Bölschestraße - Streetview

Bölschestraße - Streetview
Bölschestraße - Streetview

Die älteste Brauerei der Stadt und ein denkmalgeschütztes Rathaus, das neu belebt werden soll. Außerdem: ein Kino mit Kult-Faktor, eine Kirche im neogotischen Stil mit einem interessanten, architektonischen Detail und eine Theaterkasse, die früher mal ein Toiletten-Häuschen war. Geschichten über besondere Gebäude und Orte in der Bölschestraße...  

Die Bölschestraße ist ein Unikum in der großen Straßenlandschaft Berlins. Eine echte Flaniermeile, der man noch immer ansieht, dass sie dereinst von den Bürgern Friedrichshagens auch erbaut wurde, um mit den großen Alleen und Geschäftsstraßen im Zentrum Berlins mithalten zu können und den wirtschaftlichen Aufschwung dieses Berliner Randbezirkes im 19. Jahrhundert vor Augen zu führen. Und diesen Anspruch erfüllt sie bis heute.

Die 1,4 km lange und 30 m breite Straße, in deren Mitte die Straßenbahnlinien 60 und 61 verkehren, führt vom Fürstenwalder Damm, wo sich auch der S-Bahnhof Friedrichshagen befindet, zum Müggelseedamm. Die ursprüngliche, Mitte des 18. Jahrhunderts gebaute Dorfstraße wirkte noch wenig glamourös, doch ab 1871 behauptete sie sich als Friedrichstraße schon eher als Konkurrentin zu innerstädtischen Prachtstraßen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges beschlossen die neuen Ratsherren, das Herzstück von Friedrichshagen nach einem der Mitbegründer des sogenannten Friedrichshagener Dichterkreises zu benennen – dem Schriftsteller Wilhelm Bölsche (1861-1939).

Noch heute schmücken prunkvolle Gründerzeit- und Jugendstilbauten die breiten Bürgersteige, inzwischen alle saniert und bestens erhalten.

Die 2.000 Maulbeerbäume, die Friedrich II. Mitte des 18. Jahrhunderts pflanzen ließ, damit die dort von ihm angesiedelten Kolonnisten aus Schlesien und Böhmen Seidenraupen züchten und kostbare Stoffe produzieren konnten, gibt es nicht mehr. Heute säumen Linden die Straße. Lediglich 27 Exemplare des Maulbeerbaumes gibt es derzeit noch, alle angepflanzt in jüngerer Zeit. So beispielsweise an der Christophoruskirche, wo sie an den Fall der Mauer 1989 erinnern sollen.

Die Straße ist in ihrem historischen Verlauf und der Bebauung weitestgehend erhalten – eine Seltenheit im schnelllebigen Berlin - und damit seit den 1990er Jahren Teil des Flächendenkmals Friedrichshagen. Sie gilt als eine der schönsten Einkaufs-, Gastronomie- und Flaniermeilen Berlins.

Rathaus Friedrichshagen

Das Rathaus hat von jeher einen engen Bezug zur Polizei. 1886 vermachte der Polizeihauptmann a. D. Carl Bayer sein Grundstück Friedrichstraße 85 (heute: Bölschestraße 87) der Gemeinde Friedrichshagen, um dort eine Schule und Lehrerwohnungen zu bauen. Doch die Gemeinde war zu diesem Zeitpunkt rasant gewachsen, man benötigte also noch dringender als Schulen ein Verwaltungsgebäude. Und das sollte nicht nur funktional sein, sondern auch repräsentativ.

Also entstand hier 1899 das Rathaus von Friedrichshagen mit ornamentgeschmückter Fassade und vergoldetem Stuck, prächtigen Holzvertäfelungen sowie großen Wandgemälden im Inneren. Doch schon 21 Jahre später wurde Friedrichshagen der prosperierenden Großstadt Berlin eingemeindet und wurde kommunal dem Bezirk Köpenick angeschlossen. Das unterhielt zunächst noch einige Geschäftsstellen im ehemaligen Rathaus Friedrichshagen, doch nach Ende des 2. Weltkrieges wurde das Gebäude als Polizeiwache genutzt.

Das blieb auch nach der Wende so und weil das Haus nun aufwendig restauriert wurde, galt es lange Zeit als schönste Polizeiwache Deutschlands. Dieser Ritterschlag ging 2007 mit dem Auszug der Polizei verloren, seitdem steht das architektonische Kleinod leer.

Es bildete sich eine Rathaus-Initiativgruppe, getragen vom Bürgerverein, der Werbegemeinschaft Friedrichshagen und ansässigen Bürgern, die Konzepte erarbeitete und nach jahrelangen Verhandlungen mit der Liegenschaftsverwaltung des Landes Berlin 2013/14 ein Erbbaurechtsvertrag abschließen konnte.

Nun wird das Wahrzeichen von Friedrichshagen saniert, um in Zukunft nicht mehr nur als Baudenkmal, sondern vielmehr auch als Zentrum für Kultur, Bildung, Wirtschaft, Soziales, Tourismus, Kommunikation und nicht zuletzt Treffpunkt für die Friedrichshagener zu fungieren.

Quelle: http://www.rathaus-friedrichshagen.de

Christophoruskirche

Die evangelische Kirche wurde Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet und ersetzt die ehemalige, um 1800 errichtete, kleine Dorfkirche – ursprünglich nur ein Bethaus - am selben Platz gegenüber des Marktes.

Das Backsteingebäude mit kreuzförmigem Grundriss und Sitzplätzen für 1.000 Menschen wurde im neugotischen Stil erbaut. 1947 zerstörte ein Brand die ursprüngliche neugotische Wandgestaltung sowie ein Abendmahlsgemälde über dem Altar. Seitdem sind die Kirchenwände nur noch mit einfachen Anstrichen versehen.

Im Jahr 1917 wurde das Kupferdach der Kirche für Kriegszwecke beschlagnahmt und durch ein Schieferdach ersetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden einige durch Bomben beschädigte Fenster erneuert. Wirklichen Schaden erlitt das Gotteshaus erst in Friedenszeiten durch den Orkan Quimburga im Jahr 1972. Das Sturmtief, das damals in ganz Norddeutschland wütete und mehr als 70 Todesopfer forderte, riss Teile des Kirchturmes ab. Eine 64jährige Frau wurde von herabstürzenden Teilen des Giebels erschlagen. Die vom Einsturz bedrohte Turmspitze wurde drei Tage später abgerissen und durch die bis heute bestehende Satteldach-Konstruktion ersetzt.

Der jetzige Turm fiel nicht mehr so hoch und auch etwas stilwidrig aus. Im Zuge der erst 1977 abgeschlossenen Umbaumaßnahmen wurde das ebenfalls durch den Sturm geschädigte Kirchenschiff neu gestaltet.

Quellen:
de.wikipedia.org
www.christophorus-kirche.de

Brauerei Berliner Bürgerbräu

Die Tradition des Bierbrauens existiert in Friedrichshagen schon länger als der Ort selbst. Schon 1753 betrieb der Landjäger Bock auf seinem Grundstück am Müggelsee einen Ausschank. Mit der Gründung der Gemeinde kurze Zeit später verlieh Friedrich der Große dem Lehnschulzen Domänenrat Pfeiffer die Schankgerechtichkeit. Dieser baute auf dem Grundstück am Müggelsee ein Brauhaus.

Nach mehreren Besitzerwechseln übernimmt 1901 die "Einkaufsgenossenschaft der Gast- und Schankwirte von Berlin und Umgebung" die Friedrichshagener Müggelschlößchenbrauerei, um dem Monopol der großen Brauereien etwas entgegenzusetzen. Ganz ähnlich dem heutigen Trend der regionalen „Craft beers“.

1926 zerstört ein Brand das Gebäude, das aber wieder neu errichtet wird und die Produktionskapazitäten weiter steigert. Den Nationalsozialisten gefällt allerdings der Gedanke der Genossenschaft nicht, die die Produktionsstätte lieber als „Berliner Bürgerbräu AG“ weiterlaufen lassen. Nach 1945 wird der Betrieb zu einem staatlichen VEB (volkseigener Betrieb) und gehört zum Ostberliner Getränkekombinat.

Die Brauerei Berliner Bürgerbräu am Müggelsee in Berlin-Köpenick © imago/Hohlfeld
Die Brauerei Berliner Bürgerbräu am Müggelsee in Berlin-Köpenick © imago/Hohlfeld

Er bewahrt sich aber trotzdem eine gewisse Eigenständigkeit, da hier vor allem Premiumbiere für den Export auch in westliche Länder produziert wurden und damit die hochbegehrten Devisen einfuhren.

Das zur „Exportbierbrauerei Berliner Bürgerbräu“ ausgebaute Unternehmen belieferte in den folgenden Jahrzehnten über 16 Länder, wie beispielsweise Großbritannien, Kanada, Italien, Schweden sowie den gesamten osteuropäischen Wirtschaftsraum, dazu Japan und die USA mit beträchtlicher Hektoliterzahl Bier.

Nach 1990 wird der Betrieb von der Treuhand-Gesellschaft in eine GmbH umgewandelt und an die bayerische Hofmark Brauerei in Cham verkauft. Wie so oft bei Treuhand-Geschäften erweist sich auch diese Entscheidung als fragwürdig, nicht nur, weil das Oberhaupt der Eigentümerfamilie Häring ein guter Bekannter des damaligen Berliner CDU-Chefs Landowsky ist. Die Betreiber entlassen viele Mitarbeiter, kürzen die Belegschaft auf 10 Prozent, dampfen die Produktion extrem ein und machen sich so nicht viele Freunde bei den Friedrichshagenern. Die müssen dann 2010 auch erleben, dass ihre Brauerei 2010 geschlossen und die beliebten Marken, wie das „Rotkehlchen“ und das „Berliner Bürgerbräu“ an die Radeberger Gruppe verkauft werden.Zwar werden diese Marken noch immer im nebenan gelegenen „Bräustübl“ gezapft, doch gebraut wird dieses Bier in Hohenschönhausen.

Das Gebäude der Brauerei ist nun wie so viele Gebäude in Berlin nur noch eine heruntergekommene Immobilie, die irgendwann von den Besitzern an den meistbietenden Investor verkauft wird – wahrscheinlich, um dann in einen weiteren Komplex mit Luxuswohnungen umgebaut zu werden.

Quellen:
de.wikipedia.org
www.friedrichshagen.net
brauerei.mueggelland.de

S-Bahnhof Friedrichshagen

Am nördlichen Ende der Bölschestraße, wo sie auf den Fürstenwalder Damm trifft, findet man heute den S-Bahnhof Friedrichshagen.

Im Jahre 1849 wurde hier ein Haltepunkt der 1842 in Betrieb genommenen Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn eingerichtet. Die damit vorhandene schnelle Verbindung zur aufstrebenden Großstadt Berlin brachte für Friedrichshagen in den folgenden Jahren einen großen wirtschaftlichen Aufschwung: Das ehemalige Kolonnistendorf wurde von Sommerfrischlern aus Berlin und später sogar als Kurort entdeckt.

Der viergleisige Ausbau der Strecke zwischen dem damaligen Schlesischen Bahnhof (heute Ostbahnhof) und Erkner um 1900, erforderte nicht nur eine Dammaufschüttung und Hochverlegung der Gleise, sondern auch den Bau eines neuen Bahnhofes. Die Station erhielt dabei ihr noch heute vorhandenes Empfangsgebäude und den Mittelbahnsteig mit der typischen Berliner Dachstützenform.

Links:
de.wikipedia.org
www.friedrichshagen.net

Kino Union

Auf dem heutigen Grundstück Nr. 69 wurde 1872 das „Gesellschaftshaus“, also ein Tanzsaal, errichtet. Im Jahre 1913 wurde das Grundstück zu einem kinematographischen Theater mit 529 Sitzplätzen umgebaut – dem heutigen Kino Union. Damals bot es 500 Zuschauern Platz, heute haben an die 150 Menschen viel Beinfreiheit und wie in den Anfangszeiten auch Platz zum Tanzen.

Während des 2. Weltkriegs wurde der Spielbetrieb durch Bombenschäden unterbrochen. Nach der Wiedereröffnung in den frühen 50ern brach zudem ein Feuer aus und ruinierte Teile des Objekts. Doch das auch zu DDR-Zeiten beliebte Kino stand erst nach der Wende vor dem Aus. 1995 glücklicherweise noch unter Denkmalschutz gestellt, wurde es 1998 dennoch geschlossen.

Denkmal des Union Filmtheaters in der Bölschestraße © imago/Gerlinde Schmidt
Denkmal des Union Filmtheaters in der Bölschestraße © imago/Gerlinde Schmidt

Schon 1994 hatte der Fernsehmoderator Wolfgang Lippert das Kino von der Treuhand übernommen mit der Auflage, den Kinobetrieb weiterhin zu sichern. Doch es haperte an Ideen und Geld, weshalb Lippert das Gebäude nur fünf Jahre später abreißen und stattdessen ein gewinnbringendes Büro- und Geschäftshaus dorthin setzen wollte. Das verhinderten die kampferprobten Friedrichshagener, doch Streitigkeiten um erst zugesagte und dann doch nicht bewilligte Förderungen zögerten eine Nutzung des Kinos jahrelang hinaus, bis der kinobegeisterte Architekt Matthias Stütz 2006 das Gebäude kaufen konnte und seitdem Stück für Stück liebevoll saniert. Sein ambitioniertes Film-Programm und die vielen kulturellen Veranstaltungen und Partys kommen gut an bei den Friedrichshagenern, die außerdem weit fahren müssen bis zum nächsten „Lichtspielhaus“. 

Hai-Alarm am Müggelsee, Fototermin mit dem Filmteam im Seebad Friedrichshagen © imago/foto-ritter.de
Hai-Alarm am Müggelsee, Fototermin mit dem Filmteam im Seebad Friedrichshagen © imago/foto-ritter.de

Einer der größten Hits im Union: Die Komödie „Haialarm im Müggelsee“ aus dem Jahr 2013 von Leander Haußmann und Sven Regener, der u.a. in der Bölsche gedreht wurde.

Links:
www.morgenpost.de
www.friedrichshagen.net