Global Solutions Summit - Entwicklungsministerin Schulze fordert globale Milliardärs-Besteuerung

Svenja Schulze (SPD), Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung © imago images/Jens Schicke
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Wer richtig viel Geld hat, der sollte auch einen größeren Beitrag für die Bekämpfung der Ungleichheiten auf der Welt leisten - das fordert Bundesentwicklungsministerin Schulze auf radioeins. Millardärinnen und Milliardäre hätten einen großen CO2-Fußabdruck, tragen aber zu wenig zu Lösungen bei. Daher spricht sich die Bundesministerin für ein globales Einkommenssteuersystem aus. Ein gemeinsamer Standard, das würde enorm helfen, so Schulze.

Kriege, Klimakrise, wachsender Nationalismus, Migration, der Umgang mit den großen Digitalkonzernen, eine gerechte Verteilung von Wohlstand - es sind die großen globalen Herausforderungen, die in der kommenden Woche diskutiert werdenm, beim Global Solutions Summit. Ziel der Veranstaltung ist es, den Entscheiderinnen und Entscheidern in den G20 und G7 Empfehlungen auf den Weg zu geben. Über 1000 Teilnehmende werden erwartet, darunter auch die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Svenja Schulze.

Die fünf reichsten Männer der Welt, die haben ihr Vermögen seit 2020 verdoppelt. Und die Hälfte der Menschheit ist ärmer geworden."

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze

Besteuert die Superreichen, das haben Sie mit vier weiteren Ministerinnen und Ministern aus Spanien, Südafrika, Brasilien vergangene Woche in einem Gastbeitrag vom Spiegel gefordert. Warum halten Sie denn Ungleichheit für eine der wichtigsten globalen Herausforderungen?

Schulze: Man sieht ja im Moment, dass die Welt immer ungleicher wird. Die fünf reichsten Männer der Welt, die haben ihr Vermögen seit 2020 verdoppelt. Und die Hälfte der Menschheit ist ärmer geworden. Und das hat Riesenprobleme, weil zum Beispiel die Super-Multimillionäre einfach auch viel, viel mehr CO2 verbrauchen. Die haben einen Millionen-mal höheren CO2-Fußabdruck als so ein normaler Verbraucher sonst. Und diese Ungleichheiten zu bekämpfen, die auch Ursache dann sind eben für viele Konflikte und Herausforderungen, da muss man ran. Und das Steuersystem ist ein ganz wichtiger Hebel dafür.

Der Vorschlag von Brasilien ist, zwei Prozent sollen die auf ihr Vermögen zahlen, die 3000 Milliardäre, die es da gibt. So mal zum Vergleich, normaler EU-Bürger zahlt so im Schnitt 35 Prozent."

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze

Brasilien hat jetzt dieses Steuersystem vorgeschlagen, also Brasilien als Präsidentschaft der G20, eine globale Mindestbesteuerung von Milliardären. Wie könnte denn das konkret aussehen?

Schulze: Naja, erstmal fragen ja immer alle, kann sowas überhaupt gelingen, eine globale Besteuerung auf den Weg zu bringen? Und ja, das kann gelingen, das hat Olaf Scholz schon einmal geschafft, für Unternehmen, dass es eine Mindeststeuer gibt, die alle Länder erheben müssen. Jetzt haben aber viele Länder das Problem, dass sie nicht nur Unternehmen haben, sondern eben auch sehr, sehr reiche Menschen, bisher aber keine Steuersysteme haben, die diese reichen Menschen auch heranziehen. Und sich auch nicht trauen, sowas einzuführen, weil sie dann Sorge haben, dass die Menschen ins Nachbarland sozusagen gehen. Und wenn man das jetzt gemeinsam machen würde, und der Vorschlag von Brasilien ist, zwei Prozent sollen die auf ihr Vermögen zahlen, die 3000 Milliardäre, die es da gibt. So mal zum Vergleich, normaler EU-Bürger zahlt so im Schnitt 35 Prozent. Da ist der Vorschlag jetzt, mindestens 2 Prozent auf das Vermögen zu zahlen. Und das wäre etwas, das sehr, sehr viel Geld in die Kassen spülen würde, was helfen würde, die ganzen Probleme anzugehen.

Mit so einer globalen Mindeststeuer für Milliardäre, wäre das jetzt nochmal ein wirklicher Schritt nach vorne."

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze

Okay, jetzt nehmen wir mal an, wir haben dieses viele Geld plötzlich in den Kassen. Wohin soll denn dieses Geld dann fließen?

Schulze: Da wird Brasilien jetzt einen Vorschlag machen, aber wichtig ist ja erstmal, dass es gemeinsam passiert. Weil viele der, gerade der Entwicklungsländer, haben gar keine Steuersysteme, die die Reichsten in den Ländern dann auch besteuern können. Und da einen Schritt voranzukommen, also alle haben einen gemeinsamen Standard, das würde enorm helfen. Und deswegen unterstützen wir von deutscher Seite auch heute jetzt schon zum Beispiel unsere Partnerländer darin, eine Steuerverwaltung aufzubauen oder überhaupt in der Lage zu sein, Steuern zu erheben. Das mit so einer globalen Mindeststeuer für Milliardäre wäre jetzt nochmal ein wirklicher Schritt nach vorne.

Frau Schulze, aber nun ist es so, dass in Deutschland die Vermögensteuer seit 1997 ausgesetzt ist und der Bundesfinanzminister Lindner sagt, die kann sich Deutschland auch gar nicht leisten, der lehnt sie ab. Müsste denn die Bundesregierung nicht erstmal sich an die eigene Nase packen, also Sprich, Vermögen in Deutschland besteuern, bevor wir dann über eine gemeinsame globale Reichensteuer sprechen?

Schulze: Wir haben in Deutschland ja ein Steuersystem, was stärkere Schultern stärker belastet und Schwächere eben schwächer. Und das ist jetzt auch der Vorschlag von Brasilien, die sagen, diejenigen, die eben nicht mitzahlen und im Schnitt zahlen diese Milliardäre weniger als ein Prozent Steuern, die jetzt endlich mal heranzukommen. Und da ist Deutschland nicht so im Fokus, sondern viele, viele andere Länder und es eben international und gemeinsam zu tun. Und das würde allen helfen, wenn wir uns international auf sowas vereinbaren.

Aber nochmal, warum ist Deutschland nicht im Fokus?

Schulze: Weil Deutschland schon ein Steuersystem hat. Wir besteuern ja immer.

Aber keine Vermögensteuer.

Schulze: Ne, aber ein Steuersystem, ein Einkommenssteuersystem, was überhaupt erstmal Nachleistungsfähigkeit besteuert. Das haben viele andere Länder noch nicht und sie trauen sich auch nicht daran, das stärker auf den Weg zu bringen. Und deswegen ist so ein gemeinsamer Vorschlag, das voranzubringen. Ich finde, das ist genau der richtige Weg.