Südsudan - Die Abschaltung des unbekannten Kurzwellensenders

Weer Bei FM. Christian community station. Northern Bahr el Ghazal, Aweil, South Sudan.
Letzte Spuren der Onlinepräsenzen | © Tunein.com

Auch das gibt es: Aus dem Südsudan wird die Abschaltung eines bis jetzt unbekannt gebliebenen Kurzwellensenders gemeldet.

Weer Bei FM ist oder war ein Projekt kanadischer Missionare. Es sendet(e) in Northern Bahr el Ghazal, der Region um die Stadt Aweil.

Jetzt wird dem Sender die zwangsweise Schließung angedroht, da er keine Lizenz des gescheiterten Staates Südsudan besitzt. Aus dem Internet ist Weer Bei FM schon verschwunden.

Das niederländische Radio Tamazuj erwähnt in seiner Meldung auch die Kurzwellenfrequenz 4995 kHz. Diese sei ab 2022 genutzt, von Weer Bei FM (hier als „Good News Radio“ bezeichnet) aber bereits freiwillig wieder aufgegeben worden.

Südsudan
© Sammlung University of Texas

Es geht hier nicht um Radio NTC (Nehemiah Trumpet Call), dem ebenfalls vor zwei Jahren nachgesagt wurde, aus Südkorea einen 10 kW starken Sender für die Kurzwelle 11950 kHz zur Verfügung gestellt zu bekommen.

Davon war nie wieder zu hören, und die einzige Quelle dieser Behauptung, das US-amerikanische WBCQ, ist auch nicht als seriös bekannt. Jedenfalls handelt es sich um eine ganz andere Station an einem mehr als 600 Kilometer entfernten Standort, der Stadt Nimule an der Grenze zu Uganda.

Suspension of Radio Miraya
© Radio Miraya

Was jetzt Weer Bei FM widerfährt, geschah 2018 schon den UN-Blauhelmen, die, wie bei solchen Missionen fast Routine, zusammen mit der Schweizer Stiftung Hirondelle eine Rundfunkstation betreiben. Die Annahme, dafür keine Lizenz der Machthaber in Juba zu brauchen, mündete in die zeitweise Zwangsabschaltung des großflächigen UKW-Netzes.

Von 2007 bis 2015 hatte sich dieses Radio Miraya über verschiedene Sender in Europa zurück in den Südsudan abstrahlen lassen und wurde zufällig zu dem Programmveranstalter, der beim Kurzwellenrundfunk in zwei Ländern das Licht ausmachte: Erst 2011 in der Slowakei, dann 2012 gleich noch einmal in der Ukraine.

Eye Radio shut down
http://www.eyeradio.org/wp-content/uploads/2016/11/Eye-Radio-Shut-Down_Press-Release-2.jpg

Auch ein Rundfunkprodukt von Geldgebern aus dem Land der Erfinder des Staates Südsudan, nämlich den USA, sah sich 2016 mit robustem Vorgehen konfrontiert: Mitarbeiter des Geheimdienstes verwiesen alle Anwesenden der Studios und nahmen die Schlüssel an sich.

Diesem Eye Radio wurde vorgeworfen, ein „Interview mit einem Terroristen“ ausgestrahlt zu haben. Gemeint war der Warlord und zeitweise Vizepräsident Riek Machar, mit dem der Sender nicht einmal selbst gesprochen hatte; das „Interview“ war ein Fragment von 28 Sekunden aus dem Programm von Al Jazeera.

Nachdem Eye Radio den Vorfall bestmöglich herunterspielte, konnte es seine Tätigkeit nach acht Tagen wieder aufnehmen.

Rundfunkgelände in Juba
Rundfunkgelände in Juba, 2016 noch mit Beschilderung der japanischen Entwicklungshilfe | © Roman Deckert, CC-BY-SA

Beim heute als „South Sudan Broadcasting Corporation“ auftretenden Funkhaus Juba wiederum brach ein Jahr nach der Sezession der Betrieb zunächst völlig zusammen.

Danach unterstützte die japanische Entwicklungshilfe mit sechs Millionen US-Dollar den Aufbau einer technischen Infrastruktur, insbesondere von UKW- und DVB-T2-Sendernetzen. Diese blieben jedoch ein Flickenteppich. Auch der ausgefallene Mittelwellen-Großsender wurde nicht mehr repariert.

Mit dem Ende dieses Projekts trat die Volksrepublik China auf den Plan. Xinhua wollte vom Aufbau zweier Studios mit einem Wertumfang von 15 Millionen Dollar wissen. Bei CGTN wurde daraus bereits ein größeres Gebäude für 100 Millionen Dollar.

Das alles klang so, als handele es sich wiederum um Entwicklungshilfe. Völlig klar wurde jedoch nicht, ob die seinerzeit genannten Beträge nicht doch wieder rückzahlbare Finanzierungen meinten.

Den staatlichen Rundfunk des Sudan kann man in Europa jetzt noch über Satellit (13° Ost) beobachten. Die Kurzwellenfrequenz 7205 kHz verschwand Anfang 2023, noch vor dem Ausbruch des Stellvertreterkriegs.

Auch auf Mittelwelle ist nichts zu holen, schon seit Jahren nicht mehr aktiv ist der Sender 1296 kHz. Er ähnelt nicht nur den Stationen in der früheren Tschechoslowakei, sondern ist tatsächlich das Werk dortiger Lieferanten. Ob sie eine komplette Senderanlage mit 1500 kW aufbauten, ist nicht bekannt. Die Antenne blieb jedenfalls unvollständig (nur ein Mast).

Um die Einrichtungen des Rundfunks in Omdurman machte der Krieg keinen Bogen. Dies schließt das Gebäude mit dem Archiv ein, auch wenn es auf den ersten Blick nicht nach einem Totalverlust aussieht.

Dieser trat aller Wahrscheinlichkeit nach in Bagdad ein, als 2003 das Funkhaus geplündert und in Brand gesteckt wurde. Weder Einheimische noch ausländische Militärangehörige machten irgendwelche Anstalten, dagegen einzuschreiten. Anschließend sollen überall Trümmer der Studiotechnik wie auch Reste von Ton- und MAZ-Bändern sowie Filmen verstreut gewesen sein.

Nach wie vor etwas zu empfangen ist erst wieder aus Ägypten. Nur noch sehr unregelmäßig laufen dabei die Ausstrahlungen auf Kurzwelle, ohnehin seit Jahrzehnten für ihre extrem schlechte technische Qualität berüchtigt.

Damit bleibt in erster Linie die Mittelwelle. Auch hier sind ägyptische Sender leicht an den typischen Verzerrungen zu erkennen.

Dimtsi Hafash Eritrea Radio Live Stream: To access this page, you must purchase
© r1MM

Beim Blick in die weiteren Nachbarländer ist für Eritrea ebenfalls Fehlanzeige zu geben, seit 2022 der Sendebetrieb auf Kurzwelle sein Ende fand. Die Mitte der 90er Jahre von der damaligen Firma Thomcast gebaute Sendestation ist, wenn überhaupt, nur noch auf in Europa nicht hörbaren Mittelwellen aktiv.

Damit bleiben einzig die Onlinepräsenzen, die in extremem Ausmaß mit Werbung durchsetzt sind. Die Livestreams wurden gleich ganz hinter eine Bezahlschranke gestellt.

Aus Äthiopien können noch drei Frequenzen im 49-Meterband erwartet werden: 6030 kHz mit Radio Oromia aus Adama, 6090 kHz mit Radio Amhara aus Bahir Dar und 6110 kHz mit Radio Fana, einem alten Kampfsender in Addis Abeba, der 2006 in einen regulären Programmveranstalter umgewandelt wurde.

Nach einer Unterbrechung von einem Jahrzehnt kam ab 2021 auch das Hauptprogramm von Radio Äthiopien noch einmal auf Kurzwelle. Im Herbst 2023 verschwand das Sendesignal auf 7110 kHz aber wieder. Man hatte es ohnehin laufend ausgeschaltet, wenn gerade ein Sender dafür gebraucht wurde, unliebsame Programme aus dem Ausland zu stören.

Die einstigen Sonderprogramme für Eritrea waren 2018 mit dem Ende des Kriegszustands entfallen. Im Jahr darauf beendete Radio Äthiopien auch seinen regulären Auslandsdienst, der einst sogar Europa offiziell erreichen wollte.

Region um den Sudan und Südsudan
© University of Texas

Seit mittlerweile zwei Jahrzehnten Geschichte ist die Kurzwelle in Kenia.

Ebenfalls nicht mehr aktiv zu sein scheint inzwischen der Sender auf 1233 kHz. Im Vorjahr war davon die Rede, auch die Mittelwelle in Kenia ganz aufzugeben.

In Uganda ist es mit dem AM-Rundfunk seit Beginn des vergangenen Jahrzehnts vorbei.

Im früheren Belgisch Kongo, über Jahrzehnte bekannt gewesen als Zaire, sind die meisten Kurzwellenprojekte bis 2017 verschwunden. Schon wesentlich länger erledigt hat es sich mit dem AM-Betrieb des staatlichen Rundfunks.

Erwähnenswert ist die Frequenzwahl für den Kurzwellensender in Kinshasa: Obwohl er ausschließlich der Inlandsversorgung diente, lief er im zur Überbrückung größerer Entfernungen passenden 19-Meterband, was die beträchtliche Ausdehnung des Landes veranschaulicht.

Radio Kahuzi
Der bis 2021 betriebene Sender | © Radio Kahuzi

Letzte Kurzwellenstation in Kongo-Zaire war der Missionssender Radio Kahuzi in Bukavu, ganz im Osten an der Grenze zu Ruanda. Hier ist für die kommenden Monate sogar die nochmalige Aufnahme des 2021 unterbrochenen Betriebs angekündigt, zunächst ohne konkrete Aussage, ob wieder die alte Frequenz 6210 kHz belegt werden soll.

Water for Good, 6030 kHz
Die Sendeantenne, 80 km außerhalb von Bangui an der Fernstraße nach Nordwesten | © Water for Good

Tatsächlich bis heute aktiv sein könnte ein Kurzwellen-Rundfunksender in der Zentralafrikanischen Republik: Mit dem 2007 geschaffenen Missionsprogramm von Water for Good auf 6030 kHz.

Water for Good, 6030 kHz
Der Kleinsender 6030 kHz | © Water for Good

Es handelt sich wie bei Radio Kahuzi um einen vom einstigen Radio HCJB bereitgestellten Kleinsender (1 kW). Das Programm beschränkte sich jedoch stets auf die hellen Tagesstunden, womit ein Empfang in Europa von vornherein ausgeschlossen blieb.

Die AM-Sendestation des staatlichen Rundfunks in Bangui ist in der Katastrophe von 2013 untergegangen. Im Tschad wiederum wurde der Sendebetrieb auf Kurzwelle – und mehr oder weniger zeitgleich auch auf Mittelwelle – 2016 eingestellt.

Damit schließt sich der Kreis in Libyen, das bis in die 90er Jahre tagsüber vor allem im 19-Meterband zu hören war (zeitweise sogar in deutscher Sprache mit Lesungen aus Gaddafis „Grünem Buch“) und sich abends auch auf Mittelwelle teils recht deutlich bemerkbar machte.

Offenbar unterlassene Wartung der Sendeanlagen ließ die Auslandsprogramme aus Tripolis allmählich verschwinden. 2005 kam es – hier fallen Parallelen im benachbarten Algerien auf – zu einem Neustart mit dem Zielgebiet Afrika.

Funkhaus Tripolis
2011: Ein Studio im Funkhaus Tripolis | © Radio Libya

Dafür ließ man sich noch einmal komplett neue Sendetechnik aufbauen. Sie ist inzwischen spurlos aus der Landschaft verschwunden.

Für sich sprechen mag, wie 2012 der Kurzwellenexperte Wolfgang Büschel seine Beobachtungen der letzten Ausstrahlungen schilderte:

„Der Programminhalt ist weit entfernt von der Aufbruchsstimmung vom letzten Jahr, damals in französischer Sprache. Jetzt gibt es nur sehr ernste fundamentalistische Arabischprogramme zu hören. Die Zeit wurde wieder zurückgedreht, nur ohne den Operettenkönig. Jetzt um 18.35 Uhr ist der Koranprediger zugange ...“
Funkhaus Tripolis
Noch ein Bild aus hoffnungsvolleren Tagen in Tripolis | © Radio Libya

Einige Jahre später endeten auch die Ausstrahlungen auf Mittelwelle. Wie die Kurzwellentechnik bei Sabrata sucht man in Satellitenbildern deren Anlagen, insbesondere den einst fast unüberhörbar gewesenen Sender Tripolis, inzwischen vergeblich.

 

Beitrag von Kai Ludwig; Stand vom 21.04.2024