Aufgefallen - Ergänzung zu: Radio Vatikan macht Urlaub

Frühere UKW-Antenne von Radio Vatikan
Bereits historisches Foto von 2016: Die UKW-Antenne von Radio Vatikan | © Marsel Minga, CC0

Die hier geschilderten Entwicklungen bei Radio Vatikan reflektiert eine kritische Stimme selbst zum deutschsprachigen Angebot, das sich wahrnehmbar vom sonstigen Niveau des Hauses abhebt. Zur Berichterstattung dieser Redaktion äußerte sich der Bischof von Magdeburg, Gerhard Feige.

Die Anmerkungen aus einem Interview im September 2020 finden sich in der Sammlung der Bischofsbroschüre 2021:

„Keine Frage, es gibt zum Teil neben den Bemühungen ostdeutscher Journalisten, uns ins gesamtdeutsche Bewusstsein zu bringen, erfreulicherweise auch eine diesbezüglich sehr differenzierte und engagierte Berichterstattung westdeutscher Journalisten.
Inzwischen befragt man nicht mehr nur den vertrauten ‚Onkel in der Kolonie‘ nach seiner Einschätzung, sondern hört sich die ‚Einheimischen‘ selbst an. Vieles ist also authentischer geworden.
Andererseits kann man sich aber auch wundern, dass zum Beispiel die ‚Katholische Sonntagszeitung‘ mit dem Anspruch ‚für Deutschland‘ den Ostbistümern kaum einmal ein paar Zeilen widmet, und auch dann nur, wenn es einigermaßen den eigenen redaktionellen Vorstellungen entspricht.
Und bei Vatican News fällt neuerdings auf, dass manche kritischen Äußerungen sowohl west- wie ostdeutscher Zunge leicht systemkonform ‚zurechtgebügelt‘ werden.“

Stand vom 28.12.2021



August 2021:

Bemerkenswerte Einblicke in die Lage bei Radio Vatikan bietet eine „Stelle“ in der anderenorts erscheinenden Kolumne der Redakteurin Gudrun Sailer. In einer weiteren Würdigung des früheren, 2019 ausgeschiedenen und im Juli verstorbenen Leiters der deutschen Redaktion stolpert man über diesen Satz:

„Er durfte Rom verlassen, ehe es bitter wurde mit der Zentralisierung, Verflachung und Re-Italianisierung der Vatikanmedien.“

Antwort findet sich auch auf die Frage, was die Arbeit von Bernd Hagenkord in Rom galt:

„[...] Was wiederum im Vatikan offiziell kaum jemand zur Kenntnis nahm. Man ließ den deutschen Pater machen, Gottseidank [...]
Zur job description gehörte diese Mittlertätigkeit nicht, und sie ist anderen Spracheinheiten bei Vatican News bis heute fremd. [...]
In der päpstlichen Medienmaschinerie selbst mit ihren 600 Leuten war er ein mittelgroßes Zahnrad, deutlich hinter seinem Potential. Sein letztes Büro hier hatte vergitterte Fenster, die er mit Nichtbeachtung strafte. Wie auch anders für jemanden mit seinem Horizont?“

Weitere Anmerkungen hatte Gudrun Sailer schon Anfang 2020 gemacht:

„Im Vergleich zu anderen im Haus genießt die deutschsprachige Redaktion, so empfinden wir das immer noch, etwas größere Freiheiten. [...]
Als die kleinste der sechs großen Redaktionen von Vatican News punkten wir bei Klickzahlen, Öffnungsraten, Verweildauer und solchen Sachen. Würde sich nachweislich niemand interessieren für das, was wir so bringen, hätten wir es schwer mit der Freiheit. [...]
Wenn allerdings Radio Vatikan im Vatikan selbst nicht von allen geliebt wird, dann liegt das genau daran, dass wir eben mehr machen als Pressemeldungen zu übersetzen.
Solches Unbehagen an uns wird dann bevorzugt mit dem Kostenargument verquickt. Wir seien zu viele und zu teuer, heißt es im Vatikan hinter nicht sehr vorgehaltener Hand.
So bescherte uns die Reform der Papstmedien eine vorübergehende Umbenennung und bleibende Einsparungen.“

Noch eine weitere, zu der hier ursprünglich (siehe unten) geschilderten Beobachtung passende Bemerkung stammt bereits von 2019:

„Aber immer noch haben wir als deutschsprachiger Dienst pro Tag eine Radiosendung, nach anderer Zählung sogar zwei, aber die kürzere Sendung ist einfach die längere minus dem langweiligsten Beitrag, ich will da ganz transparent sein.“
Frühere Zentrale von Radio Vatikan
Abgesägt: Das ist seit 2018 vom Antennenträger der vatikanischen Radiozentrale noch übrig | © Sonse, CC-BY

Im Libanon gelten 40 Prozent der Bevölkerung nach wie vor als frankophon. Zugleich bekennen 35 Prozent sich zum katholischen Glauben. Die Schnittmenge daraus und die Lage im Land sollten nach landläufiger Annahme für Radio Vatikan reichen, um den Libanon als relevantes Zielgebiet französischsprachiger Angebote zu betrachten.

Trotzdem fällt die entsprechende Sendung von 18.00 bis 18.15 Uhr jetzt [Sommer 2021] kurzerhand aus. Der Sendeplatz wird nur noch mit Musik bespielt. Der Zustand soll insgesamt für den Zeitraum vom 5. Juli bis 30. August angekündigt und mit der Urlaubszeit begründet worden sein.

Besonders unverständlich ist dieses Vorgehen, weil es sich nicht einmal um einen generellen Wegfall von Sendungen am Abend handelt: Die für Afrika bestimmte Langfassung von 19.00 bis 19.30 Uhr wird nach wie vor produziert und ausgestrahlt.

Rückbau ist auch das, was sieht, wer wieder einmal einen Blick auf die Infrastruktur des Rundfunks in der Vatikanstadt wirft. Nachdem 2016 schon die Antennen der dortigen AM-Sender demontiert wurden, ist 2018 auch die UKW-Sendeantenne verschwunden.

Von wo nun das UKW-Programm für Rom kommt, bleibt zunächst hinter der Sprachbarriere verborgen. Tatsache ist der Anblick, den die ursprüngliche Zentrale von Radio Vatikan in der Leoninischen Mauer heute bietet: Der Antennenträger wurde bis auf einen Stummel mit der Richtfunktechnik entfernt.

Zugleich verschwand hier die gesamte Satellitentechnik. Auch der bisherige Hauptschaltraum von Radio Vatikan wurde aufgegeben und zum Fernsehstützpunkt in der geschlossenen Bebauung der Vatikanstadt umgezogen.

Redaktionen und Studios von Radio Vatikan berührte das alles nicht. Sie sind aus Platzgründen schon seit 1979 außerhalb untergebracht.

Die Richtfunktechnik dient der Anbindung einer 19 Kilometer entfernten Gegenstelle: Der Sendestation Santa Maria di Galeria. Sie ist nur noch auf Kurzwelle aktiv; ihre Mittelwellentechnik wurde 2012 stillgelegt und inzwischen teilweise abgerissen.

 

Autor: Kai Ludwig