Albumtipp - "Weathervanes" von Jason Isbell And The 400 Unit

Weathervanes von Jason Isbell And The 400 Unit
Weathervanes von Jason Isbell And The 400 Unit | © Southeastern

Jason Isbell ist ein Südstaatler durch und durch. Die Landschaft, die Menschen, die Musik haben ihn hörbar geprägt. Doch mit dem konservativen Süden hat der Musiker aus Alabama nichts am Hut. Er liebt Country, den Soul von Otis Redding, James Brown und Gladys Knight, den Blues und Südstaatenrock der Allman Brothers und …R.E.M.

Jason Isbell hat viele Höhen und Tiefen erlebt, ist der Alkoholsucht entkommen, hat die Frau seines Herzens gefunden und ist Vater geworden. Und seine Texte erzählen davon, denn Isbell ist ein Geschichtenerzähler alter Schule, er singt über die einfachen Menschen und ihre Zweifel, über seine Unsicherheit und darüber, für eine bessere Welt zu kämpfen. Jason Isbell tritt für die Demokraten ein, der Alltagsrassismus in den USA ist für ihn unerträglich und die gleichen Rechte für LGBTO selbstverständlich.

Damit macht man sich gerade im Süden der USA nicht gerade beliebt und die Country Puristen mögen ihn nicht. Aber genau das macht Jason Isbell zu einem hervorragen Songwriter. Er ist kein Macho und sehr reflektiert. Vor 10 Jahren veröffentlichte er sein Debüt „Southeastern“, ein brillantes Album und seitdem wir er Jahr für Jahr besser. Das liegt auch an seiner Ehefrau Amanda Shires, die ihn als Geigerin, Sängerin und Korrektiv unterstützt. Und mit seiner langjährigen Begleitband The 400 Unit hat er Musiker an seiner Seite, die genauso wichtig für ihn sind, wie die E-Street Band für Bruce Springsteen und Crazy Horse für Neil Young.

Auf „Weathervans“ sind 13 Stücke versammelt, die alle Stärken von Jason Isbell And The 400 Unit vereinen. Von Countryrock, über Soul und Folk bis hin zu Jams Marke Crazy Horse reicht die Soundpalette. Seine Texte über Todessehnsüchte, über Schulmassaker in den USA, oder Selbstzweifel trägt er mit einer Stimme vor, die kraftvoll, warm und voller Soul klingt. Diese Stimme trifft ins Herz. Seine kleine Tochter findet seine neuen Songs trauriger als früher, sagte Isbell kürzlich in einem Interview, und ja, dass stimmt, denn die Zeiten sind heftig und dann macht sich ein Gefühl von Hilflosigkeit breit.

Das neue Album spendet dabei Trost, gibt Kraft und klingt fantastisch. Jason Isbell macht in den letzten Jahren die Platten, die sich so mancher von Neil Young oder Bruce Springsteen gewünscht hätte.

In den USA ist Jason Isbell längst eine Größe, aber sein uramerikanischer Sound klingt für Europäer fast fremd. Vielleicht ändert „Weathervans“ daran etwas, ist aber eigentlich egal, denn am Ende des Tages zählt für Jason Isbell vor allem, dass er „ein guter Vater“ gewesen ist. Recht hat, auf cool zu machen überlässt er anderen.

Carsten Wehrhoff