Album der Woche - "Songs Of A Lost World" von The Cure
Die Welt ist immer noch krank und braucht Heilung: The Cure melden sich nach 16 Jahren mit einem neuen Studioalbum zurück.
Dass sich musikalische Helden über Jahre selbst entzaubern, passiert ja nicht gerade selten. Zum Glück gibt es da noch Robert Smith. Seine Band The Cure, bereits 1977 gegründet, tröstet seit über 40 Jahren mit ihren Songs Menschen, die sensibel sorgenvoll auf die Welt schauen. Das Beste: Der 65-Jährige ist stabil geblieben – Er zeigt keinen Altersstarrsinn, keine Stilisierung zum Opfer und schon gar nicht behauptet er, früher war alles besser. Denn wenn eines in der Musik von The Cure schon immer deutlich wurde, dann dass die Welt schon damals krank war. The Cure waren das buchstäbliche Heilmittel. Die Musik gab nie vor, alles sei in Ordnung und trotzdem spendete sie Trost. Da sich am Zustand der Welt bedauerlicherweise nichts geändert hat, wurde es nach 16 Jahren Pause wieder Zeit für ein neues Album. Das heißt treffend "Songs of a Lost World".
Er selbst sei sehr zufrieden mit dem neuen Album, sagt Robert Smith. Man würde sich ja schließlich auch nicht die Mühe machen, ein Album nur für sich selbst zu produzieren. Die Intention ist, dass es den Leuten gefällt, dass es einen Nerv trifft. Und das tut die neue The Cure-Platte. Die Platte würde sich über 50 Minuten lang entwickeln und er hofft, dass man beim Hören am Ende an einem anderen Ort ist als am Anfang. Wir reden aber immer noch von der traurigsten Band der Welt und damit ist klar, dass sich das Grundthema des Albums nicht verändert: Egal wie sehr wir nach Momenten der Verbindung suchen, jeder Mensch ist allein.
Die Eröffnungs- und die Schlusssongs seien immer der Schlüssel auf jedem The Cure-Album, sagt Robert Smith. So auch bei dem neuen. Der Letzte heißt "Endsong" und der erste "Alone". Robert Smith hatte sich an ein Gedicht von dem englischen Autor Ernest Dowson erinnert. Es heißt "Dregs" und Smith hatte es einmal in sein Notizbuch geschrieben, in dem er über die Jahre Ideen und interessante Sätze für Songs sammelt. Es beginnt mit den Worten: "Das Feuer ist erloschen, seine Wärme verbraucht, das ist das Ende vom Lied. Bitter wie Wermut und salzig wie Schmerz." Poetische Zeilen, die den Opener "Alone" des neuen The Cure-Albums inspiriert haben und das Grundthema des neuen Albums vorgaben.
Er habe nach den passenden Bildern für den Song "Alone" gesucht und da fielen ihm jene von Ernest Dowson ein, die das existenzielle Alleinsein eines jeden Individuums eingefangen haben, sagt Robert Smith. Das war der Moment, in dem die Idee zum neuen The Cure-Album geboren wurde und so singt er in dem Song davon, dass wir alle grundsätzlich allein sind. Erfüllt von der flüchtigen Hoffnung, dass die Welt nur ein Traum sei. "Mit bitterem Bodensatz stoßen wir an auf die große Leere, die uns umgibt". Wir stoßen an auf die Vergänglichkeit, die alles verschlingt. Ein paradoxer Widerspruch zu der Band The Cure selbst. Die ja seit 47 Jahren besteht und die ebenso lang mit ihren Songs über Einsamkeit hinwegtröstet.
Trotzdem heißt es dann im "Endsong": "Es ist alles weg - Nichts ist mehr übrig, von dem, was ich liebte. Es fühlt sich alles falsch an. Es ist alles weg. Keine Hoffnungen, keine Träume, keine Welt. Nein, ich gehöre nicht dazu. Ich gehöre nicht mehr hierher". Es sind natürlich immer noch die Worte des lyrischen Ichs, trotzdem meint man, den Schmerz über die Verluste, die Robert Smith in den letzten Jahren zu verzeichnen hatte, durchzuhören. Einer davon war der seines älteren Bruders Richard, dem er sehr nahestand. Von ihm lernte er das Gitarrespielen und er war es auch, der mit Jimi Hendrix, David Bowie oder Captain Beefheart Roberts Musikgeschmack geprägt hat. Seinen Tod verarbeitet Robert Smith vor allem in dem Song "I can never say Goodbye". Ein Song, der die viel zitierte Zeile aus Shakespeares Macbeth aufgreift: "Something wicked this way comes". Ein geflügeltes Wort, um das bevorstehende Unheilvolle auszudrücken.
Trotz des Lamentos, das Robert Smith über die 8 neuen Songs über uns ausbreitet, schaffen es The Cure selbstverständlich, mit ihren Melodien auch aufzumuntern und Popappeal zu verbreiten. Somit will man das Album hören und hören und hören.
Claudia Gerth, radioeins
Tracklist
1. | Alone |
2. | And Nothing Is Forever |
3. | A Fragile Thing |
4. | Warsong |
5. | Drone:Nodrone |
6. | I Can Never Say Goodbye |
7. | All I Ever Am |
8. | Endsong |