Neues Buch - "Knife" von Salman Rushdie

"Knife" von Salman Rushdie
Penguin
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"Am 12. August 2022, einem sonnigen Freitagmorgen um Viertel vor elf, wurde ich von einem jungen Mann mit einem Messer angegriffen und beinahe getötet…" - so beginnt das Buch "Knife", in dem der Schriftsteller Salman Rushdie über das auf ihn verübte Attentat berichtet. Das Buch ist vorgestern gleichzeitig in vielen Übersetzungen auf der ganzen Welt erschienen. Salman Rushdie wird es am 16. Mai in Berlin vorstellen. Wir werden die Lesung im Deutschen Theater auf radioeins live übertragen - moderiert von den radioeins-Literaturagenten Marie Kaiser und Thomas Böhm.

Thomas Böhm im Interview im Schönen Morgen:

Der Untertitel des Buches lautet – „Gedanken nach einem Mordversuch“. An was für Gedanken lässt uns Salman Rushdie teilhaben?

Das Buch ist zum einen ein detaillierter Bericht des Tathergangs, der 27 Sekunden, in denen der Attentäter auf ihn einstechen konnte, bis sich andere Menschen im Saal sich auf den Attentäter stürzten – und Rushdies Leben retteten. Denen, die das in diesem Moment und später getan haben, ist das Buch gewidmet.

Rushdie beschreibt dann die monatelange medizinische Behandlung, die durch die Stichwunden notwendig wurde und was für ein Martyrium diese Behandlung für ihn war. Das ist eine bedrängende Lektüre, die Rushdie immer wieder durch seinen lakonischen Humor erleichtert. Mit Sätzen wie "Lassen Sie mich Ihnen, verehrte Leserinnen und Leser einen Rat geben. Falls Sie es vermeiden können, dass man Ihnen die Lider zunäht, vermeiden Sie es. Das tut wirklich weh."

Rushdie sagt selbst, er musste dieses Buch schreiben, es ist seine Art als Schriftsteller dieses Ereignis auch psychisch zu überwinden. Das Buch ist gerade im ersten Teil auch eine Liebesgeschichte. Eine Geschichte vom Glück, das Rushdie gefunden hat. 2017 lernte er in New York die Dichterin Rachel Eliza Griffith kennen, die er 2021 heiratete. Seine Frau war in der Zeit nach dem Attentat immer an seiner Seite – hat mit ihm zusammen um sein Leben gekämpft. Ihn mit ihrer Liebe gerettet. Und so antwortet Rushdie auf den Akt des Hasses mit einer Geschichte von Liebe.

Und tut das mit dem ihm zu Gebote stehenden, einzigartigen Repertoire des Erzählens, des immensen Wissens, des freien Assoziierens, des schon erwähnten lakonischen Humors. In Summe ist das ein Buch, dessen Lektüre man sicher nie vergißt.

Nochmal zu Erinnerung: Dieses Attentat war ja die Folge einer Fatwa. Die wurde nach dem Erscheinen von Rushdies Roman "Die satanischen Verse" ausgesprochen, vom islamischen Revolutionsführer Ajatollah Chomeini, im Jahr 1989. Der Mann, der im August 2022 das Attentat auf Rushdie beging, war zum Zeitpunkt der Tat 24 Jahre alt. Also noch nicht mal geboren, als die "Satanischen Verse" erschienen. Was erfahren wir über ihn in Rushdies Buch?

Alles und nichts. So wie Rushdie sich selbst – und es geht ja nicht anders - zu einem Gegenstand des Nachdenkens, des Erzählens macht, tut er das auch mit dem Attentäter. Der hat in einer Vernehmung gesagt, er habe nicht mehr als ein paar Seiten in Rushdies Büchern gelesen, halte ihn aber für einen „unredlichen“ Menschen. Und dazu befragt Rushdie diesen Attentäter mit diesem unglaubwürdigen, nicht nachvollziehbaren Motiv. Er beschreibt vier imaginäre Begegnungen mit ihm, in denen er den Attentätet befragt. Und so entsteht ein literarisches Psychogramm dieses Menschen. Diese Seiten allein machen das Buch schon lesenswert und auch wichtig. Denn es geht darin auch um die Frage: Wie setzen wir uns mit den Menschen auseinander, die eine liberale, kosmopolitische Lebensweise zu ihrem Feindbild erklärt haben.

Und zuletzt besteht die Wichtigkeit des Buches auch darin, dass es uns verstehen lässt, wie sehr Menschen, die Opfer von solchen Hasstaten geworden sind, unserer Hilfe bedürfen. Und wie gut sie auch tut. Wie wichtig auch öffentliche Reden und Auftritte sind.

Im Mai kommt Salman Rushdie nach Berlin, um sein Buch vorzustellen.
Was erwartet uns da?

Ein glückliches Wiedersehen mit einem alten Bekannten. Rushdie war immer wieder zu Gast in Berlin; beim Internationalen Literaturfestival, von dem auch die Einladung ausging. Es wird sicher ein großer Abend – Ulrich Matthes wird aus der deutschen Übersetzung von Bernhard Robben lesen. Und alles darüber hinaus kann ich mir ehrlich noch gar nicht ausmalen.

Am 16.5. stellt Salman Rushdie sein neues Buch "Knife" im Deutschen Theater vor. Die Veranstaltung ist ausverkauft. radioeins überträgt die Lesung live ab 19.00 Uhr. "Knife" ist im Penguin-Verlag erschienen, 256 Seiten, 25 Euro.