Ohne Konkurrenz zu schaffen - Neues UKW-Programm in Nordrhein-Westfalen

Köln
Hochsommer in Köln | © Kai Ludwig

Für einige Aufregung unter Radiofans sorgt derzeit etwas, das man für das Jahr 2022 nicht unbedingt mehr erwartet hätte: Die schrittweise Inbetriebnahme einer neuen UKW-Kette in Nordrhein-Westfalen. Bei der Konzipierung ihrer Bespielung wurde sorgfältig darauf geachtet, keine neue Konkurrenz zu schaffen.

Das geschah auf dem Wege der Einbeziehung aller Veranstalter, die auf dieser UKW-Kette senden wollten. Hauptgesellschafter des so geschaffenen Unternehmens sind Antenne Bayern und Radio NRW.

Die Einbindung von Radio NRW, dem Veranstalter des Mantelprogramms der nordrhein-westfälischen Lokalsender, soll nicht nur einen Durchgriff in die Programmgestaltung ermöglichen, sondern auch Geld zurück in das Lokalfunksystem lenken. Dieser Deal fand das ausdrückliche Lob des Deutschen Journalisten-Verbandes.

Das neue Programm soll von, wie es hieß, „zahlreichen“ Mitarbeitern in Köln produziert werden. Das Ziel, damit keine Hörer von den Lokalsendern abzuziehen, soll dadurch erreicht werden, das Produkt auf ein jüngeres Publikum auszurichten.

Dazu äußerten einige Beobachter bereits Zweifel, ob das gelingen wird. Ihre Skepsis stützt sich auch auf die Musikauswahl, wie sie in dem Versuchsprogramm, das auf einem Teil der vorgesehenen Frequenzen schon ausgestrahlt wird, zu hören ist.

Ein Countdown kündigt den Start des als „NRW 1“ zu präsentierenden Programms für den 1. September, 6.00 Uhr, an.

Deutschlandradio Berlin – Das Metropolenprogramm
Der Auftritt des Fusionsprogramms bis 2005 | © Kai Ludwig

Die Frequenzen wiederum haben ihren Ursprung in der Gründung des Deutschlandradios. Unter dessen Dach sendet seit 1994 aus Berlin, was nach zwei Umbenennungen heute Deutschlandfunk Kultur heißt. Dieses Programm wurde seinerzeit aus Deutschlandsender Kultur und RIAS 1 formiert.

Abseits der Frequenzketten beider Vorgängerprogramme – und selbst hier ist Sachsen ausgenommen, da dessen damaliger Ministerpräsident ab 1992 nichts mehr aus Berlin auf Sendung haben wollte, woran es deutliche Kritik auch aus der FDP gab – war dafür kaum noch mehr möglich, als einen Zoo an Kleinsendern aufzubauen.

Einen Durchbruch brachte im Ruhrgebiet schließlich der schrittweise Rückzug des British Forces Broadcasting Service. 2010 gelang es dem Deutschlandradio, die BFBS-Frequenz auf dem Großsender Langenberg, 96,5 MHz, zu übernehmen und so 13 Kleinfrequenzen abzulösen.

2011 bzw. zum Jahresende 2015 beendete der BFBS auch seine Ausstrahlungen über die Großsender Visselhövede und Braunschweig. Die dortigen Frequenzen 97,6 bzw. 93,0 MHz übernahm der Norddeutsche Rundfunk, um schwächere Frequenzen von N-Joy abzulösen.

BFBS auf 93,0 MHz
Aufgenommen 2015 auf dem Bahnhof Schandelah | © Kai Ludwig

Als letzte der altbekannten Frequenzen verblieb damit noch die Bielefelder 103,0 MHz. Die hiermit versorgte Zielgruppe war zuletzt die wohl weltweit kleinste eines UKW-Großsenders: Rund 200 Familien im Zusammenhang mit der verbliebenen Stationierung auf einem Truppenübungsplatz bei Paderborn.

Da sich die Betriebskosten so natürlich nicht weiter rechtfertigen ließen, endete am 26. Juni 2020 die Ausstrahlung über diesen Sender. Den engeren Bewegungsradius der winzigen Zielgruppe versorgen jetzt Kleinfrequenzen in Paderborn, Herford, Friedrichsdorf und Minden.

Nun ist die Großfrequenz mit in die Kette des künftigen „NRW 1“ einbezogen worden. Dem Vernehmen nach gilt auch hier, was für die Kleinfrequenzen gilt: Es ist neue Technik aufzubauen, da die einstigen Sender und Antennen nicht mehr existieren.

BFBS
Anfang 2016: Der letzte Standort von BFBS Germany in Paderborn-Sennelager | © Britische Streitkräfte, Mark Webster

Nicht mitgeteilt wurde, ob Beiträge von BFBS Germany auch jetzt noch hierzulande entstehen. Die ausdrücklich letzten BFBS-Studios in Deutschland waren Anfang 2016 in einem früheren Autohaus in Paderborn-Sennelager in Betrieb gegangen.

Zu diesem Zeitpunkt waren noch 5200 Angehörige der britischen Streitkräfte in Deutschland stationiert. Der schrittweise Abzug hatte BFBS Germany, nachdem es zwei Jahrzehnte lang aus Herford sendete, ab 2009 noch eine regelrechte Odyssee mit Zwischenstationen in Bergen-Hohne und Gütersloh beschert.

 

Autor: Kai Ludwig; Stand vom 18.08.2022