Handgemalte Kinoplakate und 60er Jahre Interieurs - Kino International

in Friedrichshain

Kino International
Kino International | © Yorck Kinogruppe Daniel Horn

Das zwei Jahre nach dem Mauerbau eröffnete Kino International war schon immer Avantgarde und ein Liebling der Filmschaffenden. Das einstige DEFA-Premierenhaus ist bis heute eines der wichtigsten Uraufführungskinos in Berlin und seit 1990 jährlich Spielort der Berlinale.

Legendär ist das Filmtheater auch dank seines eleganten 60er Jahre Interieurs, einem perfekt proportionierten Kinosaal und der Panoramabar mit ihrer atemberaubenden Aussicht auf die einstige Prachtstraße Ostberlins. Diese einzigartige Architektur des Hauses schätzt Thore Horch sehr. Er ist Leiter des Eventbereichs im Kino International. Das Kino war schon immer so geplant, dass es „mehr ist als nur ein Kino“, sagt Horch. Eine Zeit lang gab es eine Bibliothek im Haus. Der Raum wurde später als Clubraum genutzt und soll demnächst, in Kooperation mit der Stadt, als Ausstellungsraum genutzt werden. In einem Jugendclub über dem Saal wurden Konzerte veranstaltet. Die Panoramabar lädt jederzeit zu Getränken ein. Nicht nur die Aussicht aus der Bar bezaubert. Auch die Bar an sich mit dem warmen, braunen Parkett und den riesigen Kronleuchtern laden zum Verweilen ein.


Das International war und ist nicht nur eines der bedeutendsten Berliner Kinos, es gehört darüber hinaus zu den architektonischen Kronjuwelen der Stadt. Das heute denkmalgeschützte Gebäude wurde 1963 als multifunktionale Kulturstätte eröffnet. Unzählige DEFA-Premieren wurden hier gefeiert, festliche Bälle und Bankette fanden hier statt. Der Mauerfall tat seiner Bedeutung keinen Abbruch: Schon 1990, noch vor der offiziellen Auflösung der DDR, erhält das Kino International die Weihen zur festen Berlinale-Spielstätte. Jahrelang wird hier im Rahmen der Berlinale der Goldene Ehrenbär verliehen und regelmäßig die Russische und die Französische Filmwoche eröffnet.


Den Rest des Jahres sieht man hier europäische Filmkunst und Indie-Produktionen aus aller Welt, oft auch als Originalversion mit Untertiteln. Daneben gibt es viele Sonderveranstaltungen rund um die Fashion Week und das Gallery Weekend. Deutsche und internationale Filmpremieren locken hochkarätige Gäste wie Tilda Swinton, Sophia Loren, Patti Smith, Hanna Schygulla, Wim Wenders, Steven Soderbergh, Robert Redford oder Steven Spielberg in das Haus. Gäste kommen ins Kino International nicht nur, wenn die Filme schon fertig sind. Das in der DDR erbaute Gebäude spielte schon in diversen Netflixproduktionen und Hollywood-Filmen eine Rolle. Auch das ZDF drehte schon im Kino.

Die Geschichte des Kino International ist selbst einen Film wert. Darin würde zum Beispiel erzählt, wie am 9. November 1989 Heiner Carows „Coming Out“ Premiere feiert – eine Sensation, denn nie zuvor war in der DDR ein Kinofilm über Homosexualität gezeigt worden. Der Filmtitel sollte in derselben Nacht Programm für das Schicksal einer ganzen Nation werden: Als der Vorhang fiel, war auch die Berliner Mauer gestürzt.

 

Der Vorhang stellt ebenfalls eine Besonderheit dar. Der silberne Vorhang im Kinosaal besteht aus Samtstoff und ist zum Teil mit Pailletten bedeckt. Darüber hinaus besticht der Kinosaal durch eine weiße reflektierende Decke. Horch, der auch Besucher*innen durch das Kino führt, erzählt, dass Menschen, die zum ersten Mal den Saal betreten, häufig andächtig schweigen. Die Sicht auf die Leinwand ist von allen Plätzen gut. Unterstützend sind ab der Mitte des Saals die Stühle versetzt. Er selbst sitzt daher am liebsten in Reihe 11, Platz 14 und genießt einen Film,da er von diesem Platz er genau zwischen den Köpfen der anderen Kinozuschauer durchsehen könne.

Von 1999 bis 2014 fanden im Club International auch Tanzveranstaltungen statt. Es folgten noch einige Studentenpartys. Die Überbleibsel dieser Feiern sind diverse Diskokugeln, die noch heute im Kino International an den Decken hängen. „Zu einer bestimmten Jahreszeit und zu einer bestimmten Uhrzeit fällt die Sonne genau auf die Kugeln und lässt die Räume funkeln“, sagt Thore Horch. Das Kino sei so groß und vielseitig, dass er auch nach einigen Jahren im Kino International immer wieder neues entdeckt.

Was gibt es noch? Jeden Montagabend trifft sich hier die schwul-lesbische Community zur Filmreihe MonGay. Da ist es nur konsequent, dass die Berlinale ihr „Panorama“-Programm alljährlich hier zeigt. Und draußen, an der Fassade, grüßt die Besucher schon aus der Ferne ein wunderschöner Anachronismus: Handgemalte Kinoplakate, zeitlos und einzigartig – wie die Kinodiva selbst.

Ein Besuch allein wird hier nicht reichen!