Joseph Beuys © imago/Leemage
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Die Joseph Beuys-Kurzbio - Aus dem Leben eines Kunstrevoluzzers

Joseph Beuys wird am 12. Mai 1921 in Krefeld geboren, wenige Monate nach seiner Geburt zieht die Familie um ins niederrheinische Kleve. Sein Vater ist Kaufmann und Futtermittelhändler. Auf dem Gymnasium in Kleve fällt Beuys Talent zum Zeichnen auf. Nach dem Abitur soll er Medizin studieren.

Militärzeit

Doch der 20jährige Beuys meldet sich 1941 freiwillig zum Militärdienst und absolviert eine Ausbildung zum Funker bei der Luftwaffe. Während seiner Einsätze als Fallschirmjäger wird Beuys mehrfach verwundet und überlebt einen Sturzkampfflugzeugabsturz auf der Krim schwer verletzt.

Um diesen Kriegsunfall erfindet er später die wundersame Rettung durch Krimtartaren, die ihn angeblich in Filz und Fett gehüllt und damit vor dem Tode gerettet hätten. Tatsächlich verbringt Beuys mehrere Wochen in einem Feldlazarett. Beuys Kriegserfahrungen und schwere Verletzungen prägen ihn nachhaltig.

Studium
1947 beginnt Beuys ein Bildhauerei Studium an der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf bei dem damals namhaften Bildhauer Ewald Mataré und wird dessen Meisterschüler. Mitte der 50er Jahre fällt Beuys in eine schwere Depression. Er hört auf mit der Bildhauerei und zieht zu einer befreundeten Bauernfamilie in die Nähe von Kleve und arbeitet mehrere Monate auf dem Feld. Die Bauersfamilie pflegt Beuys und bestärkt ihn darin, wieder zu zeichnen.

Beuys denkt über einen neuen Kunstbegriff nach. 1957 beschäftigt er sich mit Naturwissenschaftlichen Büchern und liest Rudolf Steiner. Beuys ist fasziniert von den philosophisch-esoterischen Texte des Anthroposophen. Beuys möchte fortan für eine von Steiner geforderte geistige Erneuerung der Gesellschaft eintreten. „Die Revolution sind wir“ proklamiert Beuys.

1961 wird Beuys Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf.
Im Umfeld der Fluxus Bewegung beginnt Beuys, sein Konzept der Aktionskunst zu entwickeln und experimentiert mit bis dahin kunstfremden Materialien: Filz, Kupfer, Fett und Honig. 1964 wird er zum ersten Mal zur Documenta nach Kassel eingeladen. Seine Kunstperformances und Aktionen sind aufgeladen mit komplexen, symbolhaften und rituellen Handlungen; das Publikum ist fasziniert und entsetzt. Beuys setzt auf die intuitiven Fähigkeiten des Publikums, seine Kunst könne und solle nicht rational verstanden werden, sagt er.

Im November 1965 findet in einer Düsseldorfer Galerie die Aktion „Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt“ statt. Das Publikum schaut von draußen durch ein Fenster zu, wie der mit Blattgold und Honig bedeckte Beuys mit einem toten Hasen auf dem Arm von Kunstwerk zu Kunstwerk geht und dem Tier die Kunst erklärt. Erst nach drei Stunden wird das Publikum in die Galerie gelassen. Die Performance gilt als Höhepunkt des von Beuys ausgerufenen erweiterten Kunstbegriffs.

Beuys wird durch seine öffentlichen Auftritte und Vorträge immer bekannter und ist zwischenzeitlich der meistfotografierte Künstler der Bundesrepublik. Kritiker werfen Beuys Scharlatanerie und völkischen Mystizismus vor. Er selbst sieht sich als Schamane, der mit Kunst zur Heilung der Gesellschaft beitragen kann. Es geht ihm stets um die Kernfrage: welche Aufgaben hat Kunst und wie kann sie die Gesellschaft verändern?

Ab 1961 ist Joseph Beuys Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf. Er betreut in seiner Klasse ungewöhnlich viele Studenten. Denn er findet, dass jeder, der den Wunsch hat, Kunst zu studieren, nicht durch komplizierte und ungerechte Zulassungsverfahren daran gehindert werden sollte. Joseph Beuys ist beinahe täglich in der Akademie und selbst samstags und in den Semesterferien für seine Studenten da.

Im Sommer 1971 nimmt Beuys alle Studenten an, die von anderen Professoren abgelehnt werden, und hat damit über 400 Studenten in seiner Klasse. Das Verhältnis zwischen Kunstakademie und Beuys wird immer angespannter. Schließlich kündigt das Wissenschaftsministerium NRW Beuys, nachdem er mit Studenten das Immatrikulationsbüro der Hochschule besetzt hat. Das öffentliche Interesse am Rauswurf ist gewaltig, Studenten, Künstler und Schriftsteller wie Martin Walser und Heinrich Böll setzen sich für Beuys ein. Beuys klagt und gewinnt: er darf ein Atelier an der Akademie und seinen Professorentitel behalten.

„Erweiterter Kunstbegriff“
In den frühen 70er Jahren prägt Beuys seinen „Erweiterten Kunstbegriff“. Indem er jede Form menschlicher Kreativität als künstlerischen Akt bezeichnet, formuliert er sein berühmtestes Zitat: „Jeder Mensch ist ein Künstler.“ Diesen Satz wird er fortan immer und immer wieder öffentlich erklären. Im Laufe der 70er Jahre steigt Beuys auch international in die erste Liga der zeitgenössischen Künstler auf, 1979 zeigt das Guggenheim Museum in New York eine große Beuys Retrospektive.

Beuys und die Grünen
Es ist auch das Jahrzehnt, indem Beuys sich immer mehr politisch engagiert. Er setzt sich ein für die Ökologische Bewegung und kandidiert 1980 für die Grünen bei der nordrhein-westfälischen Landtagswahl. 1982 beginnt Beuys auf der documenta 7 in Kassel mit seiner Skulptur „Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung (7000 Eichen)“. Das Ende der aufwändigen Pflanzaktion erlebt er nicht mehr. Bis zu seinem Tod sind 5500 Eichen gepflanzt, neben jedem Baum steht eine Basaltstehle. Den letzten Baum pflanzt sein Sohn Wenzel während der 8. documenta 1987. Die Baum-Stein-Paare stehen bis heute in Kassel.

Mitte der 80er Jahre verschlechtert sich der Gesundheitszustand von Beuys. Kurz vor seinem Tod hält er im November 1985 mit „Sprechen über das eigene Land: Deutschland“ eine Grundsatzrede in den Münchner Kammerspielen. Er thematisierte dabei noch einmal seine Theorie, dass „jeder Mensch ein Künstler“ sei. Im Januar 1986 wird ihm der renommierte Wilhelm-Lehmbruck-Preis in Duisburg verliehen. Elf Tage später, am 23. Januar 1986, stirbt Joseph Beuys im Alter von 64 Jahren in seinem Atelier in Düsseldorf-Oberkassel nach einer Lungenentzündung an Herzversagen. Seine Asche wird in der Nordsee bestattet.

Joseph Beuys gilt heute als eine der prägendsten Künstler des 20. Jahrhunderts.