Südfrankreich - Zur Lage um die Langwellenmasten von RMC

Sender Roumoules
Sender Roumoules; von vorn nach hinten Hauptantenne 216 kHz, Reservemast 216 kHz, Antenne 1467 kHz | © Flieger-Lupo, CC

Über die 2020 abgekündigte Langwellen-Sendeanlage von Radio Monte Carlo gibt es völlig widersprüchlich anmutende, mit einer aktuellen Meldung nun aber in Übereinstimmung bringbare Informationen: Eine in letzter Zeit häufigere Einschaltung des Senders und ein in den kommenden Monaten zu erwartender Abbruch der Antennen.

Am 22. August wurden zwei Personen festgenommen, nachdem sie einen der 300 Meter hohen Masten illegal bestiegen hatten. Damit sieht es so aus, als solle die gelegentliche Einschaltung des Senders die Freunde dieser „urbanen Erforschung“ abschrecken.

Die Ausstrahlung von RMC auf 216 kHz war zum Ablauf des 24. März 2020 abgekündigt worden. Bis jetzt hält der Betreiber MMD die Anlage weiter betriebsbereit und nennt die Langwelle auch jetzt noch als Teil seines Portfolios.

Nach dem 24. Februar 2022 gab es auch lauteres Gemurmel um eine nochmalige Nutzung der Frequenz. Dabei sah letztlich aber alles nach reinem Wunschdenken aus.

Die in Rede stehende Sendestation Roumoules, auf halbem Weg zwischen Monaco und Avignon, war 1974 in Betrieb gegangen. Aufgebaut wurden eine Hauptantenne aus drei Masten, welche die Sendeenergie in Richtung des zentralen Frankreichs bündeln, und als Reserve ein vierter Mast. Das Signal erzeugten ursprünglich zwei gekoppelte Sender mit jeweils 1000 kW.

Dieser Standort ersetzte die Sendeanlage Col de la Madone, in der schroffen Gebirgslandschaft nahe des gleichnamigen Passes, etwa sieben Kilometer nördlich von Monaco auf einer Höhe von 1000 Meter. Hier hatte RMC ursprünglich 1965 seinen Langwellenbetrieb begonnen.

Nach ihrer Ablösung auf Langwelle wurde die Anlage Col de la Madone auf Mittelwellenbetrieb umgebaut. Nun liefen auf 702 kHz das italienische Programm von RMC und auf 1467 kHz Sendungen von Trans World Radio, eingeschlossen die deutschsprachigen des Evangeliums-Rundfunks.

Damit wiederum abgelöst wurde die ursprüngliche Sendeanlage von RMC. Sie war fortan nur noch auf Kurzwelle aktiv, bis es ab 2003 als Ersatz für den aufgegebenen Sender Nizza noch einmal Ausstrahlungen auf Mittelwelle gab.

Senderöhren bei Radio Monte Carlo
Souvenir des ERF zu den Ausstrahlungen über die Kurzwellenanlage Fontbonne (1966 bis 2007)

Die Kurzwellentechnik der unter der Bezeichnung Fontbonne geführten Station war ab 1960 ausschließlich für TWR bestimmt. Dabei wurden die kleineren Sender zunächst durch zwei Anlagen mit jeweils 100 kW ersetzt, denen 1982 noch ein Sender mit 500 kW folgte.

2007 beendete der ERF die Nutzung dieser Sender. Zugleich kam es zu einem Bruch der Exklusivität: Als Subauftragnehmer der Media Broadcast übertrug die Station Fontbonne nun auch Auslandssendungen von Polskie Radio. Damit war es jedoch schon 2008 wieder vorbei.

Mit dem immer weiteren Rückbau der Kurzwellensendungen von TWR in Europa waren 2011 nur noch 17,5 Frequenzstunden pro Woche übrig. Damit war der Punkt erreicht, an dem die Anlagen sich nicht mehr wirtschaftlich betreiben ließen. Sie wurden stillgelegt und 2012 demontiert.

Bis heute aktiv ist TWR hingegen in Roumoules, denn mit der beschränkten Anlage im Gebirge wollte es sich nicht begnügen. Deshalb erhielt die Station für die Frequenz 1467 kHz einen 1000 kW starken Sender und eine aus fünf Masten bestehende Antenne, die zwischen fünf Richtungen umgeschaltet werden kann.

Diese Mittelwellentechnik ging 1987 in Betrieb. Auch sie wurde von TWR finanziert, und auch hier wurde die damit verbundene Exklusivität durchbrochen: Von 2001 bis 2006 gab es Übertragungen von Radio Vatikan, das seine eigene Großmittelwelle nach robustem Einschreiten der italienischen Behörden nur noch mit geringer Leistung betreiben konnte.

Auf der Station Col de la Madone verblieb damit noch ein Tagbetrieb der Frequenz 1467 kHz mit mäßiger Leistung (40 kW). Letzter Nutzer war die Frankreich-Filiale des katholischen Radio Maria, die ihre 2007 begonnene Mittelwellenverbreitung 2016 aufgab. Seitdem ruht der Sendebetrieb an diesem Standort insgesamt.

Die Übertragung des italienischen RMC-Programms auf 702 kHz war bereits 1996 entfallen. Danach kam es noch zu Ausstrahlungen der Deutschen Welle, der Rai, wiederum von Radio Vatikan und der Stair-Sekte. Letzter Nutzer dieser 2015 endgültig abgeschalteten Frequenz war, auch dies ab 2007, China Radio International.

ERF, Steilstrahlantenne Mainflingen
War nur fünf Jahre in Betrieb: Die neue Mittelwellenantenne des ERF

Im Laufe der Jahre ging die Nutzung der Mittelwelle 1467 kHz durch TWR ebenfalls immer weiter zurück. Wenige Monate nach der Kurzwelle verließ der ERF 2007 auch diese Frequenz.

Kurz zuvor hatte der ERF in Deutschland noch drei Millionen Euro in eine neue Antenne für die Mittelwelle 1539 kHz gesteckt. Diese Investition war umsonst; die Sendeanlage bei Mainhausen wurde zum Jahresende 2011 abgeschaltet und wenige Jahre später eliminiert.

TWR seinerseits bezahlte 2009 einen Umbau der Mittelwellenantenne in Roumoules. Die Abstrahlrichtung Südwest, die zuvor ein weiter Bogen von Großbritannien bis Ägypten war, wurde in eine stärkere Bündelung auf Marokko, Algerien und Tunesien umgerüstet.

Dorthin sendet TWR derzeit täglich von 22.45 bis 24.00 Uhr ein Programm in arabischer Sprache. Von Montag bis Sonnabend geht dem ab 22.15 Uhr eine Sendung für die im Nordosten Algeriens lebenden Kabylen voran. Auch sie bekennen sich weitestgehend zum Islam, stellen ihm allerdings ihre eigene Berberidentität gegenüber.

2015 hatte TWR mit dem Entfall der AM-Sendungen nach Großbritannien und Irland die für Europa bestimmten Ausstrahlungen auf 1467 kHz schon einmal ganz eingestellt. Der Rückzug aus Albanien sorgte 2017 dann doch noch für eine Wiederaufnahme. Erstmals überhaupt aus Roumoules übertragen werden nun Beiträge in Polnisch; an Arbeitstagen von 21.45 bis 22.15 Uhr.

Allfällige Änderungen in seinem Sendeschema setzt TWR auch bei den Mittelwellen jeweils zum Beginn oder Ende der Sommerzeit in Europa um. Insofern gelten diese Angaben zunächst bis zum 30. Oktober.

Interessant sein mag der Preis, der vor wenigen Monaten für die Ausstrahlung einer zweistündigen Sondersendung aufgerufen wurde: 1500 Euro.

 

Autor: Kai Ludwig; Stand vom 23.08.2022