Über Sender in Bulgarien - Ein Lokalprogramm aus Alaska auf Kurzwelle

KSKO 89.5 FM
Die Rundfunkstation KSKO in McGrath, Alaska | © Dialh, CC-BY-SA

Was sehr ungewöhnlich klingt, ist das Ergebnis der besonderen Leidenschaft eines Technikers: Für eine Stunde pro Woche wird das Programm einer lokalen Rundfunkstation in Alaska über die Kurzwellensender in Bulgarien abgestrahlt.

Dieses KSKO 89.5 sendet im Inneren von Alaska, auf halbem Weg zwischen Anchorage und der Seward-Halbinsel. Die bescheidene Zentrale befindet sich in dem Dorf McGrath.

Verbreitet wird das Programm heute über acht UKW-Kleinsender. Die ursprüngliche großflächige Ausstrahlung auf Mittelwelle hatte man 2015 aufgeben müssen, da der Kraftstoff für den Generator des abgesetzten, 10 kW starken Senders unbezahlbar geworden war.

KSKO gehört zum System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks der USA. Entsprechend übernimmt es einige Sendungen des National Public Radio sowie einer Partnerstation in Fairbanks.

Eine Redaktion gibt es in McGrath mit seinen 300 Einwohnern natürlich nicht. Die täglichen sieben Stunden Eigenprogramm bestreiten der Techniker, der Bürgermeister oder eine Freiwillige, indem sie Musik abfahren und minimale Informationsanteile im Alleingang einstreuen.

Jeweils am Freitag läuft jetzt die erste Stunde der Mittagssendung von KSKO, in Mitteleuropa von 22.00 bis 23.00 Uhr, über die Kurzwellensender in Kostinbrod bei Sofia auf 5900 kHz.

Eigentlich soll auf dieser Frequenz das Programm der Gefolgschaft des 2021 verstorbenen R. G. Stair abgestrahlt werden. Das geschieht jetzt also entweder überhaupt nicht mehr, oder nur noch in einem Teil der angegebenen Sendezeit von 21.00 bis 5.00 Uhr.

Daneben genannt wird noch ein Sendeplatz von 16.00 bis 21.00 Uhr auf 9400 kHz. Empfangsbeobachtungen bestätigen dessen zumindest teilweise Nutzung.

Alaska mit Nome und Tschukotka
Ausschnitt aus einer Karte der Arktis, daher auf dem Kopf stehend: Osten mit Alaska links, Westen mit Tschukotka rechts. | © Sammlung University of Texas

Mit den beiden Diomedes-Inseln rücken die USA und die Russische Föderation bis auf vier Kilometer aneinander heran. Auch das amerikanische und asiatische Festland trennen an der Beringstraße nur gut 80 Kilometer – eine Entfernung, die auf Mittelwelle bequem überbrückt werden kann.

Zwei Missionssender in der Kleinstadt Nome versuchen, das auszunutzen. Als erster begann das von Evangelikalen betriebene KICY mit Ausstrahlungen in, wie es schreibt, „diesen oft kalten und dunklen Teil der Welt“.

Es ist ein großzügiger Umgang mit der Wahrheit, dafür ein bis über Magadan hinausreichendes Sendegebiet zu zeigen. Zwar schaltet KICY für das russische Programm auf eine Richtantenne mit drei Masten um. An die für Mittelwellensender in den USA verhängte Leistungsgrenze von 50 kW bleibt es jedoch gebunden.

Außerdem begann Mitte der 70er Jahre das katholische KNOM solche Bemühungen. Überregional bekannt wurde der Sender allerdings nicht damit, sondern durch eine Verstrickung in sexuellen Missbrauch von Kindern und dessen systematische Vertuschung.

Bekanntlich ist die in den letzten Jahren verbreitete, auch in einer früheren Fassung dieser Seite angedeutete Auffassung, darin ein spezifisch katholisches Problem zu sehen, nicht mehr zu halten.

Lawrentija an der Beringstraße
Hier hörte auch früher kaum jemand zu: Die Siedlung Lawrentija an der gleichnamigen Bucht der Beringstraße | © Ansgar Walk, CC-BY-SA

Letztlich sendete KNOM seine russischen Programme ins Nichts. Auch Vertreter von KICY erlebten eine Enttäuschung, als sie 1989 erstmals ihr zu diesem Zeitpunkt noch sowjetisches Zielgebiet besuchen und dort nur eine äußerst geringe Hörerbeteiligung feststellen konnten.

Sender Jelisowo
Blick vom Flughafen zu einem Teil der Kurzwellenantennen in Jelisowo bei Petropawlowsk | © Der.metzger2009, CC

In der Gegenrichtung gab es so etwas nicht. Den östlichsten russischen AM-Sender in Anadyr, mit den höchstens 25 kW starken Frequenzen 4030 und 693 kHz, trennten 700 Kilometer von Alaska. Für Auslandssendungen dorthin begnügte Radio Moskau sich mit der Kurzwelle, speziell der dafür ideal gelegenen Sendeanlage Jelisowo auf Kamtschatka.

World Christian Broadcasting
Werbemotiv mit den beiden Vorhangantennen der Station KNLS

Die Kombination von Alaska und Kurzwellenrundfunk ihrerseits existiert schon seit vier Jahrzehnten, allerdings in umgekehrter Form: Über Sender in Alaska werden anderenorts, und zwar in Tennessee, produzierte Programme verbreitet.

World Christian Broadcasting, die hier in Rede stehende Missionsgesellschaft, ist 1976 in Texas von Anhängern der Church of Christ gegründet worden. Eigentlich wollte man eine Kurzwellenstation auf der Antilleninsel Barbados bauen. Doch dieses Projekt scheiterte.

Zu der tatsächlich realisierten, in denkbar großem Kontrast zu den ursprünglichen Plänen stehenden Lösung führte das günstige Kaufangebot für ein Grundstück in Anchor Point auf Kenai, einer Halbinsel südwestlich von Anchorage.

Die dort errichtete Sendeanlage mit der Kennung KNLS nahm 1983 ihren Betrieb auf. Sie verfügt heute über zwei Sender und ebenfalls zwei nach Nordwesten ausgerichtete Antennenvorhänge, die den Bereich von den Philippinen bis zum Ural abdecken.

Anfang 2023 wurden erstmals auch Beiträge in koreanischer Sprache ins Programm genommen. Damit sieht der Programmablauf, bezogen auf Mitteleuropäische Zeit, bis zum Ende der Wintersaison am 30. März 2024 so aus:

09.00-10.00 Uhr: 6075 kHz; Englisch
09.00-11.00 Uhr: 7370 kHz; Chinesisch
10.00-11.00 Uhr: 9705 kHz; Russisch
11.00-12.00 Uhr: 9680 kHz; Englisch
11.00-12.00 Uhr: 9715 kHz; Chinesisch
12.00-13.00 Uhr: 9570 kHz; Russisch
12.00-13.00 Uhr: 9720 kHz; Koreanisch
13.00-14.00 Uhr: 9580 kHz; Englisch
13.00-14.00 Uhr: 9625 kHz; Englisch
14.00-15.00 Uhr: 9760 kHz; Koreanisch
14.00-16.00 Uhr: 9530 kHz; Chinesisch
15.00-16.00 Uhr: 6110 kHz; Englisch
16.00-17.00 Uhr: 9730 kHz; Chinesisch
16.00-19.00 Uhr: 9550 kHz; Russ., Chines.
17.00-18.00 Uhr: 9585 kHz; Russisch
18.00-19.00 Uhr: 9605 kHz; Russisch

Mit den nördlichen Ausläufern der Richtstrahlung wollte World Christian Broadcasting anfangs auch Europa erreichen. Diese Versuche lieferten jedoch keine brauchbaren Ergebnisse und wurden 1988 aufgegeben. Selbst sportliche Empfangsversuche sind eine Herausforderung.

Sender Mahajanga, Madagaskar
Gebäude und Antennen (drei Vorhänge zwischen den vier Masten) der Kurzwellenstation bei Mahajanga | © World Christian Broadcasting

Einzige Lösung für Sendungen nach Europa wie auch Südamerika, Afrika, Nahost und Südasien war die Erschließung eines zweiten Standorts. Nach langen Verzögerungen konnte 2016 im Norden von Madagaskar eine neue Kurzwellenanlage in Betrieb genommen werden.

Diese Station wird als „MWV“ (wie „Madagaskar World Voice“) bezeichnet. Eindrücke von ihrem Bau finden sich derzeit auf der Startseite des russischen KNLS-Programms.

Hier sind die Ausstrahlungen auf zwei Blöcke am Morgen und Abend aufgeteilt. Wiederum bis zum 30. März sieht das so aus:

03.00-05.00 Uhr: 6180 kHz; Spanisch
03.00-05.00 Uhr: 13760 kHz; Englisch
05.00-06.00 Uhr: 11825 kHz; Englisch
05.00-06.00 Uhr: 17530 kHz; Chinesisch

19.00-20.00 Uhr: 9885 kHz; Russisch
19.00-21.00 Uhr: 13670 kHz; Engl., Arab.
20.00-21.00 Uhr: 9845 kHz; Russisch
21.00-22.00 Uhr: 11965 kHz; Englisch
21.00-22.00 Uhr: 13710 kHz; Arabisch
22.00-24.00 Uhr: 9765 kHz; Portugiesisch
22.00-24.00 Uhr: 11610 kHz; Chines., Arab.

Im Falle von Russisch und von Chinesisch, dessen Ausstrahlung um 22.00 Uhr nach Europa gerichtet ist, handelt es sich um die bereits über die Mutterstation KNLS verbreiteten Programme. Das gilt auch für die englische Sendung auf 13760 kHz, sie zielt auf Südasien.

Die weiteren Sendungen stammen hingegen von externen Produzenten. African Pathways erscheint auf den englischen Sendeplätzen um 5.00, 19.00 und 21.00 Uhr. Auf Arabisch meldet sich Radio Feda. Für Südamerika bestimmt sind die Programme in spanischer und portugiesischer Sprache, La Voz Alegre bzw. Palavra Alegre.

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 28.01.2024