Radioday Fluchtpunkte - Exil in Berlin © IMAGO/ZUMA Wire
IMAGO/ZUMA Wire

Am 7. April 2023 von 9 bis 21 Uhr auf radioeins - Fluchtpunkte - Der Radioday "Exil in Berlin"

Woher kommst du? Eine alltägliche Frage, ein gängiger Gesprächseinstieg. Menschen neigen nun mal dazu, sich über ihre Heimat zu definieren - was zu traumatischen Erfahrungen führen kann, wenn sie ihnen genommen wird, wenn sie vertrieben werden, fliehen müssen. Und dann? Dann gehen sie ins Exil - ein schillernder Begriff, der für Verbannung genauso steht wie für Zuflucht, für Ausweglosigkeit genauso wie für die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Und für Heimweh, denn wer seine Heimat nicht freiwillig verlässt, kann sie meist nur schwer hinter sich lassen. Kann man überhaupt ankommen, wenn man nie wegwollte?

Berlin war im 20. Jahrhundert gleichermaßen Stätte der Vertreibung wie Stätte der Zuflucht. Beides ist untrennbar mit der Stadtgeschichte verbunden - der zwölfjährige Terror der Nazizeit, Verfolgung und Deportationen, aber auch die jüngste Rolle als hippes Zentrum eines freien Europas, Anziehungspunkt für Menschen aus aller Welt - auch für solche, die lieber zu Hause geblieben wären.

An Karfreitag widmet radioeins der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Exilstadt Berlin einen Thementag und lässt Menschen zu Wort kommen, denen in ihrer Heimat die Stimme verboten wurde. Wie leben sie hier? Was beschäftigt sie? Was sind ihre Träume? Wie blicken sie aus der Entfernung auf die alte Heimat - und kann Deutschland je eine neue (Heimat) werden? Ein Spaziergang mit dem in Berlin lebenden türkischen Starjournalisten Can Dündar, die Literatur-Nobelpreisträgerin Herta Müller über die Pläne für ein Exilmuseum und der alltägliche Kampf von Geflüchteten um einen Platz in der deutschen Gesellschaft – „Fluchtpunkte - der Radioday Exil in Berlin“, am 7. April von 9 bis 21 Uhr auf radioeins, moderiert von Stephan Karkowsky, Katja Weber und Sophia Wetzke. Zum Ausklang gibt es ein Musikspecial mit Milena Fessmann.

Beiträge

Gilda Sahebi © IMAGO / ecomedia/robert fishman
IMAGO / ecomedia/robert fishman

Radioday Fluchtpunkte - Exil in Berlin - Gilda Sahebi: "Es gibt wirklich überhaupt keinen Grund, irgendwie noch naiv gegenüber dem iranischen Regime zu sein"

Für "Frau, Leben, Freiheit" gehen die Menschen im Iran seit einem halben Jahr auf die Strasse. Und dies, obwohl das Regime mit brutaler Härte gegen Demonstrierende vorgeht. Die deutsch-iranische Journalistin Gilda Sahebi ist eine der zentralen Stimmen, die aus Europa über den Iran berichten. Als Dreijährige musste sie aus dem Land fliehen, mit 14 hat sie ihre ursprüngliche Heimat zuletzt gesehen. In den aktuellen Protesten sah sie lange feministische Weltgeschichte. Wie sie inzwischen die Lage im Iran beurteilt, darüber sprachen wir mit ihr.

Radioday Exil © imago/ Rolf Poss
imago/ Rolf Poss

Radioday Fluchtpunkte - Exil in Berlin - Exil und Religion

Für viele geflüchtete Menschen spielt Religion eine sehr große Rolle. Es gibt Menschen, die aufgrund ihrer Religion fliehen mussten. Manche wenden sich auch durch ihre Erlebnisse von ihrer Religion ab. Über die Problematik von Flucht und Religion sprechen wir mit Dr. med. Norbert Mönter vom Gesundheitszentrum für Flüchtlinge in Berlin.

 

Mikrofon im radioeins Studio
radioeins

Radioday Fluchtpunkte - Exil in Berlin - Netzwerk "Academics in solidarity"

Das deutsche Hochschulwesen mit der entsprechenden Forschungslandschaft ist nun wirklich nicht ganz unterkomplex und auch für deutsche oder deutschsprachige Post-Docs kein sicherer Hafen. Den Einstieg in die deutsche Hochschullandschaft erleichtern will das Netzwerk "Academics in Solidarity" mitaufgebaut an der Freien Universität Berlin hat das Florian Kohstall, er ist an der FU Berlin zuständig für internationale Kooperationen.

 

Ein Abend für Can Dündar
radioeins

Radioday Fluchtpunkte - Exil in Berlin - Can Dündar

Das Klima in der Türkei wird seit Jahren immer repressiver. Die Beliebtheitswerte von Präsident Erdogan sinken, das schwere Erdbeben im Februar hat diesen Prozess beschleunigt. “Reporter ohne Grenzen” sieht die Türkei inzwischen auf Platz 149 von 180 beim Thema Pressefreiheit. Auch der Journalist Can Dündar musste 2016 sein Land verlassen, weil er illegale Waffendeals der türkischen Regierung Richtung Syrien offengelegt hatte und dafür später zu insgesamt 27 Jahren Haft verurteilt worden war.

weiterschreiben.jetzt
weiterschreiben.jetzt

Radioday Fluchtpunkte - Exil in Berlin - Initiative Weiterschreiben

Weiter schreiben – das ist der erklärte Wunsch von Exilschriftsteller*innen und der Name eines Internetportals, das ihnen genau diese Möglichkeit bietet. Dadurch, dass alle Texte eigens ins Deutsche übersetzt werden, ermöglicht die Plattform zugleich, weiter gelesen zu werden. Seit 2017 gibt es die Initiative des Vereins „Wir machen das“. Künstlerische Leiterin ist die Autorin und Aktivistin Annika Reich.

Radioday Exil © imago/Sabine Gudath
imago/Sabine Gudath

Prof. Dr. Nazan Maksudyan - Wissenschaftler im Exil

Die Türkei und ihre Kritiker - ein ganz schwieriges Kapitel. Vor fünf Jahren scheiterten Teile des türkischen Militärs mit einem Putschversuch gegen die Regierung Erdoğan. Seitdem sind die Machthaber in Ankara sehr misstrauisch gegenüber Kritikern. Auch viele Wissenschaftler geraten in Konflikt mit dem Regime und müssen das Land verlassen, so auch Prof. Dr. Nazan Maksudyan.

Die Schriftstellerin Herta Müller © imago images / Metodi Popow
imago images / Metodi Popow

Radioday Fluchtpunkte - Exil in Berlin - Herta Müller und das Exilmuseum

Herta Müller ist Literatur-Nobelpreisträgerin und eine Frau, die ihre Heimat verlassen musste. Sie wuchs als Teil der Banater Schwaben, einer Deutschen Minderheit, in Rumänien auf. Ihr Leben und Schreiben ist geprägt von der rumänischen Diktatur - Repressalien, Bedrohungen und Verleumdungen gehörten zu ihrem Alltag. 1987 reiste sie aus und ging in Deutschland ins Exil und kehrte auch nach dem Sturz des rumänischen Diktators nicht in ihre Heimat zurück. Die Erfahrung von Gewalt, Verlust der Würde und Heimatlosigkeit ziehen sich als Gedanken durch nahezu alle ihre Texte. Nun setzt sie sich in Berlin für ein Museum ein, das sich eigens dem Thema Exil widmet. Vor zwei Wochen wurde eine Art Vorgeschmack und Labor für ein solches Museum eröffnet: Die “Werkstatt Exilmuseum”.

Ein Kind steigt in einen Zug © IMAGO / Reichwein
IMAGO / Reichwein

Psychologie - Trauma Heimatverlust

Die erste überlieferte Erfahrung von Heimatverlust findet sich in der Bibel, im Alten Testament: die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies. Daraus resultiere „ein tiefes Bedürfnis nach Beheimatung“, schreibt der Aachener Psychoanalytiker Thomas Auchter in seinem Essay „Der Mensch im Spannungsfeld zwischen Heimatverlust, Heimatlosigkeit, Heimweh und Heimatsuche“. Wie auch viele Deutsche kennt er das Thema aus eigenem Erleben: Auchter wurde 1948 in West-Berlin geboren und ist nach dem Mauerbau 1963 mit seinen Eltern nach Westdeutschland geflüchtet.

Alte Lederkoffer © IMAGO / Maximilian Koch
IMAGO / Maximilian Koch

Radioday Fluchtpunkte - Exil in Berlin - Flucht aus und nach Berlin in Vergangenheit und Gegenwart

Berlin war im 20. Jahrhundert gleichermaßen Stätte der Vertreibung wie Stätte der Zuflucht. Beides ist untrennbar mit der Stadtgeschichte verbunden: Der zwölfjährige Terror der Nazizeit, Verfolgung und Deportationen, aber auch die jüngste Rolle als hippes Zentrum eines freien Europas. Berlin war und ist Anziehungspunkt für Menschen aus aller Welt – das schließt jene ein, die lieber zu Hause geblieben wären. Deren Geschichten dokumentiert und erzählt das „We Refugees“-Archiv. Wie genau, das besprechen wir mit Anna-Elisabeth Hampel, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Träger Minor - Projektkontor für Bildung und Forschung.

Mann mit "britischem" Regenschirm auf einer Straße in Berlin © IMAGO / STPP
IMAGO / STPP

Radioday Fluchtpunkte - Exil in Berlin - Briten in Berlin

Durch den Brexit sind auch viele Briten zu Exilanten in Berlin geworden. Das English Theatre Berlin setzt sich auch damit und mit der EU und deren Migrationspolitik auseinander. Wir sprechen mit Daniel Brunet, Producing Artistic Direktor am English Theatre Berlin.

Radioday Exil © imago/ Rolf Poss
imago/ Rolf Poss

Radioday Fluchtpunkte - Exil in Berlin - Psychologische Hilfe für Flüchtlinge

Neben dem Verlust der Heimat und der Fluchterfahrung haben viel Flüchtlinge mit Traumatisierungen zu kämpfen. Das Problem sind nicht nur die Erinnerungen an sich, sondern auch mögliche plötzliche Retraumatisierungen. Wir sprachen darüber mit Götz Mundle, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und ärztlicher Leiter des Gesundheitszentrums für Flüchtlinge.