Radio Taiwan International - Auslandsradio aus Taiwan wird erneut reduziert

Sender Tainan
Seit 2015 nur noch Erinnerung: Die Sendestation Tainan

Sparen ist auch beim traditionellen Auslandshörfunk in Taipeh die Devise. Ab August werden die linearen Sendungen weiter zurückgefahren. Die Bedienung des kleinen Kreises der Kurzwellenfans in Europa bleibt dabei erneut unangetastet.

Derzeit gibt es täglich jeweils drei Ausstrahlungen in Koreanisch, Indonesisch, Thai und Vietnamesisch sowie zwei in Englisch und Japanisch. Unter Verweis auf Kostengründe bleibt davon ab dem 1. August nur noch jeweils eine übrig.

Nicht betroffen ist, zumindest für 2023, eine seit Jahren übliche Sonderaktion: Nochmalige Direktsendungen nach Europa, im Juli mit Deutsch, danach im August ebenfalls freitags, sonnabends und sonntags mit Französisch; dies von 19.00 bis 20.00 Uhr auf 11995 kHz sowie von 20.00 bis 21.00 Uhr auf 9545 kHz.

Epoch Times: "Taiwan tears down antennae carrying uncensored news to China"
2013: Polemik der Epoch Times über den Wegfall der Sendestation Tainan

Das erinnert daran, wie die damalige „Stimme des freien Chinas“ ihr Programm in deutscher Sprache 1986 mit solchen Ausstrahlungen aus Taiwan selbst begonnen hatte.

Um die seinerzeit genutzte Sendeanlage Tainan kann es bei der jährlichen Nostalgieaktion allerdings nicht mehr gehen: Sie ist vor einem Jahrzehnt stillgelegt und abgerissen worden, begleitet von Polemik eines auch hierzulande aktiven Publikationsorgans.

Für Verärgerung auf taiwanischer Seite sorgten diese Veröffentlichungen, weil parallel Ersatz in Form der neuen Station Paochung geschaffen wurde. Weiterhin zur Verfügung stehen überdies Kurzwellenanlagen, die bis 1997 in Trägerschaft einer gesonderten Rundfunkanstalt für Sendungen in die Volksrepublik China standen.

Davon kommt die Station Tanshui/Tamsui für die Nostalgiesendungen nach Europa zum Einsatz. Genutzt werden die Vorhangantennen. Die gern gezeigten neuen Antennen haben nichts damit zu tun; sie wurden aufgebaut, um von diesem Standort auch nach Korea senden zu können.

Sofern die bisher eingetroffenen Informationen das vollständige Bild zeichnen, wird es auf den Kurzwellensendern in Taiwan bis zum Ende der Sommerzeit am 28. Oktober folgende Übertragungen von Eigenprogrammen geben:

00.00-02.00 Uhr: 6075, 6105, 9900 kHz; Hochchin.
06.00-07.00 Uhr: 15320 kHz; Kantones., Hakka
06.00-08.00 Uhr: 11815 kHz; Hochchinesisch
09.00-11.00 Uhr: 11815 kHz; Hochchinesisch
11.00-12.00 Uhr: 9400, 12065 kHz; Taiwan-Dialekt
12.00-13.00 Uhr: 12065, 13825 kHz; Kant., Ha.
12.00-13.00 Uhr: 9610 kHz; Hochchinesisch
12.00-13.00 Uhr: 11915 kHz; Indonesisch
12.00-14.00 Uhr: 6105, 11885 kHz; Hochchin.
12.00-15.00 Uhr: 9555, 9885 kHz; Hochchin.
12.00-18.00 Uhr: 6180 kHz; Hochchinesisch
12.30-13.00 Uhr: 9700 kHz; Koreanisch
13.00-14.00 Uhr: 9490 kHz; Russisch
13.00-14.00 Uhr: 9695 kHz; Vietnamesisch
13.00-14.00 Uhr: 9740 kHz; Japanisch
13.00-16.00 Uhr: 9680 kHz; Hochchinesisch
14.00-15.00 Uhr: 6105, 9735 kHz; Kant., Ha.
14.00-15.00 Uhr: 6140 kHz; Taiwan-Dialekt
15.00-16.00 Uhr: 6105, 7430 kHz; Hochchin.
15.00-16.00 Uhr: 9525 kHz; Thai
16.00-19.00 Uhr: 6075, 6145 kHz; Hochchin.
17.00-18.00 Uhr: 9540 kHz; Kanton., Haka
17.00-18.00 Uhr: 7300 kHz; Hochchinesisch
18.00-19.00 Uhr: 9405 kHz; Englisch

Bislang unangetastet ist auch, was übrig blieb, als Radio Taiwan International die Nutzung des Kurzwellenhörfunks für Europa und Afrika ansonsten 2018 beendete. Auf Afrika bezieht sich ein winziger, jetzt noch verbliebener Rest der einst umfangreichen Zusammenarbeit mit Radio France Internationale.

In Europa ergab sich ein billigeres Arrangement für die Bedienung der Kurzwellenfans: Die Sendungen wurden auf jeweils 30 Minuten gekürzt und kommen nicht mehr aus England oder Frankreich, sondern mit auf 50 kW beschränkter Leistung aus Bulgarien.

Derzeit laufen auf 5900 kHz Russisch um 19.00 Uhr und Deutsch um 21.00 Uhr, auf 6005 kHz Französisch um 21.00 Uhr und Russisch um 22.00 Uhr. Die zweite Übertragung der russischen Kurzsendung begann 2022 im Zuge einer, wie inzwischen klar ist, nur vermeintlichen Renaissance der Kurzwelle.

Die Leidenschaft für den traditionellen Verbreitungsweg wird in Taiwan nicht allseits geteilt – oder sogar in janusköpfiger Form praktiziert: Ein Radioaktivist empfahl als Berater, die deutsche Redaktion doch gleich ganz aufzulösen.

Besonders ins Auge fiel deshalb das Nachtreten einer früheren Mitarbeiterin: Die Strukturen seien „einfach zu alt“, der Sender sei unterfinanziert und biete nur begrenzte Möglichkeiten zur Weiterentwicklung.

Taiwan+
© taiwanplus.com

In der Tat geht, da Radio Taiwan International eine wirksame Außendarstellung des „Landes, das es nicht gibt“ offensichtlich nicht zugetraut wird, ein Teil der dafür bereitgestellten Mittel seit 2021 an einen anderen Betreiber: Die Nachrichtenagentur CNA.

Deren Taiwan+ ist inzwischen um einen linearen Fernsehkanal erweitert worden. Für sich sprach, wie die Autoren eines Beitrags von Al Jazeera glaubten, mit diesem Produkt sei in Taiwan erstmals überhaupt ein Auslandsmedium geschaffen worden.

Von dem bestehenden Rechtfertigungsdruck zeugt auch eine Aktion von Radio Taiwan International, die – eine im traditionellen Auslandshörfunk seit Jahrzehnten gängige Taktik – in diesem Sommer zusätzliche Hörerzuschriften generieren sollte.

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 30.07.2023