Auch jetzt noch - US-Auslandssender aus Deutschland

Zwar ist die redaktionelle Tätigkeit von Radio Free Europe / Radio Liberty in Deutschland, an die derzeit eine Sonderausstellung des Münchner Stadtmuseums erinnert, seit mittlerweile 27 Jahren Geschichte. Dessen Kurzwellen-Sendeanlagen in Hessen sind jedoch noch heute in Betrieb, wenn auch nur noch mit Programmen für Asien und Ostafrika.
Die Sonderausstellung kann, verteilt auf zwei Standorte, bis zum 5. März 2023 besichtigt werden.
Die beiden Sendestationen bei Biblis und bei Lampertheim übertragen, nachdem aus dem erwarteten Revival der Kurzwelle in Osteuropa nichts geworden ist, weiterhin nur noch Programme für Asien und Ostafrika; nicht nur von RFE/RL, sondern auch von der Voice of America und von Radio Free Asia:
Biblis
02.30-03.00 Uhr: 7290 kHz; VOA für Afghanistan
05.30-08.30 Uhr: 9895 kHz; RFE/RL für den Iran
07.00-08.00 Uhr: 17675 kHz; RFA Tibetisch
07.30-19.00 Uhr: 12005 kHz; RFE/RL für den Iran
11.00-14.00 Uhr: 17880 kHz; VOA Urdu
Mo-Fr 13.00-13.50 Uhr: 9370 kHz; VOA Kurdisch
15.00-16.00 Uhr: 12045 kHz; RFE/RL Usbekisch
15.00-16.00 Uhr: 15270 kHz; VOA Kurdisch
15.00-16.00 Uhr: 17585 kHz; RFE/RL Tibetisch
15.00-17.00 Uhr: 11965 kHz; RFE/RL Turkmenisch
16.00-16.30 Uhr: 15690 kHz; RFE/RL für den Iran
17.00-18.00 Uhr: 9490 kHz; RFE/RL Usbekisch
17.00-20.00 Uhr: 7495 kHz; VOA Pascht. f. Pakistan
18.00-19.00 Uhr: 7475 und 9820 kHz; VOA Kurdisch
Lampertheim
04.30-05.00 Uhr: 9825 kHz; VOA für Somalia
05.00-08.30 Uhr: 12035 kHz; RFE/RL für den Iran
06.30-16.30 Uhr: 13600 kHz; RFE/RL für den Iran
08.30-16.00 Uhr: 15690 kHz; RFE/RL für den Iran
Mo-Fr 13.00-13.50 Uhr: 12030 kHz; VOA Kurdisch
14.30-17.30 Uhr: 11695 kHz; RFE/RL für den Iran
15.00-16.00 Ur: 15490 kHz; RFE/RL Usbekisch
15.00-18.00 Uhr: 9470 kHz; RFE/RL Tadschikisch
16.00-18.00 Uhr: 13590 kHz; VOA Pascht. f. Pakistan
16.30-18.30 Uhr: 7505 kHz; RFE/RL für den Iran
17.00-19.00 Uhr: 11905 kHz; VOA für Somalia
17.30-18.30 Uhr: 9975 kHz; VOA für Afghanistan
18.00-19.00 Uhr: 9750 kHz; VOA Kurdisch
Mo-Fr 18.30-19.00 Uhr: 12040 kHz; VOA für Äthiop.
19.00-20.00 Uhr: 12040 kHz; VOA für Äthiopien
20.00-22.30 Uhr: 7505 kHz; RFE/RL für den Iran

Für diesen, gemessen an der installierten Kapazität, geringen Restbetrieb sollen die beiden Sendestationen einstweilen weiter für zusammen 5,6 Millionen Dollar pro Jahr vorgehalten werden. Die Vermutung, es handele sich um Vorsorge für den Fall eines Kriegs in der Ukraine, schien sich mit einem Betriebsversuch im Januar zu bestätigen.
Zu einer nochmaligen Anforderung der Sender kam es indes nicht mehr. Die 2016 eingestellten Ausstrahlungen in den europäischen Teil des postsowjetischen Raums wurden nicht wieder aufgenommen.
Auch der Versuch, auf die Verantwortlichen mit einer Schenkung von Sendezeit einzuwirken, blieb ohne Ergebnis. Mit seinem Unverständnis über den unterlassenen Rückgriff auf die Kurzwelle ließ sich im Frühjahr selbst der Betriebsdirektor des Auslandsrundfunks der USA zitieren.

Die Sendestationen bei Biblis und Lampertheim wurden ab 1950 für Radio Free Europe und Radio Liberty aufgebaut. Den Anfang machte ein fahrbarer Sender mit 7,5 kW, der schon bald nach Portugal umsetzte. Netflix wählte die dortige, bereits 1996 stillgelegte Station Glória als Sujet für eine Serie.
Die heute in Biblis und Lampertheim vorhandene Technik war in zwei Bauabschnitten 1977 und 1986 von einem US-amerikanischen Hersteller geliefert worden. 1990 folgten noch weitere Sender aus Frankreich. Die Anlagen haben eine vergleichsweise geringe, für viele Fälle aber ausreichende Leistung von jeweils 100 kW.
Von 1991 bis 1993 hatte RFE/RL in Biblis und in Portugal bereits die Ausstrahlung des noch einmal aufgelegten deutschen Programms der VOA übernommen. 1994 wurde schließlich ein organisatorisches Dach für alle Auslandssender der USA geschaffen, die damit ihre Infrastruktur in einen gemeinsamen Technikpark einbrachten.
Bis dahin hatten RFE/RL und VOA teils in direkter Konkurrenz gegeneinander angesendet. Eine der ersten Entscheidungen des neuen Rundfunkrats war, die gleichzeitige Ausstrahlung von Programmen in derselben Sprache zu unterbinden.
Wo eine solche Zersplitterung der Ressourcen besteht, müssen die parallel existierenden Hörfunkangebote nun wenigstens in zeitpartigierter Form gesendet werden. Das betrifft heute vor allem noch die Programme für Afghanistan.
Die „kleinen“ Sender in Biblis und Lampertheim weisen verhältnismäßig günstige Betriebskosten auf. Das ist jedoch nur von eingeschränktem Nutzen, da die Antennenanlagen ausschließlich für eine Versorgung des Gebiets von Mitteleuropa bis in die damalige Sowjetunion ausgelegt wurden. Sendungen nach Afrika sind weitgehend ausgeschlossen.
Eine kleine Ausnahme bieten zwei zusätzliche Antennen, die nachträglich in Lampertheim aufgebaut wurden, als bei RFE/RL in den 90er Jahren das zerfallende Jugoslawien als Sendegebiet hinzukam. Die westlichen Ausläufer der Richtstrahlung dieser Antennen können auch noch das Horn von Afrika erreichen.
Autor: Kai Ludwig; Stand vom 18.11.2022