Im Vorgriff auf die geplante Privatisierung - Radio Nacional in Argentinien trennt sich von 500 Mitwirkenden

Radio Nacional, Buenos Aires
Funkhaus in Buenos Aires | © Abasmalko, CC-BY-SA

Die aktuellen Entwicklungen in Argentinien machen keinen Bogen um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Radio Nacional, eingeschlossen die Regionalsender, hat sich von 500 fest-freien Mitwirkenden getrennt, teils mit offen politischer Begründung.

Formuliert wird, es handele sich um „Anpassungen“, bevor die Privatisierung von Radio Nacional und TV Pública beschlossen ist.

Das strebt der neue Staatspräsident Milei für alle Staatsbetriebe an, ausdrücklich auch für den Rundfunk. Gegen die Umsetzung dieser und weiterer Maßnahmen durch ein Notstandsgesetz gibt es Widerstand.

Am 10. Dezember war ein großer Teil der Verantwortlichen von Radio Nacional ausgewechselt worden. Zu einigen der aktuellen Beendigungen wird offen formuliert, man habe sich von „Kirchneristen“ getrennt.

Parallel kam es zu einer Wiederaufnahme der deutschen Sendungen. Sie waren seit Oktober unterbrochen, nachdem sich die zuständige Redakteurin Rayén Braun nach 34 Jahren in den Ruhestand verabschiedet hatte.

Die Produktionen des jetzt engagierten, von einer deutschsprachigen Tageszeitung in Buenos Aires gekommenen Redakteurs thematisierten in den letzten Tagen entsprechend der offiziellen Formulierung das „Omnibus-Gesetz“. Momentan ist nicht abzusehen, ob der neue Mitarbeiter selbst gleich wieder „unter den Bus kommen“ könnte.

Stand vom 14.01.2024


Sorge um die Demokratie in Argentinien, das derzeit in der Inflation versinkt, hatte Milei auch dadurch ausgelöst, die Militärdiktatur der 70er/80er Jahre zu verharmlosen und die Tochter damaliger Verantwortlicher in sein Team aufzunehmen.

In diese Zeit fällt das technische Detail aus der ursprünglichen Fassung dieser Seite. Es geht um die Fußball-Weltmeisterschaft von 1978, deren Teilnehmer die Umstände im Land auch schon damals nicht weiter störten.

Das Ereignis, eingeschlossen die Eröffnung und Siegerehrung durch Juntachef Videla, wurde zwar für die weltweite Übertragung in Farbe aufgenommen. Der damaligen Bosch Fernsehanlagen in Darmstadt bescherte das einen Großauftrag, der nicht etwa still abgewickelt, sondern anschließend stolz in einer Broschüre präsentiert wurde.

In Argentinien selbst war das so allerdings nur in einzelnen, per Leitung angeschlossenen Kinos zu sehen. Grund war die dort wie auch in Paraguay und Uruguay eingeführte Kombination des europäischen 625-Zeilen-Fernsehens mit dem amerikanischen Kanalraster, in dem für das Bild nur eine Bandbreite von 4,2 MHz zur Verfügung stand.

Dadurch ließ sich der PAL-Farbträger auf 4,43 MHz nicht terrestrisch ausstrahlen. Auch das ansonsten in der technischen Übertragung besonders anspruchslose SECAM konnte so nicht betrieben werden.

Es bedurfte deshalb des Sonderverfahrens PAL-N mit einem Farbträger auf 3,58 MHz, um das Farbfernsehen in Argentinien (und fast zeitgleich in Paraguay und Uruguay) 1980 zu starten.

Allerdings wäre es wohl auch ohne diese Besonderheit nicht viel früher dazu gekommen. So begann in Chile der Farbbetrieb mit dem längst etablierten NTSC-Verfahren des 525-Zeilen-Fernsehens auch erst 1978 (dort wieder mit etwas voreiligen Technikern).

Zugleich gab es zu diesem Zeitpunkt in Brasilien schon seit Jahren ein anderes Sonderverfahren: PAL-M, mit dem auch dem 525-Zeilen-Fernsehen ein zweites Farbsystem beschert wurde. Dessen Verkauf an Kanada soll nur knapp gescheitert sein.

Erfahrene Bildingenieure aus den USA haben dazu ihre Meinung: Telefunken Hannover tat selbst nichts anderes als das, was es in Europa als französisch-russische Abweichlerei brandmarkte.

Dabei lassen sie auch die oft erbarmungswürdige (an dieser Stelle ist gemeint: technische) Qualität älterer nordamerikanischer Produktionen nicht gelten. Diese hatte nichts mit der Anfälligkeit von NTSC gegen – innerhalb der Studioumgebung völlig vermeidbare – Phasenfehler auf der Übertragungsstrecke zu tun, sondern war schlichter Pfusch.

Bei der Einführung des terrestrischen Digitalfernsehens gelang es Brasilien dann, den Standard für Südamerika zu setzen: Fast alle dortigen Länder übernahmen ISDB-TB, die brasilianische Adaption des japanischen Verfahrens.

 

Beitrag von Kai Ludwig