Album der Woche - Pre Pleasure von Julia Jacklin

vorgestellt von Claudia Gerth

Pre Pleasure von Julia Jacklin
Pre Pleasure von Julia Jacklin | © Transgressive

Julia Jacklin, die Australierin aus den Blue Mountains, zeigte schon mit ihren ersten beiden Platten ein immenses Geschick, ihr Publikum zu fesseln. Ihre Songs handelten von Prüfungen, Leiden und Triumphen, waren aber in unglaublich euphorisierte Melodien verpackt. Dieses Prinzip hat sie auch auf ihrem neuen Album „Pre Pleasure“ beibehalten. Songs mit lyrischer Tiefe und mitreißenden Melodien.

Ihr Geheimnis sei, dass sie sich immer ein bisschen unwohl fühlen müsse, um Songs zu schreiben, sagt Julia Jacklin. Deshalb ziehe sie gern um, oder lebt an anderen Orten. Neue Erfahrungen für ihre Sinne, neue Bilder, Szenen oder auch Gerüche kurbeln ihren Verstand an und sie ist in der Lage zu arbeiten. Umzuziehen und woanders zu leben ist also unbequem und zugleich perfekt für ihre Kreativität.

Bevor sie zuletzt mit ihrer Tour-Band viel in Kanada gelebt hat - ("Pre Pleasure" wurde in Montreal mit Marcus Paquin von The Weather Station aufgenommen, eine gute Entscheidung.) -, war ihr letzter Umzug der von Sydney nach Melbourne, erzählt Julia Jacklin. Die ersten sechs Monate waren unbequem, aufregend und aufrüttelnd. Ohne viel Ballast, neu anfangen zu können, das beschreibt sie in ihrem neuen Song "I was Neon". Leicht schwingt die Angst mit, dass sie sich auch hier wieder selbst verlieren könnte, doch zunächst geht es nur um das aufregende Gefühl, in einer neuen Stadt selbst zu einer neuen Person werden zu können. Und so beschreibt sie das Gefühl als "Neon". Ein Wort, was sich zugleich auf "neu" und "strahlend, leuchtend" bezieht.



Einer der persönlichsten Songs ist "Less of a Stranger" – Ein Song über ihre Beziehung zur eigenen Mutter. "Ich finde, dass die Mutter-Tochter-Beziehungen wahnsinnig interessant ist“, sagt Jacklin. Der Song ist aus der Perspektive der Tochter. „Als ich in Monetreal war, habe ich dieses Buch von einer Autorin gelesen, die Michelle Orange hieß. Ein Buch über ihre Beziehung zu ihrer Mutter. Es war wirklich intensiv, dieses Buch zu lesen, und ich lese viele Memoiren von Prominenten, und so oft, wenn sie über ihr Leben nachdenken, denken sie an die eine Beziehung, die sie geprägt hat - es ist die zu ihren Müttern."

"In den letzten zwei Jahren sind viele meiner Texte sehr direkt geworden", sagt Julia Jacklin weiter. "Sie sind auf dieser Platte nicht sehr poetisch, und vielleicht liegt es daran, dass ich einfach so müde und so niedergeschlagen über den Zustand der Menschheit war, dass ich einfach genau sagen wollte, was ich denke, und es nicht mit einem Haufen blumiger Worte überdecken wollte." Es ist ein Album über die Unmöglichkeit der Kommunikation und darüber, dass man seine Probleme nie ganz lösen kann.

Claudia Gerth, radioeins

Julia Jacklin spielt am 24. November im Columbia Theater.

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