Auch zu einem Streamingportal und einer Wochenzeitung - Wirbel um Domradio in Köln

Kölner Dom
Der Kölner Dom | © Kai Ludwig

Die kontroversen Diskussionen um das Erzbistum Köln und seinen Bischof Woelki weiten sich auf das Feld der Medien aus. Es geht um das vom Bildungswerk der Diözese betriebene Domradio, bei dem organisatorische Änderungen angestrebt werden.

Ins Rollen brachte die Debatte ein Artikel des Kölner Stadt-Anzeigers.

Nach dessen Darstellung erschien in einer Mitgliederversammlung des Bildungswerkes plötzlich der Generalvikar Assmann. Die Vorstandsvorsitzende Dierkes führte ihn mit den Worten ein, es gebe „etwas mitzuteilen“: Den Plan, Domradio in eine gemeinnützige GmbH auszugliedern.

Der Geschäftsführer des Diözesanrats, Norbert Michels, kommentierte den Auftritt des Generalvikars mit den Worten:

„Das hat mir die Schuhe ausgezogen. Einen solchen Überfall wie in dieser Sitzung habe ich in fast 26 Jahren Tätigkeit noch nicht erlebt.“

Eine schlüssige Begründung des beabsichtigten Schritts sei nicht gegeben worden („da kam nichts“). Assmann habe eine „äußerst unglückliche Figur gemacht“ und selbst „wie ein Getriebener gewirkt“.

Bereits von April an soll, so der Kölner Stadt-Anzeiger, die Geschäftsführung von Domradio um den bisherigen Leiter der Diözesanstelle für Berufungspastoral, Mayer, erweitert werden. Die zusätzliche Stelle werde durch das Erzbistum voll finanziert.

Einen „hochrangigen Bistumsmenschen“ zitiert die Zeitung mit der Bewertung „desaströs und schizophren“:

„Unsere Kirche verliert rasant an Vertrauen, das Erzbistum ebenfalls, der Kardinal sowieso, und dann geht Woelki hin und legt die Axt an einen Außenauftritt, der als glaubwürdig gilt und mit dem wir Menschen in relevanter Größenordnung erreichen.“

Auch der Vorsitzende des Programmbeirats von Domradio, Jürgen Wilhelm, äußerte sich:

„Unter dem eher durchsichtigen Vorwand einer bloßen Umorganisation der Trägerstruktur und der unnötigen Vergrößerung des Managements ist jetzt offenbar die Degradierung zu einem reinen Verkündigungssender des Erzbistums beabsichtigt.“

Der Programmbeirat sei eingerichtet, um die Pluralität der Gesellschaft zu spiegeln:

„Deshalb widersetzen wir uns dem Versuch einer Gleichschaltung der Institutionen im Erzbistum Köln.“

Das Erzbistum hat diese Interpretationen zurückgewiesen. Der Mitteilung folgte ein Interview des Amtsleiters Frank Hüppelshäuser mit dem Deutschlandfunk. Darin sagte er (geglättet):

„In dieser Diskussion, die man gerade führt, sind unglaublich viel Unwissenheit und Spekulationen. Ich muss ehrlicherweise sagen, das ist traurig, aber es ist fast ein Ritual, dass dann doch vieles auf die berühmte Agenda von Kardinal Woelki reduziert wird. Das ist schade, traurig, aber auch irgendwo langweilig.“

Das Vorgehen selbst begründete Hüppelshäuser so:

„Wenn wir mit dem Bildungswerk bestimmte Vereinbarungen treffen, ist das Domradio immer ein Anhängsel. Ich glaube, das ist dem Medium nicht adäquat. Deshalb die Idee, die wir unter anderem diskutieren, ob es nicht eine viel bessere Lösung ist, das ganze auch viel höher zu heben und es beispielsweise in eine Stiftung zu packen.“
Domradio: Im Kabel und über Satellit
Archivbild von 2003: Die Räume von Domradio in Köln | © Kai Ludwig

Domradio war im Jahre 2000 als Kabel- und Satellitenradio gestartet. Inzwischen sind die ursprünglichen Verbreitungswege ebenso aufgegeben wie die DAB-Ausstrahlung in Nordrhein-Westfalen, Berlin und Brandenburg. Die Nutzung klassischer Rundfunktechniken beschränkt sich jetzt auf eine Stadtfrequenz in Köln.

Um diese UKW-Lizenz geht es bei einem Aspekt, den bereits der Programmbeirat andeutete und auch der Deutsche Journalisten-Verband in Nordrhein-Westfalen in seiner Stellungnahme aufgriff:

„Es ist nicht nur stillos, den langjährigen Träger ohne Vorwarnung vor vollendete Tatsachen zu stellen [...] – es ist in Bezug auf die Sendelizenz auch rechtlich fragwürdig, denn die Landesanstalt für Medien NRW hat bei solchen Umstrukturierungen ein gewichtiges Wort mitzureden.“

Der Kölner Stadt-Anzeiger zitiert nicht näher beschriebene Insider mit der Einschätzung, die angestrebte Umstrukturierung könnte eine Neuausschreibung der Frequenz mit ungewissem Ausgang nach sich ziehen.

In den letzten Jahren kursierten immer wieder Gerüchte über eine Schließung von Domradio. Das ist, wie die Diskussion in jedem Fall aufzeigt, kein aktueller Plan des Erzbistums.

Nach Angaben der Zeitung kommen rund 90 Prozent des Jahresetats von 5 Millionen Euro aus Kirchensteuermitteln. Die Eigeneinnahmen von Domradio, etwa aus Fernsehproduktionen für Dritte, belaufen sich auf eine halbe Million Euro pro Jahr.

Kölner Dom
Noch ein Blick durch den Kölner Dom | © Kai Ludwig

2022 hatte der Kölner Stadt-Anzeiger bereits über Strategien zur Öffentlichkeitsarbeit des Erzbistums berichtet. So wurde versucht, den FAZ-Journalisten Daniel Deckers mit dem Angebot exklusiver Informationen als „glaubwürdigen Fürsprecher“ zu gewinnen.

Das Ergebnis zeigt ein Kommentar mit der Überschrift „Moralischer Bankrott“. Darin thematisierte Deckers, wie Woelki trotz angebotenem Rücktritt vom Vatikan im Amt belassen wird.

Der Bericht des Deutschlandfunks über die Beauftragung einer PR-Agentur bot Einschätzungen der damaligen Kirchenredakteurin Christiane Florin. 2023 meldete sie sich mit scharfen Worten zur Rekordzahl an Austritten aus der römisch-katholischen Kirche:

„Der Vatikan bemüht ganz gern das Schreckbild von der Spaltung. [...] Die gute Nachricht in Richtung Rom lautet: Wenn das so weitergeht, ist in 20 Jahren in Deutschland nichts mehr zum Spalten da.“

Christiane Florin, die inzwischen eine neue Aufgabe im Sender übernommen hat, gehörte selbst zu diesen 522.821 Menschen. Dazu hat sie sich unlängst ausführlich erklärt und kam dabei wiederum auf die Kommunikation im Erzbistum Köln zu sprechen:

„Einige Wochen nach dem Kirchenaustritt bekam ich Post vom für mich zuständigen Kirchengemeindeverband, offenkundig ein Serienbrief, mein Name war per Hand auf eine gestrichelte Linie geschrieben wie früher in der Grundschule in einem Lückentext.“
Katholische Kirche
In Elsterwerda | © Kai Ludwig

Einen weiteren Akzent in Sachen katholischer Kommunikation setzte gerade der St.-Benno-Verlag in Leipzig. Er teilte mit, die katholische Kirche sei „nun mit einem eigenen Streamingportal auf dem deutschen Markt vertreten“. Eine Variante der Meldung nannte es zusätzlich „neu“.

„Yesflix“ existiert bereits seit 2019. Ursprünglicher Betreiber war Bibel TV, dessen Gesellschafter überwiegend protestantischen Hintergrund haben (neben den Landeskirchen vor allem evangelikal und freikirchlich).

Weitere Berichte zum Start des Portals finden sich auf Standard.at und auf Jetzt.de (Süddeutsche Zeitung). Soweit auf den ersten Blick erkennbar, sind die damaligen (2019) Schilderungen von Abonnementpreis und Umfang des Angebots nach wie vor aktuell.

Außer dem St.-Benno-Verlag und dessen Onlinehandel beteiligt sich am Betrieb von „Yesflix“ jetzt noch die Tellux-Gruppe, mit ihrer Firma Astratel zugleich der katholische Gesellschafter von Bibel TV.

Neben Büchern hat der St.-Benno-Verlag von 1951 an eine Wochenzeitung für die Diözesen Dresden-Meißen, Erfurt, Görlitz und Magdeburg herausgegeben. 2014 kam noch das Erzbistum Berlin hinzu, das dafür auf seine eigene Zeitung verzichtete. Mit dem erweiterten Verbreitungsgebiet erreichte der „Tag des Herrn“ eine Auflage von 17.000 Stück.

Ostern 2024 brachte hier sowie in den Diözesen Fulda, Hamburg, Hildesheim, Limburg, Mainz, München-Freising, Osnabrück, Paderborn und Würzburg eine wesentliche Änderung: Unter den Namen der bisherigen Bistumszeitungen erscheint fortan aller zwei Wochen ein gemeinsames Magazin.

Die überregionalen Teile werden in Osnabrück produziert und alle Ausgaben zentral in Paderborn gedruckt. Beim „Tag des Herrn“ bedeutet das die Umstellung von einer Wochenzeitung mit 20 Seiten auf ein zweiwöchentliches Heft mit 64 Seiten, von denen „mehr als die Hälfte“ weiterhin regionale Inhalte bieten sollen.

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 31.03.2024