Kurzwellenstation in den USA - Alex Jones nicht mehr bei WWCR

Kurzwellenstation WWCR
Blick in das Antennenfeld | © WWCR

WWCR, eine private Kurzwellenstation im US-Bundesstaat Tennessee, hat nach zwei Jahrzehnten ihren wohl bekanntesten Sendekunden verloren: Alex Jones, charakterisiert mit Begriffen wie Verschwörungsideologe oder auch schlicht Rechtsextremer.

Aus Programmunterlagen von WWCR, die der Kurzwellenexperte Dr. Hansjörg Biener aufbewahrte, verschwand die Jones-Sendung „Infowars“ im Laufe des September.

Warum die Produktion nicht mehr von WWCR gesendet wird, ist unbekannt. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bekam Jones aber nicht die Tür gewiesen, sondern hat sich umgekehrt selbst vom Medium Kurzwellenhörfunk verabschiedet.

Dieses Szenario ist bereits von Stephen Bannon bekannt. Dessen Nutzung von Kurzwellensendern in Europa blieb 2020 eine Episode von wenigen Wochen.

Die Bereitwilligkeit, auch Sendungen rechtsextremen Inhalts ins Programm zu nehmen, ist seit dessen Start im Jahre 1989 charakteristisch für WWCR, allerdings mitnichten ein Alleinstellungsmerkmal.

Wer den Gründer des Senders danach befragt, erhält lediglich eine Tirade darüber, wie WWCR eine Stimme der einfachen Leute sei. In den letzten Monaten versuchte dieser George McClintock, sein jüngstes Kind WTWW am Leben zu halten, indem er Produktionen ausstrahlte, gegen die, so formulierte es eine Polemik, Alex Jones fast noch vernünftig wirkt.

Zu breiter Bekanntheit im deutschsprachigen Europa brachte WWCR es 1993 durch Sendungen von Ernst Zündel. Für den bekennenden Nationalsozialisten war die hierzulande zwar besser als ihre Wettbewerber, aber dennoch allenfalls mäßig zu empfangende Kurzwellenstation natürlich nicht die Erfüllung seiner Rundfunkträume.

Diese sah Zündel 1996 gekommen: Es gelang ihm, beim am Rande des Untergangs stehenden Radio Moskau einen Sendeplatz auf Mittelwelle im Gebiet Kaliningrad anzumieten. Aus so schillernden Orten wie Toronto, wo er 2017 noch Nachrufe bekam, hatte er dabei kein wirksames Einschreiten zu befürchten.

Dennoch fand die „Zündelei“ aus dem einstigen Ostpreußen ein sehr schnelles Ende. Wie späteren Äußerungen – diese interessanterweise nicht in deutscher, sondern in englischer Sprache – zu entnehmen war, wurmte Zündel durchaus, von woher dafür gesorgt wurde.

Denn aus inzwischen abgerissenen Plattenbauten, tief in der einstigen DDR, gab es gewisse Kontakte. Die alarmierten Journalisten von Radio Moskau ließen sich eines der Sendebänder vorspielen, deren Inhalt die Techniker nicht verstehen konnten – und hörten mit Entsetzen, was die unbedarften Sendezeitverkäufer ihres Hauses da abgenommen hatten.

Tagesschau, 19.04.1993: Waco – Sektenzentrum abgebrannt
© ARD-aktuell

Alex Jones sieht sein Vorbild in William Cooper. Die Sendungen dieses Verschwörungstheoretikers kamen 1993 ebenfalls ins Programm von WWCR.

Ein stolz präsentiertes Archiv weist ganz bestimmte Lücken auf. Nicht mehr nachzuhören ist deshalb, wie die Vorgänge in Waco bei Cooper ein großes Thema waren. Das brachte WWCR dann doch in gewisse Bedrängnis, denn der Oklahoma-Attentäter berief sich ausdrücklich auf diesen Sendekunden.

Vor der Ausstrahlung durch WWCR gab es die Cooper-Sendungen bereits 1992 im damaligen „Becker Satellite Network“. Dessen Betreiber gehörte zu den Partnern von Allan Weiner, der 1998 die Kurzwellenstation WBCQ gründete und William Cooper sogleich ins Programm nahm.

Nach dem Tod von Cooper im Jahre 2001 übernahm ein Doyel Shamley und führte die Sendung bei WBCQ noch bis 2005 fort. 2020 wollte Shamley sich zur Wahl für das Repräsentantenhaus aufstellen lassen, wurde dann aber doch nicht nominiert.

Tru News, Rick Wiles
Rick Wiles | © trunews.com

Für einen der bisherigen Jones-Sendeplätze, von Dienstag bis Sonnabend am hiesigen frühen Morgen auf 4840 kHz, konnte WWCR mit den „Tru News“ eines Rick Wiles einen Kurzwellen-Rückkehrer gewinnen. Die Schilderung von Dr. Hansjörg Biener:

„Er verspricht The truth, the whole truth, nothing but the truth, so help us God. Er greift jedoch rechts orientierte und verschwörungstheoretische Themen auf und beansprucht, auch biblisch orientiert zu sein, was im Spektrum europäischer Theologie sicher bestritten würde. Er geht, wie am 3. Oktober 2023 zu hören war, von einem unmittelbar bevorstehenden Dritten Weltkrieg aus.“

Zu den früheren Sendepartnern von Rick Wiles gehörte 2015 die Voice of Hope mit ihrer Station KVOH in Los Angeles. Damit schließt sich ein weiterer Kreis: Nachdem George McClintock von den Plänen zur Schließung dieses Senders hörte, versuchte er vergeblich, sein WTWW als Ersatz dorthin zu verkaufen.

Nach dem Scheitern auch dieser Bestrebungen gab McClintock bereits an, WTWW aufgegeben zu haben. Dann überlegte er es sich doch wieder anders und begann immer wieder mit kurzzeitigen Tests. Eine wie auch immer geartete Strategie ist dabei nicht mehr erkennbar.

Gene Scott
Aufzeichnung im Programm der Witwe | © Gene Scott

Im Zusammenhang mit WTWW bereits kurz besprochen wurde an dieser Stelle ein anderer, halbwegs bekannter Sendekunde von WWCR: Die Witwe des 2005 verstorbenen Teleevangelisten Gene Scott. Gebucht hat sie Sendezeit auf 5935 und 13845 kHz.

Ein Kaufangebot für 36,5 Millionen Dollar brachte gerade einige beeindruckende Bilder in ein Online-Portal: Die bescheidene Hütte von Gene Scott, von der sich die Witwe 2011 noch für deutlich weniger Geld, nämlich 7,2 Millionen Dollar, getrennt hatte.

Nur noch über die Erben aktiv ist auch ein anderer Kunde von WWCR, der sich dadurch auszeichnet, außerdem die Kurzwellensender in Bulgarien zu nutzen: Der Radioprediger R.G. Stair, der eine ihm ergebene Gefolgschaft aufgebaut hatte.

Deren Buchungen liegen derzeit auf 4840 kHz morgens nach dem Programm von Rick Wiles. Weitere Sendeplätze gibt es auf 5890, 7520 und 9980 kHz. Genaue Zeiten finden sich jeweils in dem von WWCR veröffentlichten Programmschema.

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 29.10.2023