Album der Woche - "Here in The Pitch" von Jessica Pratt

"Here In The Pitch" von Jessica Pratt © City Slang
"Here In The Pitch" von Jessica Pratt | © City Slang

Die Musikerin aus Los Angeles hat sich zu einer markanten Songwriterin ihrer Generation entwickelt. Sie spielt klassische Gitarre und ihr Gesang geht ins Betörende – dazu wirken ihre Songs nahezu mystisch. In jedem Falle aber entschleunigt und atmosphärisch-entrückt und vor allem zeitlos.

Popsongs sind wohl dann zeitlos, wenn sie aktuelle Trends komplett ignorieren und auf der Suche sind, nach individuellem Ausdruck. Die kalifornische Sängerin und Songschreiberin Jessica Pratt ist jedenfalls auf dieser Suche nun bereits mit ihrem vierten Album "Here in The Pitch". In ihrer unaufgeregten, sparsamen Instrumentierung wirkt die Musik der 37-Jährigen sehr zeitlos. Jessica Pratt weiß einfach, dass es schlau ist, sich nicht an gängigen Trends zu orientieren, sondern musikalisch vollkommen offen zu bleiben, denn ein interessanter Song könne fast alles sein, was man sich vorstellen kann, meint sie. Es gibt da keine Richtlinien und nichts, was man wirklich vorhersagen könne. "Das ist eine der großen Freuden der Musik", sagt Pratt. Ein faszinierender Popsong lässt sich nicht konstruieren. Von daher ist es auch nicht ratsam, Trends hinterherzujagen. Nicht, wenn einem Musik wirklich etwas bedeutet. So wie es bei der Kalifornierin der Fall ist.


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Sie sei in einem musikalischen Elternhaus aufgewachsen, sagt Jessica Pratt. Dort wurde die ganze Zeit über viel Musik gespielt. Ihre Mutter sei immer musikbesessen gewesen, das hat sie sehr geprägt. Und in ihrer frühen Jugend gab es auch so einige Phasen der Obsession für die eine oder andere Band. Die Beach Boys waren da für sie als Kalifornierin mit Sicherheit eine Hausnummer, aber sie hat auch eine Vorliebe für die Musik von Joao Gilberto, was ihrem gesamten neuen Album anzuhören ist, aber besonders dem Song "By Hook or By Crook". Sie würde all diese Musik lieben, sagt Jessica Pratt. Zudem denke sie, dass die brasilianische Musik in einem sich gegenseitigen beeinflussenden Austausch stand mit der amerikanischen Folk- und Popmusik der 1960er Jahren, die sie wiederum am meisten höre. In der Musik der 37-Jährigen kommt also alles zusammen und der Vergleich zum brasilianischen Bossa Nova a la Joao Gilberto ist auf ihrem neuen Album vor allem dort besonders gut zu ziehen, wo die klassische Gitarre sehr prominent zu hören ist, die Jessica Pratt äußert gefühlvoll zu spielen versteht.

 

Ein Thema, das Jessica Pratt immer wieder in ihren Songs beschäftigt, ist die Vergänglichkeit. Die Zeit. Immer schon beschäftigt sie sich mit dem Vergehen von Zeit, mit der Rückschau und mit dem Zeitgefühl, das von Mensch zu Mensch verschieden sein kann. Auf ihrem Debütalbum singt sie in dem Song "Bushel Hyde": 'Time was longer than when we were in that other place'. In dem Song “Baby Baby”, auf dem Nachfolgealbum, gab es die Zeile 'Girl, I know I'm losing time without you' und auf ihrem letzten Album "Quiet Signs", ihrem internationalen Durchbruch, gibt es zum einen den Song 'This Time around' und in 'Fare Thee Well' singt sie: 'I've been years on the wrong side and I used to see a cause and a call'. Und die Thematik durchzieht auch ihr neues Album nicht nur in dem Song "The Last Year". "Ich denke, das Konzept von Zeit und Raum, die Wahrnehmung unserer aktuellen Realität hat mich schon immer beschäftigt", sagt Jessica Pratt. Es fühle sich so an, als sei alles mit allem verbunden. So müsse sie immer an die Geschichte von den Orten denken, an denen sie sich gerade aufhält. Welche Vergangenheit und welche Zukunft sie wohl haben. Es ist eine Art transzendenter Gedanke, dass sich die Ereignisse und der Einfluss der Menschen, die zuvor an dem Ort waren, noch spüren lassen. Das nichts wirklich vergeht, sondern als Information noch präsent ist.

Wenn sie Musik macht, sei das immer ein instinktiver Prozess, meint die Kalifornierin. Dabei nimmt sie auf keinen Fall irgendeine Rücksicht auf kommerziellen Erfolg. Es geht ihr um persönlichen Ausdruck und darum, eine Synthese zu finden für all die Dinge, die sie bewegen und die sie selbst faszinieren. Nun ja, da haben wir vielleicht eine Antwort darauf, was zeitlose Musik ausmacht.

Claudia Gerth, radioeins

Tracklist

1 Life is
2 Better hate
3 World on a string
4 Get your head out
5 By hook or by crook
6 Nowhere it was
7 Empires never know
8 Glances
9 The last year

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