China in Afrika - Neuer Kurzwellensender in Brazzaville

Neuer Kurzwellensender in Brazzaville
Der neue Sender; zum Hintergrund des großen Saales siehe unten | © Chinesische Botschaft Brazzaville

Nach einer Unterbrechung von einem Jahr ist Radio Congo wieder auf der Kurzwelle 6115 kHz aktiv. Diesmal ist nicht mehr, wie noch 2021, ein 1990 aus Berlin (West) gelieferter Sender repariert worden. Die Ausstrahlung läuft jetzt mit neuer Technik. Woher sie kommt, ist keine Überraschung.

Wie, in jeweils unterschiedlicher Gewichtung, sowohl örtliche Medien als auch die Botschaft von China in Brazzaville berichten, haben chinesische Techniker in den vergangenen zwei Monaten einen neuen, 50 kW starken Kurzwellensender installiert. Er wurde am 30. August offiziell in Betrieb genommen.

Zumindest bislang entspricht die Signalstärke auf der unverändert 6115 kHz lautenden Frequenz dem nicht sonderlich hohen Niveau der letzten Jahre bis 2021. Auch die Betriebsweise gestaltet sich wieder so, wie es mit der alten Technik üblich war.

Der Sender wird also irgendwann zwischen 7.00 und 8.00 Uhr mitten hinein ins laufende Programm eingeschaltet und, wiederum mitten im Satz oder Musiktitel, zwischen 20.00 und 21.00 Uhr ausgeschaltet. Ab 30. Oktober werden, wenn es dabei bleibt, nach MEZ daraus wieder 6.00...7.00 bzw. 19.00...20.00 Uhr.

Keine Überraschung ist der Lieferant, nachdem China in der Republik Kongo auch schon Aufbau und Betrieb von DVB-T2 übernommen hat. Die von der chinesischen Seite geschaffene Plattform Star Times beherrscht, zum Beispiel mit exklusiven Bundesliga-Fernsehrechten, inzwischen in weiten Teilen von Afrika den Markt.

Konsequenterweise zeigte die Botschaft auch noch ein Foto von einer soeben in Peking abgehaltenen Veranstaltung zur Zusammenarbeit zwischen China und Afrika auf dem Gebiet der Medien.

PR-Texte wurden dazu selbst auf Deutsch verteilt. Nicht weniger positiv ausgefallen sind die redaktionellen Beiträge zum Thema, sowohl aus Afrika als natürlich auch aus China.

Außerhalb der Region zeigten weit rechts stehende US-Medien ein gewisses Interesse. Zu finden sind einschlägige Beiträge bei Breitbart und Ussanews.com, dort mit der Einleitung „Während die USA geschlafen haben, ...“

Mit Informationen des British DX Club; Stand vom 02.09.2022

5th Forum on China-Africa Media Cooperation, 25-26 August 2022, Beijing
5. Forum der chinesisch-afrikanischen Zusammenarbeit in den Medien | © Chinesische Botschaft Brazzaville

Die Kurzwellenstation Brazzaville ist ihrerseits ein bemerkenswertes Kapitel der Rundfunkgeschichte.

Sie entstand auf Betreiben von Charles de Gaulle, als Brazzaville 1940 zur Hauptstadt des „Freien Frankreich“ ausgerufen wurde. Ab 1943 stand hier ein leistungsfähiger (50 kW), aus den USA beschaffter Sender zur Verfügung.

Die Wehrmacht maß den Sendungen offensichtlich Bedeutung bei. Das zeigt ein Gegenprogramm, das die Forces françaises libres in Afrika in die Irre führen sollte. Dieses „falsche Radio Brazzaville“ ist von 1942 bis 1944 über die Sendeanlage Allouis auf die Brazzaville-Frequenzen gelegt worden.

Mit der Unabhängigkeit der Republik Kongo im Jahre 1960 wurde ein Vertrag geschlossen, der Radio Brazzaville für weitere 20 Jahre in französischem Eigentum beließ. Die Sendeanlage erhielt drei weitere Sender (Leistungsklasse 25 bis 50 kW) der Firma Thomson-Houston.

1964 führte eine Budgetkürzung zu Einschnitten beim Programm, verbunden mit der Entlassung von zwei Dritteln der Belegschaft. 1966 endeten die Eigenprogramme von Radio Brazzaville schließlich ganz. Die Kurzwellensender übertrugen fortan ausschließlich das Auslandsprogramm des damaligen französischen Rundfunks ORTF.

Nach einem Militärputsch im Jahre 1968 erwies sich der abgeschlossene Vertrag als wertlos. Die neu an die Macht gekommene Regierung entzog Frankreich 1972 den Zugriff auf die Sender. Nach 1980 kam der Betrieb der Kurzwellensender in Brazzaville zum Erliegen.

Die RIAS/Deutschlandradio-Kurzwelle 6005 kHz, geb. 7. August 1951, gest. 16. Juli 2007
Telefunken-Kurzwellensender 100 kW in Berlin-Britz | © Kai Ludwig

Im Frühjahr 1990 tauchte Radio Congo dann überraschend auf den unterschiedlichsten Frequenzen vom 90- bis hin zum 19-Meterband wieder auf. Das war ein Treppenwitz der Geschichte, denn möglich wurde diese Rückkehr auf die Kurzwelle durch bundesdeutsche Entwicklungshilfe.

Deutscher Herkunft sind somit auch die beiden neu installierten Kurzwellensender mit 100 kW Leistung. In Deutschland selbst wurde dieses Telefunken-Modell nach Jülich und zum RIAS geliefert. Hinzu kamen mehrere Einsätze der Mittelwellenvariante.

Somit konnte Radio Congo in den 90er Jahren auch in Europa praktisch allabendlich auf 4765 und, soweit nicht anderweitig belegt, auch 5985 kHz gehört werden. Später wurde die Frequenz 4765 kHz durch die jetzige, bereits 1990 als Alternative getestete 6115 kHz ersetzt.

Nach der Jahrtausendwende beschränkte sich der Kurzwellenbetrieb in Brazzaville auf einen Sender, der nun stets auf 6115 kHz verbleibt. Umschaltungen auf eine höhere Tagfrequenz (üblich war hier 9610 kHz) gibt es nicht mehr.

Sender Moyabi
Gabun: Das einzige bekannte Foto aus den Innenanlagen der Kurzwellenstation Moyabi | © Africa № 1

Der seit 1975 als Radio France Internationale geführte Auslandshörfunk in Paris wiederum konnte nach dem Verlust der Sendemöglichkeit in Brazzaville seine Programme zunächst nur noch direkt aus Frankreich ausstrahlen.

Für Ersatz sorgte schließlich 1981 das Staatsunternehmen Sofirad. Im benachbarten Gabun gründete es die Gesellschaft Africa № 1.

Im Südosten des Landes, an der Straße von Franceville nach Moanda, entstand eine Kurzwellen-Großanlage. Im Endausbau verfügte sie über fünf Sender mit jeweils 500 kW. Sie arbeiteten auch auf Frequenzen im 60-Meterband, in dem eigentlich nur mit höchstens einem Zehntel dieser Leistung gesendet werden sollte.

Africa № 1 produzierte einerseits in Libreville ein Eigenprogramm. Andererseits übernahm die unter der Standortbezeichnung Moyabi bekannte Kurzwellenanlage Sendeaufträge für externe Veranstalter.

Dabei ging es neben Radio France Internationale auch um weitere Kunden wie die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft. Besonders erwähnenswert sind die Ausstrahlungen des japanischen Rundfunks NHK, der aus Gabun seinen Auslandshörfunk ab 1984 erstmals zuverlässig in Europa hörbar machen konnte.

Mit einer Ausnahme waren hier Sender älterer Thomson-Bauart installiert. Für deren Instandhaltung gab es Nachschub, als 1997 die Kurzwellenstation Fredrikstad in Norwegen aufgegeben wurde: Africa № 1 übernahm den umfangreichen Ersatzteilfundus und den bauartgleichen Sender selbst.

2006 fiel die Sendestation in Gabun mit einer ganz besonderen Aktivität auf: Mit einem Musikband belegt wurde jene Frequenz, auf der zu dieser Zeit täglich zwei Stunden ein für Libyen bestimmtes, in London produziertes Programm aus Pridnestrowje ausgestrahlt wurde.

Das war nicht einfach ein Sendeauftrag. Vielmehr nach außen sichtbar wurde damit ein strategischer Einstieg von Libyen bei Africa № 1, der 2007 in die Übernahme von Gesellschafteranteilen mündete.

Aus einer auch erwähnten Modernisierung der Kurzwellenanlage ist dabei nichts geworden. Radio France Internationale zog sich hier 2006 zurück. 2008 beendete dann auch NHK als letzter externer Kunde die Nutzung des Standorts. Damit blieb noch ein Sender mit dem Eigenprogramm auf 9580 kHz aktiv.

Um 2014 war es schließlich auch damit vorbei. Zurück blieb eine tote Touristenattraktion. Auch sonst versank Africa № 1 mit dem Verlust seiner neuen Geldgeber in einem Siechtum, das sich in der Abschaltung weiterer Verbreitungswege manifestierte.

2018 entzog Gabun schließlich die Sendelizenz. Davon unberührt blieb die Ausstrahlung in Paris, das schon seit 1992 das zweite Standbein von Africa № 1 war. Das völlige Ende des ursprünglichen Standorts führte 2019 auch zum Ende des ursprünglichen Namens. Der Sender tritt nun als Africa Radio auf.

 

Autor: Kai Ludwig