Jakob Augstein im Gespräch mit Jürgen Zimmerer: Wem gehört die deutsche Geschichte?

Die AfD gewinnt an Zustimmung und Bayerns Vize, Hubert Aiwanger, könnte ein antisemitisches Flugblatt verfasst haben. Ist die deutsche Erinnerungskultur in Gefahr? Darüber spricht Jakob Augstein mit dem Historiker Jürgen Zimmerer.

 

Als vor kurzem der Freie Wähler Hubert Aiwanger mit einem antisemitischen Flugblatt in Verbindung gebracht wurde, stand die Frage im Raum: Wie steht es wirklich um die viel gerühmte deutsche Aufarbeitung des Nationalsozialismus? Der Vize-Ministerpräsident von Bayern musste sich für Auschwitz-Witze aus seiner Schulzeit rechtfertigen. Und obwohl er die im Raum stehenden Vorwürfe nicht vollends ausräumen konnte, behielt er sein Amt.

 

Der Vorfall erinnert an die Rede Alexander Gaulands, in der er den Nationalsozialismus als einen "Vogelschiss" in der deutschen Geschichte bezeichnet hatte. Gaulands AfD tritt immer offener rechtsradikal auf und legt damit in Umfragen immer mehr zu. Wie kann das sein? Ist die deutsche Erinnerungskultur in Gefahr, weil zu viele Menschen genug von ihr haben?

 

Jürgen Zimmerer sagt: "Die Affäre Aiwanger-Söder verkörpert, dass wirklich viele diesen Schlussstrich wollen, und dass das hochproblematisch ist." Gerade hat der Historiker das Buch Erinnerungskämpfe: Neues deutsches Geschichtsbewusstsein (Reclam, 536 S., 25 Euro) herausgegeben, in dem er fordert: Das deutsche Geschichtsbewusstsein muss "inklusiver" werden und auch Menschen mit Migrationshintergrund einschließen! Wie kann ein neuer, diverser Blick auf unsere Vergangenheit gelingen? Über die deutsche Erinnerungskultur spricht Jakob Augstein mit Jürgen Zimmerer.

Jürgen Zimmerer © Michel Dingler/UHH/dpa
Jürgen Zimmerer | © Michel Dingler/UHH/dpa

 

 

Im radioeins & Freitag Salon setzt sich der Journalist und Verleger Jakob Augstein einmal im Monat mit einem Gast an den Tisch und redet – über das Politische in der Kultur, über die Gesellschaft und ihre Zwänge, über die Mechanismen von Öffentlichkeit und Lüge, und über das Verschwinden der Demokratie im Kapitalismus. radioeins sendet live. Hier verstummt die Erregungsmaschine des Internets. Der radioeins & Freitag Salon ist "unplugged", wie man früher gesagt hätte. Echte Menschen reden über echte Themen und üben sich in Fähigkeiten, die rar zu werden drohen: Zeit nehmen, zuhören, verstehen, lernen. Das – unerreichte – Vorbild dieses aktuellen politischen Diskussionsformats sind die legendären Gespräche des Journalisten Günter Gaus, die im Fernsehen gezeigt wurden, als dieses noch schwarz-weiß war.

Jakob Augstein ist seit 2008 Verleger und Geschäftsführer der Wochenzeitung "der Freitag". 1967 in Hamburg geboren, studierte er von 1989 bis 1993 Politik an der Freien Universität Berlin und am Institut d'études politiques de Paris. Er war zehn Jahre lang für die Süddeutsche Zeitung als Reporter in Berlin und Ostdeutschland unterwegs. Von 2011 bis 2018 schrieb er die Kolumne "Im Zweifel links" auf "SPIEGEL ONLINE". Von 2011 bis 2020 lieferte er sich mit Nikolaus Blome, dem ehemaligen stellvertretenden Chefredakteur der Bildzeitung, in der Phoenix-Sendung "Augstein und Blome" einen wöchentlichen Schlagabtausch zum politischen Thema der Woche.

Eintrittspreis:
8 Euro, ermäßigt 5 Euro

Veranstaltungsort:
Literaturhaus Berlin
Fasanenstr. 23
10719 Berlin-Wilmersdorf

Jakob Augstein © IMAGO /Manfred Segerer
IMAGO /Manfred Segerer

Talk - radioeins- und Freitag-Salon

Regelmäßig trifft Jakob Augstein im radioeins- und Freitag-Salon im Kaminzimmer des Berliner Literaturhauses einen Gast, um über Wahrheit und Erfindung in den großen Erzählungen unserer Zeit zu reden. Ungestört von der Erregungsmaschine des Internets treffen sich zwei Menschen zum Gespräch und üben sich in Fähigkeiten, die rar zu werden drohen: Fragen, zuhören, verstehen, lernen. Das Vorbild dieses Diskussionsformats sind die legendären Gespräche des Journalisten Günter Gaus, die im Fernsehen gezeigt wurden, als dieses noch schwarz-weiß war.