Auch zu den Mittelwellen-Füllsendern - Das weitere Vorgehen bei der BBC-Langwelle

Sender Droitwich
Sender Droitwich: Die Antenne der Langwelle 198 kHz ist zwischen zwei Masten gespannt, von denen einer wiederum als Strahler der Mittelwelle 693 kHz geschaltet ist | © Jeff Gogarty, CC-BY-SA

Über Monate war nur den zuständigen Personen bekannt, was zum 1. April 2024 aus der BBC-Langwelle 198 kHz wird. Keine zwei Wochen vor dem Termin hat die BBC nun die zentralen Fakten offengelegt.

Wie es heißt, werde es ab April kein separates Programm auf Langwelle mehr geben. Die BBC „empfiehlt, auf alternative Plattformen umzusteigen“. Auf 198 kHz wird also vorerst weiter das UKW-Programm von Radio 4 zu hören sein.

Radio Teleswitch
Empfangsgerät für das auf 198 kHz mit übertragene Rundsteuersignal | © Richard Harvey

Eigentlich wollte die BBC spätestens 2023 die Langwelle aufgeben. Dazu kam es nicht, weil die Energiewirtschaft das Signal für ihr System „Radio Teleswitch“ mitnutzt. Es steuert die gesonderte Verrechnung des zu bestimmten Zeiten, vor allem für Nachtspeicheröfen, billiger gelieferten Stroms.

Diese Stromzähler sollten inzwischen durch die als „Smart Meter“ bekannten, Mobilfunk oder anderweitige Internetanbindungen nutzenden Geräte ersetzt sein. Doch daraus ist nichts geworden. Auch jetzt sind in Großbritannien immer noch mehr als 900.000 Langwellen-Rundsteuerempfänger aktiv.

Seit 2023 hat die Energiewirtschaft die gesamten Betriebskosten der Langwelle 198 kHz zu tragen. Die vorerst weitergeführte Übertragung ihres Radio 4 bekommt die BBC also geschenkt. Dem Vernehmen nach beläuft sich der zu zahlende Betrag mittlerweile auf 6 Millionen Pfund (7 Mio. Euro) pro Jahr.

Der Branchenverband Energy UK nennt jetzt den 30. Juni 2025 als Termin, an dem das Langwellensignal definitiv abgeschaltet wird, und appelliert an die betroffenen Haushalte, aktiv zu werden.

Dort lösen diese Aufforderungen nur noch Kopfschütteln aus: Bei konkreten Anfragen heißt es entweder, man könne derzeit keine Termine anbieten, oder der Zählertausch wird sogar grundsätzlich als „noch nicht möglich“ abgelehnt.

Als Ergänzung verbreitet die BBC ihr Langwellenprogramm dort, wo der Empfang auf 198 kHz weniger gut ist, auch über insgesamt neun Sender auf den Mittelwellen 603, 720, 756, 774, 1449 und 1485 kHz.

Diese Füllsender haben nichts mit dem Rundsteuersignal der Energiewirtschaft zu tun, verlieren mit dem Entfall der gesonderten Langwellensendungen also ihre Funktion. Folglich werden sie zum 15. April außer Betrieb genommen.

Sender Lisnagarvey
Sender Lisnagarvey bei Belfast | © Dean Molyneaux, CC-BY-SA

Besonders interessant ist die Frequenz 720 kHz. Zwar läuft hier auch ein Kleinsender zur Kompensation des hohen Störpegels in London. Der bei Dunkelheit in Mitteleuropa zu hörende Signalanteil kommt aber weitestgehend aus Nordirland, namentlich aus Lisnagarvey bei Belfast.

Diese Ausstrahlung mit 10 kW bietet die letzte Möglichkeit, einen nordirischen Mittelwellensender außerhalb der Region zu empfangen. Nach deren Wegfall gibt es nur noch die Gleichwellennetze, in denen wesentlich stärkere Sender in England dominieren.

Ebenfalls bemerkenswert ist die Übertragung mit 2 kW vom Sender Aberdeen-Redmoss auf 1449 kHz. Nach deren Abschaltung verbleibt auf dieser Frequenz der ursprünglich für das Lokalprogramm aus Cambridge bestimmte, heute von der BBC für ihr Asian Network genutzte Sender in Gunthorpe bei Peterborough.

Diese Übertragung läuft mit nur 150 Watt. Es dürften somit eher zwei andere Sender sein, die künftig in Mitteleuropa dominieren: Bei Dschidda mit dem Leitprogramm des saudischen Rundfunks und, dies abends nur bis 20.20 Uhr MESZ, Bandar Torkaman am Kaspischen Meer mit den russischen und turkmenischen Auslandssendungen aus Teheran.

BBC Shipping Forecast
© BBC

Zum Langwellenprogramm gehören eine Sendung über das Geschehen im Parlament am Vortag sowie die inzwischen auf billige Studioproduktionen eingedampften Radiogottesdienste. Diese Programmpunkte wandern in den Digitalkanal Radio 4 Extra, der eigentlich als alternatives Wortangebot ohne politische Sendungen gedacht war.

Von den Seewetterberichten verbleiben nur die UKW-Ausgaben, die auch das tägliche Programm von Radio 4 eröffnen und beschließen. (Die nächtliche Übernahme des World Service verstand sich über längere Zeit als reine Auslandsversorgung, lief deshalb nur auf Langwelle und war dort ursprünglich durch lange Perioden von Stille deutlich abgegrenzt.)

Die Empfangsmöglichkeit bis hinaus auf hohe See spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle mehr. Schon 2013 winkten von der BBC befragte Yachtbesitzer ab, da sie längst Navtex im Einsatz hatten. Dafür nutzten sie die Gelegenheit, ihren Unmut über die stundenlangen Cricket-Sendungen loszuwerden. Diese werden künftig das Publikum von Radio 5 Live erfreuen.

Im Vordergrund steht bei den Seewetterberichten längst der Kultfaktor. Dieser zeigte sich schon 1993 in einer speziellen Fernsehausgabe, samt einmalig gemeinsamer Ansage des Sendeschlusses von Radio 4 und des Nachtprogramms von BBC Two.

Hierzulande konnten sich die Seewetterberichte des Deutschlandfunks nach dem Wegfall der AM-Frequenzen noch sieben Jahre halten. 2023 wurden sie schließlich eingestellt.

Die Chronik bietet auch dazu eine Besonderheit: Von 1992 bis 1993 gab es übergangsweise noch den hauptsächlich aus Radio DDR 2 hervorgegangenen Deutschlandsender Kultur, jedoch schon ohne eigene Nachrichten (diese wurden vom RIAS übernommen) und auch ohne eigene Seewetterberichte.

An deren Stelle brachte man das per Leitung ins Funkhaus Nalepastraße herangeführte Seewetter des Deutschlandfunks. Es wurde aber nicht einfach durchgeschaltet, sondern mitgeschnitten und später gesendet. Die simplen Einspielungen auf die Langwelle Zehlendorf kamen in dieser Endphase gleich aus einer für komplexe Sendungen ausgestatteten Regie (für Kenner: K2).

Über Wetterberichte hinaus haben die deutschen Rundfunkstationen spezielle Grußsendungen für Seeleute geschaffen. Das galt wiederum auch für den Rundfunk der DDR: Mehrmals im Jahr jeweils nachts, live aus dem Funkhaus Rostock über die Langwelle Zehlendorf und die Kurzwelle Königs Wusterhausen 6115 kHz.

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 24.03.2024