re:publica 2023 - Bar oder mit Karte? Warum wir neue Infrastrukturen des Geldes brauchen
Bar oder mit Karte? Oder doch per App oder Krypto-Wallet bezahlen? Wenn es um das Geld geht, fehlt in Deutschland soziale Fantasie, Innovations- oder gar Risikobereitschaft. Diesen Zustand nimmt Sebastian Gießmann nicht länger hin und fragt: Welchen digitalen Euro braucht unsere Zivilgesellschaft?
Spätestens seit der Etablierung des Bitcoins herrscht "trouble in moneyland". Alte Gewissheiten stehen infrage, neue Infrastrukturen, tokens, Gelder werden entwickelt. Geld ist zu Datengeld geworden. Um die Herrschaft der konsumorientierten Bezahldienste ist ein globaler Kampf entbrannt. Afrika und China haben die Maßstäbe in Sachen mobiles Bezahlen und Super-Apps gesetzt. Facebook ist mit der Einführung einer eigenen Weltkryptowährung – vorerst – gescheitert. Und jenseits des Mainstreams haben Künstler*innen, Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen im MoneyLab ausgelotet, wie man digitale Gelder als Kooperationsmedien neu erfinden müsste. Demgegenüber sind die Staaten und ihre Nationalbanken weitestgehend konservativ geblieben, inklusive der Europäischen Union und der EZB.
Aber der "trouble in moneyland" ist längst in den europäischen Zivilgesellschaften, die zwischen Bargeldlosigkeit und Cash schwanken, angekommen. Die Covid-19-Pandemie hat die Bargeldnutzung weiter abgeschmolzen. Alte, kartenbasierte digitale Infrastrukturen werden mittlerweile von US-amerikanischen Anbietern dominiert. Neue digitale Infrastrukturen in kommerziellen Social Media folgen den datenökonomischen Spielregeln der Plattformökonomie. Fintech ist Mainstream und Teil des Finanzsystems geworden. NFTs stützen die bestehenden Kräfte des globalen, nun auch digital fungierenden Kunstmarkts. Krypto ist ökologisch desaströs und spekulativ überreizt.
Quelle: re:publica