich, wirklich Musik im Moment drin ist.

Jetzt müssen wir noch mal kurz über das auch von der deutschen Außenministerin ausgerufene Prinzip des De-Riskings, also im Umgang mit China zurückkommen. Sind solche Abkommen überhaupt sinnvoll? Schafft nicht jedes Abkommen auch eine gewisse neue Abhängigkeit?

Lemke: Nein, wir haben ja die internationalen Abkommen, sei es zum Klimaschutz, sei es zum Schutz der Natur oder was gegenwärtig verhandelt wird, eines zur Reduzierung des Plastikmülls. Wir können diese Probleme nicht als Nationalstaaten lösen. Das geht nur gemeinsam. Und gleichzeitig müssen wir uns unabhängig machen von kritischen Lieferabhängigkeiten. Und auch all diese Themen, natürlich auch die Auseinandersetzungen, die in Gaza, die in der Ukraine, der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine gegenwärtig laufen. Diese Kontroversen, diese riesengroßen globalen Probleme haben natürlich in den Gesprächen des Bundeskanzlers hier auch einen relevanten Raum eingenommen. Es ist beides passiert. Kooperation an den Stellen, wo sie sinnvoll ist, wo sie zwingend ist und auch unterschiedliche Ansichten, Kontroversen miteinander besprechen und offen auf den Tisch legen.