Album der Woche - Olympia von Betterov

Olympia von Betterov © Island
Olympia von Betterov | © Island

Mit „Olympia“ legt Betterov ein mutiges Album vor, auf dem er sich auch mit dem Thema geistige Gesundheit befasst. „Olympia“ beschreibt schwere Zeiten, sucht nach den Gründen und spendet Hoffnung. Es geht um Liebe, verlorene Liebe, um den Wunsch, jemand anderes zu sein, sich selbst zu finden, zu einer Gruppe dazugehören zu wollen, um am Ende zu erkennen, dass genau diese Unangepasstheit eigentlich die größte Stärke ist.

Eigentlich stammt Manuel Bittorf alias Betterov vom Land, kommt aus einem thüringischen Dorf, von wo man sofort wegzieht, wenn man alt genug ist. Das tat er auch und ging nach Berlin. Sein Künstlername ist trotzdem eine Reminiszenz an seine Kindheit. Er benannte sich nach einer Figur aus der dänischen Filmreihe „Die Olsenbande“. „Das ist eine Figur, die auch aus einer ähnlichen Schicht kommt wie ich, das ist auch Arbeiter“, sagt Betterov. „Eine Figur, die wirklich nur so zweimal durchs Bild läuft. Man muss richtig Recherchearbeit betreiben, um herauszufinden wie diese Rolle heißt und ich fand das total witzig, mich nach einem Statisten zu benennen in einer Serie, die jetzt weiß Gott auch nicht alle kennen.“ Und auch wenn einige Songs auf „Olympia“ im ersten Licht besehen, sehr berlinkritisch wirken, so hat Betterov „Berlin eigentlich als sehr herzlich wahrgenommen von Anfang an. Es war natürlich für mich eine große Umstellung, weil ich wirklich aus so einem ganz kleinen 300-Seelen-Dorf komme und dann nach Berlin zu kommen, das war natürlich erstmal die massive Überforderung. Aber ich wurde total offenherzig empfangen.“

Grundsätzlich kommt Betterov vom Schauspiel, das heißt, er nimmt beim Songschreiben keinesfalls nur eine, also seine Perspektive ein. „Mal eine andere Brille aufzusetzen“ findet er spannend und so ist er auch in seinem Song „Dussmann“ einfach in die Rolle eines Menschen geschlüpft, für den das Leben merkwürdig ist und der sich darüber Gedanken macht, was für eine komische Ehre es ist, wenn eine Straße nach einem benannt wird, in der nur Plattenbauten stehen.

Zum ersten Mal so richtig von sich Hören gemacht, hat Betterov zwar mit seinem Song „Dussmann“ im Sommer 2021, doch zuvor gab es noch seine E.P. „Viertel Vor Irgendwas“. Dazu sagt der Wahlberliner heute: „Ja, also ich würde sagen, wenn man bei der EP anfängt, die ja so mein erster Aufschlag war, dann war das schon sehr postpunkig, sehr viel Hall auf Gitarren, große Gitarrenwände.

Die gibt es auch immer noch, aber thematisch gibt es auf dem Album „Olympia“ jetzt eine Weiterentwicklung. Es geht nicht mehr nur darum, wo man herkommt und dass man sich ein bisschen fehl am Platz fühlt.“ Vor allem ist das Album unter dem Einfluss der Pandemie entstanden, in der man einfach mehr auf sich selbst zurückgeworfen war als zuvor. Ohne sich viel ablenken zu können, musste man sich mit den eigenen Gedanken, Wünschen, Zielen auseinandersetzen. Das Positive dabei war, dass aus dieser schweren Zeit Musik entsteht. Musik, die trotz der Entstehungszeit ihr nicht eindeutig zuzuordnen ist. Das ist Betterovs Qualität, die Songs doch zeitlos zu gestalten, mit Texten, die man sich auch in 10 Jahren noch gern anhört.

Claudia Gerth, radioeins

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