Album der Woche - My Boy von Marlon Williams

vorgestellt von Claudia Gerth

My Boy von Marlon Williams
My Boy von Marlon Williams | © Dead Oceans / Cargo

Der Neuseeländer veröffentlicht mit „My Boy“ sein drittes Album gut vier Jahre nach seinem Durchbruchsalbum „Make Way For Love“.

Während der Pandemie hat er viel Zeit zu Hause verbracht und wieder gelernt, still zu sein und sich in die Rolle gefügt, die er einnimmt, wenn er mit seinem Vater zusammen ist. Man bleibt wohl immer das Kind, auch wenn man das Haus gekauft und die Miete bezahlt hat. Er hat sich auch mit Maori-Wurzeln und der Sprache der Maori beschäftigt. In der zweiten Hälfte der Pandemie machte er eine Fernsehserie namens "Sweet Tooth". „Eine Art dystopische, aber sehr schöne und niedliche Geschichte aus dem DC-Universum, die auf einem wirklich großartigen Comic basiert, auf Netflix“, sagt der Mann aus Christchurch. „Ich habe also eine Weile als Schauspieler gearbeitet, was mir sehr viel Spaß gemacht hat“, sagt er weiter. Bereits 2018 hatte man ihn in einer Nebenrolle im Hollywoodfilm „A Star is Born“ sehen können. Natürlich in der Rolle eines Musikers: Als Crooner interpretiert er, im Übrigen ausgezeichnet, „Pretty Woman“ von Roy Orbison.



Das neue Album „hat viel mit Väterlichkeit zu tun, nicht mit Vaterfiguren, aber mit Paternalismus“, sagt Marlon Williams, der als Einzelkind aufgewachsen ist und „seinen älteren Bruder“ in Freunden suchte. Musikalisch entfernt sich Williams auf ihr weitgehend vom Country, aber er spielt immer noch mit Anleihen des Genres. Er ruft den Softpop der 1970er und 80er Jahre wach und skizziert Geschichten von beschädigten und dysfunktionalen Männern: Dabei nutzt er den hellen, künstlichen Glanz des Pop der 80er Jahre als Patina, als Schutzschild für die Schwächen und Verletzlichkeiten seiner Männerfiguren. Der Song "Morning Crystals" z.B. scheint aus der Sicht eines Drogenkonsumenten geschrieben zu sein, während „Thinking of Nina“ das „White-Knight-Sydrome“ thematisiert, das besagt, dass bestimmte Männer immerwährend denken, Frauen seien so verletzlich, dass sie gerettet werden müssen.

Als gefragter Kollaborateur arbeitete er mit Lorde, Florence Welch, im Duett mit Courtney Barnett (Aufnahme des Songs "Not Only I"), Paul Kelly, Yo-Yo Ma, Kacy und Clayton (Aufnahme des Albums "Plastic Bouquet") und komponierte Musik für den Film "Juniper". In gewisser Weise würde sein neues Album 'My Boy' aus all diesen Erfahrungen schöpfen, meint Williams. "Ich habe schon immer verschiedene Charakterelemente in meiner Musik erforscht", sagt er, „und ich glaube, je mehr ich in die Schauspielerei einsteige, desto mehr Tricks lerne ich über Darstellung und Perspektiven.“

Um neue Klänge zu kreieren, verließ Williams mutig seine langjährige Begleitband „The Yarra Bender“ und arbeitete stattdessen mit Mark 'Merk' Perkins und nahm Ende 2020 in Neil Finns Roundhead Studios mit dem Produzenten Tom Healy (Tiny Ruins, The Chills) auf. Zu seiner neuen Band gehören Schlagzeuger Paul Taylor (Feist), Bassist Cass Basil (Ladyhawke, Tiny Ruins) und Healy an den Gitarren und Synthesizern. Außerdem sind Delaney Davidson, ein langjähriger Tourfreund, Dave Kahn (der einzige Yarra Bender) und Elroy Finn, an Schlagzeug und Percussion zu hören.

Claudia Gerth, radioeins

Am 3. November wird Marlon Williams sein Album im Hole44 live präsentieren.

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