Gänsefleisch mal Recherchieren? Warum gibt es so wenig Elite aus dem Osten?
Einen Satz, den alle Ostdeutschen kennen: "das ist eine von uns" und "das ist einer von uns". Damit alle Deutschen diesen Satz verstehen, eine Erklärung: Das wird immer wieder gesagt, wenn ein Mensch sich durch seine Leistung besonders hervorgehoben hat. Häufig mit etwas Stolz in der Stimme, ist und war die Beschreibung, besonders gerne im Sport aber auch in der Kunst oder der Politik und Technik geäußert. Ein praktisches Beispiel: Kathi Wilhelm, die erfolgreichste deutsche Biathletin aller Zeiten – das ist eine von uns. Der Politiker Gregor Gysi – einer von uns. Der wichtigste Faktor, um diese Beschreibung zu erhalten: Die Personen müssen aus dem Osten kommen. Entweder aus der DDR oder den Neuen Bundesländern.

Jeder fünfte Mensch in Deutschland stammt aus dem Osten, also 20 Prozent der Bevölkerung. Interessant wird es, wenn wir einen Blick in die Berufswelt wagen. Und zwar auf die gehobenen Posten, die Chefetage, die Elite – die Führungskräfte. Klettern wird die Karriereleiter also rauf, nimmt die Prozentzahl der gebürtigen Ostdeutschen immer mehr ab. In den oberen und obersten Bundesbehörden sind nur 13,5 Prozent der Führungskräfte gebürtige Ostdeutsche. Wenn Berlin ausgeklammert wird, sind es nur 7,4 Prozent. Bei Dax-Unternehmen wird die Zahl noch kleiner: Nur zwei von hunderten Vorständen der Dax-Unternehmen stammen aus dem Osten und selbst im Bundesverfassungsgericht stammt nur eine der sechzehn Richter*innen gebürtig aus Ostdeutschland. Wer die Hoffnung hat, dass es immerhin in der Bildung sowas wie ein ausgewogenes Verhältnis gibt, den müssen wir enttäuschen. Es gibt nur eine Universität unter Ostdeutscher Führung. Die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg. Bei 108 Universitäten in Deutschland können wir wohl von einem unausgewogenen Verhältnis sprechen. Wenn es also um gehobene Stellen geht, können Ostdeutsche selten sagen, "das ist eine von uns" oder "das ist einer von uns".
Doch warum ist das so? Und was macht das mit den Menschen? Ein Erklärungsansatz ist die Ausgangssituation nach dem Mauerfall. Neue Chefetagen wurden häufig mit Westdeutschen besetzt. Was folgte, waren zwei Generationen, die zunächst mit einer hohen Arbeitslosigkeit und folglich mit einer großen Unsicherheit in der Berufswelt konfrontiert war. Das wurde prompt an die nächste Generation weitergegeben und mündete in einer Mentalität, die in der Berufswelt vorsichtig, bescheiden und defensiv agiert – keine Eigenschaften für einen Chefsessel. Ein weiterer Faktor ist die sogenannte Selbstrekrutierung der Eliten. Führungskräfte wollen um sich ein ähnliches Milieu schaffen, besetzen also nachfolgend oder um sich herum Menschen mit gleichem Background. In diesem Falle sind es also meistens Deutsche, die im Westen und aus den alten Bundesländern kommen. Ob dies bewusst oder unbewusst passiert. Die Folge ist eine Art Ausgrenzung von Menschen, die im Osten geboren sind.
Warum gibt es so wenig Ostdeutsche in Führungspositionen? Was kann getan werden, um die Elite aus dem Osten zu fördern? Sollte überhaupt etwas getan werden? Katja Weber möchte genau das mit euch diskutieren. Am Freitag den 17.02. von 10 - 13 Uhr in "Die Weber". Melden Sie sich in der Sendung mit Ihrer Meinung oder schon jetzt auf den AB unter 0331 7099 555. Und wenn Ihr saget Ich habe auch ein gutes Thema zum Diskutieren, dann schickt eure Themenvorschläge für künftige Sendungen an dieweber@radioeins.de