US-Sender für Kuba - Entlassungen bei Radio Martí

TV Martí, Isabel Cuervo
Der Skandalbeitrag von 2018 | © Radio Martí

Wegen der immer weiteren Kürzung seines Budgets hat Radio Martí, der Kuba-Sender des Auslandsrundfunks der USA, bereits die Zusammenarbeit mit zahlreichen freien Mitarbeitern beendet. Nun sollen im November auch 20 bis 30 der jetzt noch etwa 65 Festangestellten entlassen werden.

Kritik der Gewerkschaft AFGE gilt dabei nicht nur dem Vorgehen an sich, sondern auch der Rollenverteilung in der verbleibenden Belegschaft: Eine Planung mit 40 Stellen sieht nicht weniger als 13 Verwalter des Programms vor.

Die Gewerkschaft appelliert an die USAGM, die Dachbehörde der Auslandssender, sich beim Kongress für eine ausreichende Finanzaustattung von Radio Martí einzusetzen. Dort findet der Sender nach einer Reihe von Skandalen kaum noch Unterstützung.

Aus der Szene der Exilkubaner in Miami wird die bevorstehende Entlassungswelle als weitere Facette einer bei Radio Martí allgegenwärtigen Zensur interpretiert. Als Beispiel für diese Zensur heißt es, die Wörter „Regime“ und „Diktator“ seien verboten und durch „Regierung“ bzw. „Präsident“ zu ersetzen.

Das ist allerdings eine umstrittene Behauptung. Eine frühere Direktorin von Radio Martí, Maria González, sprach von einer „vulgären Lüge“. González selbst war von dieser Szene aus dem Amt gemobbt worden. Ihr Nachfolger wurde der frühere Oberbürgermeister von Miami, Tomás Regalado.

Tomás Regalado, 6. Juni 2018
Die Einführung von Tomás Regalado durch den heutigen Präsidenten von NPR, John Lansing | © BBG

Als Kronzeugin für die Zensurvorwürfe zitiert wird jetzt ausgerechnet Isabel Cuervo, jene frühere Mitarbeiterin, die mit einem Beitrag dem Ruf des Senders besonders großen Schaden zugefügt hatte.

Präsentiert wird Cuervo dabei als „renommierte investigative Journalistin“. Im fraglichen Fall beschränkte sich ihre Rechercheleistung darauf, sich bei Judicial Watch zu bedienen; jener Gruppierung rechter Aktivisten, die sich zum Beispiel für 380.000 Dollar von Stephen Bannon einen Werbefilm produzieren ließ.

2017 begann Judicial Watch mit der Veröffentlichung einer Serie von Artikeln über George Soros. Daraus baute Cuervo einen Beitrag, in dem unter anderem die Formulierung „nicht praktizierender Jude mit flexibler Moral“ erschien. In ihrer Anmoderation sprach Cuervo von „George Soros, dem jüdischen Multimillionär aus Ungarn“.

Die Berichte über diesen Beitrag trafen die USAGM völlig unvorbereitet. Als Sofortmaßnahme wurden Cuervo sowie der damalige Nachrichtenchef vom Dienst suspendiert und von Sicherheitskräften abgeführt.

Es handelte sich nicht um einen völlig isolierten Einzelfall. So fand sich auch ein Kommentar über die „Islamisierung Europas“, die für die USA eine größere Gefahr darstelle, als es die Nationalsozialisten in den 40er Jahren gewesen seien.

Regalado räumte selbst ein, auf tiefgreifende Änderungen als Bedingung für eine weitere Unterstützung von Radio Martí durch den Kongress verwiesen worden zu sein. Als sich auch noch ein angeblicher Anschlag auf einen Drehstab als Inszenierung des eigenen Sohns herausstellte, konnte Tomás Regalado senior sich nicht mehr im Amt halten.

Tomás Regalado: Esta foto fue tomada en las called de Managua muy cerca de la universidad cuando un joven disparó un mortero casero y aterrizó A 2 piez de donde me encontraba.
Der Fake im Facebook-Profil von Tomás Regalado junior | © Facebook

Sichtbar wurden die beginnenden Kürzungen im Mai 2020: Nach Jahrzehnten endete die durchgehende Kurzwellenausstrahlung von Radio Martí. Dabei kam es sogar noch glimpflich davon; die neu eingeführte nächtliche Sendepause ist, zumindest bis jetzt, nun doch keine acht Stunden lang, wie es zunächst geplant war.

2021 folgte die nächste Zäsur: Die Abschaltung des als „Fernsehsender, den niemand sehen kann“ verspotteten TV Martí. Zwar produziert Radio Martí weiterhin Videobeiträge. Sie werden jedoch nicht mehr als lineares Fernsehen gesendet.

Nicht bekannt ist, wie es nun mit den terrestrischen Hörfunksendungen weitergeht. Deshalb sei hier das Sendeschema angegeben, wie es bis zum Ende der Mitteleuropäischen Sommerzeit am 29. Oktober 2022 gilt:

12.00-14.00 Uhr: 6030, 7335, 9805 kHz
14.00-15.00 Uhr: 7335, 7365, 9805 kHz
15.00-16.00 Uhr: 7335, 7365, 13605 kHz
16.00-22.00 Uhr: 11860, 11930, 13605 kHz
22.00-24.00 Uhr: 9565, 11860, 11930 kHz
00.00-02.00 Uhr: 7335, 9565, 11930 kHz
02.00-05.00 Uhr: 6030, 7335, 7365 kHz
05.00-08.00 Uhr: 6030, 7335, 7435 kHz

 

Autor: Kai Ludwig; Stand vom 11.10.2022